Von ‹Bäcki› bis Flughafen

Der Gemeinderat befasste sich unter anderem mit dem Flughafen und mit der Crack-Szene in der Bäckeranlage.

Zum Start der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend standen Fraktions- und persönliche Erklärungen im Fokus. So gaben unter anderem gleich zwei Mitglieder der SVP persönliche Erklärungen ab zum «Gendergaga», also dazu, dass man nun angeblich «Elternteil» sagen müsse statt «Mutter» beziehungsweise «Vater». Sophie Blaser (AL) entgegnete ihnen trocken, sie verstehe die Aufregung nicht (siehe zu diesem Thema auch Seite 9 dieser Ausgabe/nic.).

Mit einem dringlichen Postulat verlangten Florian Utz (SP), Nicolas Cavalli (GLP) und zwei Mitunterzeichner:innen, dass die Flughafen Zürich AG auf die Finanzierung von Parteien und Abstimmungskämpfen verzichten solle. Florian Utz führte aus, die Flughafen Zürich AG gebe Geld an FDP und SVP, und öffentlich geworden sei dies, weil die EVP ebenfalls Geld erhalten, dieses aber zurückgegeben habe. Der Flughafen handle aus «Eigennutz» und finanziere jene Parteien, die «pro Flughafen» seien. Als «Gegenleistung» werde ein Stimmverhalten im Kantonsrat erwartet, das im Sinne des Flughafens sei. Das sei ein «hochproblematisches» Verhalten, denn der Flughafen gehöre zu knapp vierzig Prozent «letztlich der Bevölkerung». Diese solle selbst wählen können, wen sie «beglücken» möchte, gerade auch angesichts der Abstimmung über die Pistenverlängerung.

Stefan Urech (SVP) erinnerte ihn ungerührt daran, dass sein ehemaliger Fraktionskollege Roger Liebi zusammen mit dem Grünen Markus Knauss vor einigen Jahren per Motion gefordert hatte, dass die Stadt ihre Flughafenaktien verkaufen solle (siehe auch P.S. vom 6. Juli 2018.) Doch die SP habe «an vorderster Front dagegen gekämpft». Da Stadtpräsidentin Corine Mauch zudem «unsere Vertretung in der Flughafen AG» sei, bräuchte es das Postulat gar nicht – und: gegen «SP-Wahlflyer in Schulhäusern» habe die SP ja auch nichts. Martina Zürcher (FDP) erklärte, der Flughafen sei nur eine von vielen Institutionen. Wenn mit städtischem Geld keine Parteien finanziert werden dürften, solle das für alle gelten. Deshalb schlug sie eine Textänderung vor: Statt «Flughafen Zürich AG» sollte im Postulatstext «Drittinstitution» eingefügt werden. Zudem, fügte sie an, stimme es nicht, dass erst der Verzicht der EVP auf das Geld der Flughafen AG deren Spendenpraxis öffentlich bekannt gemacht habe: «Das steht seit Jahren in ihrem Geschäftsbericht.» Markus Knauss (Grüne) erinnerte sich ebenfalls an die Debatte vom 4. Juli 2018 und daran, dass es aus der SP-Fraktion geheissen habe, die Aktien seien nötig, nur sie sicherten uns den Einfluss. Doch in Tat und Wahrheit könnten wir die Aktien verkaufen, mehr nicht, befand er. Roger Föhn (EVP) erklärte, bereits der Kantonsrat sei zum Schluss gekommen, dass die Forderung der Postulant:innen rechtlich nicht durchsetzbar sei. Dennoch spreche sich die Mitte-/EVP-Fraktion fürs Überweisen aus. Samuel Balsiger (SVP), der nach eigenen Angaben stets nur zum Thema spricht, erging sich darüber, wie viele Millionen die Unia «für den Arbeitskampf» horte. Schliesslich sprach sich der Rat mit 83 gegen 31 Stimmen (von SVP und FDP) für die Überweisung des unveränderten Postulats aus.

Mit einem weiteren dringlichen Postulat forderten Michele Romagnolo und Samuel Balsiger (beide SVP) die «Auflösung der offenen Drogenszene in der Bäckeranlage» (siehe dazu Seiten 12 – 13 dieser Ausgabe/nic.). Auf der Ratslinken hingegen wurde vor allem gewarnt, es wäre unverantwortlich, sich vom bewährten Vier-Säulen-Prinzip abzuwenden. Marcel Tobler (SP) wunderte sich, weshalb die SVP nicht erst die Antwort des Stadtrats auf ihre schriftliche Anfrage vom vergangenen 23. August abwarte: Sie wolle wohl «nachdoppeln», weil der Rat vor zwei Wochen ein erstes SVP-Postulat zum Thema Crack diskussionslos überwiesen hatte (womit natürlich die breite mediale Aufmerksamkeit entfiel… /nic.) Mit 63:54 Stimmen (von SVP, FDP, Mitte-/EVP und GLP) lehnte es der Rat ab, das Postulat zu überweisen.

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