Private Beziehungen und viel Wind

Der Zürcher Gemeinderat befasste sich unter anderem mit dem städtischen Personal und mit der Windenergie.

Um den öffentlichen Verkehr (siehe auch Seiten 14 und 15) ging es zu Beginn der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend, und zwar in Form einer gemeinsamen Erklärung der SP- und GLP-Fraktionen mit dem Titel «Höhere Preise und tiefere Leistungen beim öffentlichen Verkehr». Sven Sobernheim (GLP) sprach von einem «schlechten Deal» und davon, dass sich obendrein die Angestellten über schlechter werdende Arbeitsbedingungen und gesundheitliche Beschwerden beklagten. «Weder der freisinnige Chef der VBZ, Michael Baumer, noch die freisinnige Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh, welche dem ZVV vorsteht, stehen hin. Sie beschränken sich augenscheinlich auf eine aus ihrer Sicht nachteilige Lärmschutzmassnahme aka Tempo 30 als Hauptursache», hielt er fest. 

Stadtrat Baumer hielt zum Angebotsabbau fest, es sei besser, wenn im Fahrplan stehe, dass ein Tram abends nur im 15-Minuten-Takt verkehre und das dann auch so sei, als wenn tagsüber immer mal wieder ein Kurs ausfalle. In einer persönlichen Erklärung sprach sich Patrik Maillard (AL) dafür aus, dass keine geflüchteten Menschen in «Zivilschutzbunkern» leben müssten – dies aus Anlass der geplanten Unterbringung von 90 Personen, darunter Frauen und Kinder, in der Zivilschutzanlage an der Turnerstrasse im Kreis 6. Eine Petition, die eine möglichst rasche oberirdische Unterbringung fordere, hätten in kürzester Zeit viele Menschen aus dem Quartier unterschrieben, fügte er an.

Erneut zu reden geben wird bald auch das Josef-Areal (P.S. berichtete): Die Fraktionen von AL, Grünen, GLP, SP und Mitte/EVP reichten am Mittwoch eine Motion ein. Sie beauftragen den Stadtrat damit, dem Gemeinderat eine Teilrevision der Bau- und Zonenordnung für das Josef-Areal vorzulegen – «beispielsweise eine Umzonung in eine Zentrumszone 6». Dies, damit «zusätzlich zu Alterswohnungen auch gemeinnützige Wohnungen und Gewerberäume mit ausreichendem Grün- und Freiraum realisiert werden können». Zudem soll die Josefstrasse vor dem Areal in eine Freihaltezone umgezont werden. 

Am Donnerstagmorgen verschickten die genannten Fraktionen auch noch eine gemeinsame Medienmitteilung: «Neben den schon bisher geplanten Nutzungen (Alterszentrum, Alterswohnungen, Schwimmbad, Werkhof, Heizzentrale) sollen auch mindestens 300 Wohnungen auf dem Areal realisiert werden. Dabei ist besonders auf eine quartierverträgliche Ausgestaltung sowie einen hohen Anteil von attraktiven Grün- und Freiräumen zu achten. Dazu soll auch die Josefstrasse in die Überlegungen für mehr Grün- und Freiraum einbezogen werden.» Man darf gespannt sein, wie es weitergeht…

Neue Meldepflicht

Die Vorlage mit dem sperrigen Titel «Human Resources Management, Teilrevision der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des städtischen Personals sowie der Verordnung über das Arbeitsverhältnis des Lehr- und Therapiepersonals der städtischen Volksschule betreffend Vermeidung von Interessenkonflikten bei privaten Beziehungen» soll «Klarheit schaffen, unter welchen Voraussetzungen private Beziehungen unter Angestellten gegenüber der Arbeitgeberin zu melden sind». Mit der Teilrevision wird zudem eine Motion aus dem Jahr 2019 von Roger Bartholdi und Bernhard im Oberdorf (beide SVP) erfüllt. Den Anstoss zu dieser Motion wiederum gab die damalige Ombudsfrau Claudia Kaufmann, die in ihrem Bericht zum Jahr 2018 die persönlichen Beziehungen am Arbeitsplatz thematisiert und Handlungsbedarf festgestellt hatte.

Im Bericht hiess es dazu unter anderem: «Wir haben in den vergangenen Jahren die Tendenz festgestellt, dass immer häufiger Verwandte, Verschwägerte, Partnerinnen und Partner, Freundinnen und Freunde nicht nur im gleichen Departement, sondern vermehrt auch in der gleichen Behörde, in der gleichen Verwaltungsabteilung oder gar im gleichen Team tätig sind. Besonders problematisch ist, wenn die nahe Beziehung bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses besteht. Loyalitätskonflikte, Interessenkollisionen, der Vorwurf der Klüngelei und Parteilichkeit, mangelnde Trennung von Privatem und Beruflichem, fehlende Transparenz, zu grosse Nähe oder Spannungen im Team sind die naheliegendsten Stichworte dazu.» Der Gemeinderat hatte die Motion am 1. Juli 2020 behandelt (siehe P.S. vom 3. Juli 2020).

«Ein Vollzugsproblem»

Angestellte sollen künftig eine private Beziehung zu anderen Angestellten melden, wenn sie zueinander in einem Hierarchie- oder Abhängigkeitsverhältnis stehen, wenn sie gemeinsam Entscheide vorbereiten oder fällen oder wenn sie eine ein- oder gegenseitige Kontrolle ausüben. Als private Beziehung gelten Verwandtschaft oder Verschwägerung, eingetragene Partnerschaft, Ehe, Verlobung, faktische Lebensgemeinschaft sowie Adoptiv-, Stief- oder Pflegekindverhältnis.

Die Mehrheit fand, die Vorlage sei «ein guter Kompromiss», wie es Hans Dellenbach (FDP) ausdrückte. Dagegen waren die Grünen. Luca Maggi führte unter anderem aus, dem «Kern» der Verordnung werde schon auf kantonaler Ebene ausreichend Rechnung getragen: «Was jetzt vorliegt, bringt keinen Mehrwert.» Seine Fraktion habe schon bei der Überweisung der Motion darauf hingewiesen, dass man es hier nicht mit einer Gesetzeslücke zu tun habe, sondern mit einem Vollzugsproblem. In der Vorlage werde «nur das Offensichtliche» geregelt, was aber kein Vorwurf sei: «Es lässt sich auch nicht mehr regeln.» Das Paradebeispiel eines Interessenskonflikts sei die klassische Affäre, fügte Luca Maggi an, «und die wird wohl kaum jemand melden…». Die Vorlage geht nun an die Redaktionskommission, die Schlussabstimmung folgt in ein paar Wochen.

Wind vs. AKW

Zum Schluss der Sitzung gab die Windenergie ausgiebig zu reden (siehe dazu auch Seite 7): Mit einem Postulat forderten Florian Blättler (SP) und Sebastian Vogel (FDP) einen «Bericht betreffend Erzeugung von 1,5 Terawattstunden elektrischer Energie aus Windanlagen in der Schweiz bis 2050 durch das EWZ».

Dazu nur soviel: Mehrere SVP-Verterter sangen das hohe Lied der AKW, ohne die es angeblich nicht gehe. Von der FDP-Fraktion meldete sich niemand zu Wort. FDP-Stadtrat Baumer erklärte, die Postulanten würden mit diesem Vorstoss nicht bloss offene Türen, sondern grosse offene Scheunentore einrennen. Und Florian Blättler lieferte das perfekte Schlusswort: Die Kernkraft habe an der weltweiten Stormproduktion «selbst in ihren Hoch-Zeiten» nie einen Anteil von mehr als fünf Prozent gehabt. Die Windenergie jedoch werde die Fünf-Prozent-Marke spätestens 2025 überschreiten. Mit 99 gegen 12 Stimmen (der SVP) überwies der Rat das Postulat.

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