Sozialtauglich

Die Abkehr der in den bizarren Jahren entwickelten Misan­thropie gebärdet sich tückisch.

In sieben Schritten, so gaukeln es sich Phil Hayes und Jen Rosenblit in ihrer Selbsttäuschung vor, sollte es möglich sein, die abhanden gekommene Sozialtauglichkeit wieder auf ein Mindestmass an Verträglichkeit mit einem urbanen Umfeld zu trainieren. Rückwärts gehen etwa würde das Moment einer Konfrontation dahingehend abmildern, als es die eigene Perspektive auf die passive Rolle eines Begegnetwerdens hinunterschraubte, was die mutmasslich höchste Hürde eines ersten Schrittes auf jemand anderen zu von vornherein umschiffte. Sinn im Sinn von Sinn ergibt dieser clowneske Slapstickabend mit Klängen in all seiner Dialektik erst aus der Distanz und via die Brille eines überaus britischen Komikverständnisses. Dass die Bemühung scheitert, obschon sie von vornherein bloss halbherzig überhaupt angestrebt worden war, wird hier dankend als Selffulfilling Prophecy umarmt, die einen in der Art von Herman Melvilles «Barlteby der Schreiber» in der einem ohnehin liebsten Weise des Nichttuns bestärkt. Weil sie zwei sind, kein Paar, aber im Moment grad aufeinander fokussiert und aneinander gewöhnt, stellt die egoistische Komponente einer Komplettverweigerung keine Option dar. Denn eine sich in der Folge eines Bruchs miteinander potenziell immer weiter fortentwickelnde Vereinzelung würde ja den Ursprungsplan komplett unterwandern und so jeden noch so zaghaften Mut zermürben, womit der Landepunkt sehr weit vor jedem bisherigen Startpunkt zu stehen käme. Im Kopf aber sind sich beide natürlich der allgemeinen, also auch der eigenen Erwartung gewahr und in ihrer Phantasie sogar ausgesprochen willens, das Experiment wider sämtliches innere Widerstreben durchzuboxen. Also irren sie intuitiv ziellos im Bühnenraum umher, probieren zahllose Methoden der Selbstüberlistung und klammern sich Schutz erhoffend an ihren jeweiligen Fetisch, einer Gitarre und einer riesigen Handtasche. Und lächeln sich krampfhaft in Richtung Erleichterung.

«Deception», bis 28.1., Gessnerallee, Zürich.

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