Provisorium eröffnet

Die Stadt Zürich hat gestern Donnerstag die neue provisorische Kontakt- und Anlaufstelle auf der Kasernenwiese eröffnet  und lud vorab am Mittwochnachmittag zum Medienrundgang ein.

Infolge der letztjährigen Schliessung der Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenkonsumierende bei der alten Kaserne und vermehrten Berichten aus Quartierbevölkerung und Medien über offenen Drogenkonsum etwa auf der Bäckeranlage kündigte die Stadt am 21. September die Eröffnung einer provisorischen Kontakt- und Anlaufstelle (K&A) an fast demselben Standort wie dem ehemaligen an. Das Provisorium steht nun – Stadtrat Raphael Golta und Florian Meyer, Abteilungsleiter der Sozialen Einrichtungen und Betriebe (SEB), machten mit der versammelten Medienschar am Mittwochnachmittag einen Rundgang, bevor das Provisorium gestern Donnerstag in Betrieb genommen wurde. Dank des Sichtschutzes fällt die neue K&A auf dem stets belebten Kasernenareal gar nicht so stark auf – was den Drogenkonsument:innen, die dort einkehren müssen, hoffentlich zugute kommt. Ein Mini-Containerdorf, mehr ein Platz mit drumherum platzierten einzelnen Räumen, bietet bereits räumlich ein wenig Rückzug und wirkt gleichzeitig von innen grösser, als es eigentlich ist. Der Hauptplatz grenzt auf der Eingangsseite an kleinere Besprechungszimmer und an den Personalraum, auf Kasernenseite an die Toiletten und Waschräume, in Richtung Zeughaus steht ein vorne offenes, aber überdachtes Festzelt mit einem Tischfussballtisch darin und geradeaus das «Hauptgebäude»: die Ruhe-, Inhalations- und Injektionsräume, eine kleine Küche in einer Stube mit Internetzugang, Tischen und Sofas – und viel Material, das für den Konsum gebraucht wird: Saubere Injektionsspritzen oder auch ein Alufolienspender im Inhalationsraum. Viel ist es nicht, aber das Ziel ist auch nicht, einen Ort der Einkehr zu schaffen, wo man sich über lange Zeit aufhält. Der Entscheid über die Anzahl Plätze sei dabei immer auch eine Gratwanderung, hiess es am Mittwoch: Zu viele Plätze seien möglicherweise konsumanregend – zu wenige hätten längere Wartezeiten und damit die erneute Verschiebung in den öffentlichen Raum zur Folge. Die Stadt rechnet zwar damit, dass es einen Teil der «Szene» geben wird, die sich den ganzen Tag im Provisorium aufhält, aber grundsätzlich klingt das Prinzip eher nach: Man bleibt so lang wie nötig – teils wohl auch so lang, wie das High anhält. Insbesondere Drogen mit kurzer Wirkungsdauer dürften hier konsumiert werden wie etwa Crack oder Freebase, beides Drogen auf Kokainbasis, die im Fall von Crack etwa zehn Minuten, im Fall von Freebase etwa zwei bis drei Minuten berauschen. Was konsumiert wird, wurde im Provisorium auch mitgedacht – der Inhalationsraum soll als Drehscheibe funktionieren, wo man sich nicht länger als eine halbe Stunde aufhält und den Raum dann gen Stube, Ruhezimmer oder Aussenbereich verlässt, sodass andere Konsument:innen sich an den Tischen niederlassen können, bevor man allenfalls den Raum einige Zeit später wieder zum Konsum betritt. Was die Stadt mit dem Provisorium genau bezwecken will, liess SEB-Verantwortlicher Florian Meyer verlauten: Man brauche ein funktionierendes System, damit die Szene gut betreut werden kann. Ob das System der Stadt Zürich funktioniert, wird sich zeigen, mit einer neuen K&A gewinnt es zumindest wieder mehr Kapazität zur Betreuung und Versorgung. 

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