Rotierender Riesen-Camembert

Zwei Jahre nach dem Baustart für das Einlaufwerk im Sihltal und das Auslaufwerk am Zürichsee für den Sihl-Entlastungsstollen, schwebte diese Woche an der Sihl bei Langnau/Thalwil ein 122 Tonnen schwerer Bohrkopf in die dortige Baugrube hinab: Er soll sich bald an der Spitze einer Tunnelbohrmaschine durch den Zimmerberg bis ans Thalwiler Seeufer fressen.

Baudirektor Martin Neukom (GP) steht in Gummistiefeln und mit weissem Helm in der mächtigen Baugrube vor der rund 50 Meter langen Startröhre des künftigen Sihl-Entlastungsstollens neben dem Sihlufer an der Grenze von Thalwil und Langnau. Und er spricht vor Bauleuten und Medienschaffenden von einem «Jahrhundertwerk für den Hochwasserschutz» im Kanton Zürich und freut sich auf den baldigen Beginn der «Königsetappe». Gemeint ist damit zum einen der künftige, 2,1 Kilometer lange Sihl-Entlastungsstollen mit einem Innendurchmesser von 6,6 Metern, der bei hochgehender Sihl bis maximal 330 Kubikmeter Wasser pro Sekunde nach Thalwil in den Zürichsee ableiten und so das untere Sihltal und die Stadt Zürich vor Überschwemmungen und im Extremfall vor Milliardenschäden bewahren soll. Und zum andern, die dafür nun bald bevorstehende Durchstossung des Zimmerbergs ab der ersten Aprilhälfte bis gegen Ende Jahr mit einer Tunnelbohrmaschine.

17 Meter pro Tag

Imposante Hintergrundkulisse für den Auftritt des kantonalen Baudirektors bildet ein blauer, Camembert-förmiger Stahlkoloss mit einem Durchmesser von 7,45 Metern, der kurz davor an den Stahlseilen eines Krans in die Baugrube gehievt wurde: Es ist der 122 Tonnen schwere Bohrkopf, der zusammen mit dem zuvor bereits vor Ort zusammengebauten 440 Tonnen schweren Schild die Spitze eines 160 Meter langen Bohr- und Bauzugs bilden wird. Im Dreischichtbetrieb – mit zwei Vortriebsschichten und einer Unterhaltsschicht – wird sich der Bohrtross täglich um die 17 Meter durch den felsigen Untergrund buddeln. Drehen wird sich der Bohrkopf maximal neun Mal pro Minute, und das mit Brachialkraft. Das dabei ausgebrochene Gestein– insgesamt um die 230 000 Tonnen – wird über die Nachlaufkonstruktion sowie Förderbandanlagen aus dem Bauch des Zimmerbergs befördert, zwischengelagert und dann mit der Bahn via Sihlbrugg abtransportiert. Gleichzeitig werden hinter dem Bohrkopf laufend Ringelemente aus Stahlbeton zur Auskleidung des Stollens montiert. Die Gesamtkosten für den Stollen inklusive ökologische Ausgleichsmassnahmen an der Sihl und am Richterswiler Ufer belaufen sich auf 175 Millionen Franken. Betriebsbereit sein soll er 2026.

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