Wespennest

Marina Belobravaja setzt die Maxime «Mein Bauch gehört mir» konsequent um und stösst nicht nur auf Begeisterung.

 

Sie will ein Kind, deswegen aber nicht künstlich eine Partnerschaft eingehen. Also sucht sie sich einen Samenspender, der sehenden Auges seiner sonstigen Nichtrolle im Leben des Kindes zustimmt. Und es funktioniert. Die Fragen, Zweifel und offenen Anfeindungen, die sie fortan begleiten, motivieren sie zur Filmrecherche, die sie mehrdeutig «Menschenskind!» nennt. Das Wespennest, in das sie gestochen hat, besteht hauptsächlich aus der Besitzkomponente, wie sie Partnerschaften und verschärft den Nachwuchs begleiten. Mein! Ob ein Kind in Unkenntnis des genetischen Vaters (der Eltern) ein erfülltes Leben führen kann, ist als Frage bei einer Samenspende exakt dieselbe wie bei Adoptionen und kann empirisch mit Ja beantwortet werden. Inwiefern männlicher (und weiblicher) Einfluss in einer Erziehung ergänzend als nutzbringend angesehen werden kann oder muss, wird von praktizierten Lebensrealitäten, gesellschaftlichen und/oder religiösen Dogmen verschieden interpretiert. Einer Person im Film ist klar, dass das Mama-Papa-Kind-Konzept ein kaum zu erreichendes Ideal darstellt, dem aber trotzdem mit aller Kraft nachgeeifert werden muss. Weil jede andere Vorstellung ein Bruch mit den Konventionen darstellte und deswegen besser erst gar nicht, noch nicht mal in Gedanken, ausformuliert werden will. Das gefühlt freiwillige Umschnallen eines solchen Korsetts wird, das fördert der Film schön zutage, landläufig für eine freie Entscheidung angesehen. Und das unabhängig von der sexuellen Identität der im Film auftretenden Personen. Dass diese Besitzkomponente in zwischenmenschlichen Fragen seit jeher Quell sämtlicher Tragödien war und ist, reicht offenbar nicht für die breitere Bereitschaft zur deren existenziellen Infragestellung. Gerade weil Marina Belobravaja das Kommentieren unterlässt, stösst sie im Kern zur hochphilosophischen Frage nach dem Sinn des Lebens vor.

 

«Menschenskind!» spielt in den Kinos Houdini, Kosmos.

 

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