Als Freundin der englischen Sprache staune ich immer wieder über das Klassenbewusstsein der britischen Gesellschaft. Menschen aus der Arbeiterklasse sprechen deutlich hörbar anders als jene aus der Oberschicht, und wer sich auskennt, kann anhand der Aussprache oder des Vokabulars auch in der Mittelschicht noch eine obere, mittlere oder untere ausmachen.
Die unabhängige linke Zürcher Zeitung
von Ina Müller
Toleranz, ranz, ranz
Das Sommerloch hat uns ein Loblied der Toleranz beschert. Wie schön! Selten genug kommt es vor, dass in jener Heimat geistiger Enge und ordnungspolitischer Kleinkrämerei namens bürgerlich-rechtspopulistischer Boulevard-Journalismus Toleranz gepredigt wird.
Boulevard – *bulwaaarrhh*
Im Qualitätsjournalismus gab es bis anhin einige unumstössliche Regeln: Tatsachen werden möglichst ‹neutral› berichtet. Meinungen werden davon getrennt geäussert und entsprechend gekennzeichnet (oder finden wie hier in separaten Gefässen statt). Tragisches soll als schlichte Fakten und emotionslos präsentiert werden. Im Boulevard-Journalismus – englisch entlarvend gutter press genannt – gelten andere Regeln.
Bücher-Boxen bilden
Bücher-Tauschboxen sind toll! Seit sie aufgekommen sind, lese ich wieder viel mehr. Jeder Tauschplatz verdankt sein Sortiment anderen Bücherwürmern, und so hat jeder nach seinen Quellen einen eigenen Charakter.
Ergebnis: offen …
Das Phantom einer freieren, forschend künstlerischen und experimentellen Pädagogik geistert durch die einschlägige Literatur.
Verfraut unter Blinden
«Die Männer sind vermannt», sagt Frau G. «und die Frauen verfraut.» Ich überlege, was das bedeuten könnte. Frau G. ist nämlich seit Geburt blind. Was hat sie für eine Vorstellung von Frauen und Männern?
Alle Jahre wieder …
Ach, die Jahreszeiten! Mit ihren stimmungsvollen Bräuchen! Der Herbst: Erntedankfeste, Nebelschwaden, Laubrascheln … Der Winter: schneehelle Nächte, Zitrusfrüchte, Kerzenglanz und Tannennadelduft … Heutzutage natürlich urban und neuzeitlich interpretiert.
Zuckertobak
Wer aufhört zu saufen, trinkt mehr Süssgetränke. Wer aufhört zu rauchen, isst mehr Schokolade. «Zuletzt landen fast alle Süchtigen beim Essen», sagt Dr. Joan Ifland, eine erfahrene Kämpferin gegen die dreckigen Geschäfte der Konzerne mit Konsumsüchten.
Knilz-Pigge
Wenn im Herbst eine unbekannte Nummer bei mir anruft, nehme ich das Telefon immer ab.
Es könnte sich nämlich um Kundschaft der Pilzkontrolle handeln, die ich in Richterswil ausübe, und ich bin ja stets im Einsatz.
Es(s) ist kompliziert
Wenn zwei sich streiten, lacht der Dritte – gar nicht. Auf der Suche nach einer griffigen Therapie gegen Esssucht und Übergewicht kann eine:r sich schon einmal vorkommen wie die blinde Kuh, die zwischen wissenschaftlichen und populärpsychologischen Verheissungen ahnungslos herumtapst.