Polizei, Geschäftsbericht, AOZ

Der Zürcher Gemeinderat beschäftigte sich am Mittwoch kurz mit der Polizei und dem Geschäftsbericht 2022, hauptsächlich aber mit einem Bericht und mehreren Postulaten zur Asylorganisation Zürich.

Letzte Woche hiess der Zürcher Gemeinderat den Geschäftsbericht 2022 der Asylorganisation Zürich (AOZ) gut (siehe P.S. vom 23. Juni). Vor einem Jahr war das noch anders gewesen (siehe P.S. vom 24. Juni 2022): Damals hatte der Rat die Genehmigung des Geschäftsberichts vor dem Hintergrund der auch im Kantonsrat diskutierten Missstände im Zentrum Lilienberg verweigert. An der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend nun standen ein Bericht «zur geplanten Änderung des Leistungsauftrags an die Asyl-Organisation Zürich (AOZ)» sowie mehrere Begleitpostulate zur Debatte, doch davon später mehr.

Zum Auftakt der Sitzung gab Stadträtin Karin Rykart eine persönliche Erklärung ab zu den Vorfällen am Frauenstreik vom 14. Juni – beziehungsweise zur unbewilligten Kundgebung am Paradeplatz, die an jenem Mittwoch über Mittag stattgefunden hatte (siehe auch P.S. vom 23. Juni). Die Sicherheitsvorsteherin schickte voraus, sie habe eigentlich schon letzte Woche vorgehabt, etwas dazu zu sagen, doch sie habe «den richtigen Moment verpasst». Mit Feigheit habe das nichts zu tun. Inhaltlich erinnerte sie daran, dass die beiden kurzen Handyfilme vom Vorfall, die in den sozialen Medien kursierten, «verstörerische Bilder» enthielten, die sie nicht kalt liessen. Doch es gebe ein Vorher und ein Nachher, das auf den Filmen nicht zu sehen sei. Zu einer Situation, zu der die Fakten nicht vollständig bekannt seien, sei es falsch, Stellung zu nehmen. Karin Rykart betonte aber auch, in der Öffentlichkeit werde nur ein kleiner Teil der Polizeiarbeit im Alltag sichtbar. Die Stadtpolizei Zürich leiste fast 200 Einsätze pro Tag, und meist seien die Menschen, die die Nummer 117 wählten, «froh, dass die Polizei kommt». Moritz Bögli (AL) befand, es sei zwar lobenswert, nicht zu reden, wenn noch nicht alles bekannt sei, «doch Ihr Team hat auf Twitter genau das gemacht». Samuel Balsiger (SVP) unterstellte ihr, sie habe sich bloss zu Wort gemeldet, «weil der ‹Tagi› als linkes Leitmedium Sie ausserordentlich stark kritisiert hat». Danach erklärte er ihr ausführlich, wie sie ihren Job zu machen habe. Michael Schmid (FDP) befand, Karin Rykart hätte «explizit» sagen müssen, was sie «implizit» gesagt habe, nämlich was die Stadtpolizei täglich für unsere Sicherheit leiste.

Die Genehmigung des Geschäftsberichts 2022 warf keine hohen Wellen: Dagegen war, wie bereits letztes Jahr, nur die SVP. Bernhard im Oberdorf argumentierte (ebenfalls wie schon letztes Jahr) damit, dass die SVP die Rechnung abgelehnt hatte und es deshalb «nichts als logisch» sei, dass sie auch den Geschäftsbericht ablehne. Die AL, die sich bei der Rechnung enthalten hatte, werde das auch beim Geschäftsbericht tun, gab Mischa Schiwow bekannt. Er kritisierte unter anderem, dass der Geschäftsbericht immer noch nach Departementen gegliedert sei: Es herrsche ein «Gärtlidenken». Mit 89 Ja, 14 Nein (der SVP) und 5 Enthaltungen (der AL) hiess der Rat den Geschäftsbericht gut.

Hauptgeschäft AOZ

Kommissionssprecher Walter Angst (AL) führte aus, die Diskussion der Ausrichtung und der Arbeit der AOZ sei spätestens seit 2019 im Gang, und es habe schon mehrere Vorstösse im Rat gegeben. Im August 2021 hatte der Stadtrat den totalrevidierten Leistungsauftrag an die AOZ festgelegt und im Rahmen dessen ein Moratorium für die Umsetzung neuer Drittaufträge für Kollektivstrukturen – namentlich Bundesasylzentren, kantonale Durchgangszentren und kantonale MNA-Zentren – beschlossen. Es gilt bis Ende dieses Jahres und soll danach nicht weiter aufrechterhalten werden. Stattdessen sollen ab dann Minimalstandards in den Leistungsauftrag an die AOZ aufgenommen werden. Ruedi Schneider (SP) sprach bezüglich des Leistungsauftrags von einem «wichtigen Schritt in die richtige Richtung» und erinnerte daran, dass die meisten MNA hier blieben. Investitionen zu Beginn ihres Aufenthalts lohnten sich deshalb auf lange Zeit. Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) sagte, es sei wichtig, dass die AOZ qualitativ gute Leistungen erbringe. Die Arbeit im Asylbereich sei anspruchsvoll, und es gelte nun, gute Mitarbeiter:innen zu finden und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Patrik Brunner (FDP) attestierte der AOZ ebenfalls, sie habe in einem «schwierigen Umfeld» agieren müssen, doch das Moratorium habe ihr gut getan. Deshalb habe sie das Vertrauen der FDP, den Weg in eine bessere Zukunft zu finden. Luca Maggi (Grüne) erinnerte daran, dass die Kinderrechtskonvention für alle Kinder gelte und dass es auch die Aufgabe von Kanton und Bund wäre, dafür zu sorgen, dass die Vorgaben eingehalten würden.

Bei den Begleitpostulaten war nur die SVP dagegen, dass der Stadtrat die von SP, FDP, Grünen, GLP und AL verlangte Dezentralisierung und Erweiterung der Betreuung und Begleitung der MNA über das 18. Altersjahr hinaus prüfen sollte: Mit 102:14 Stimmen kam dieses Postulat durch. Grüne, AL, SP, GLP und FDP wollten geprüft haben, wie die AOZ die Anzahl vulnerabler Personen «systematisch erfassen und ausweisen» könne. Zudem sollte ebenfalls ausgewiesen werden, welche Massnahmen sie ergriffen habe, um diese Personen «adäquat unterzubringen und zu begleiten». Hierzu merkte Josef Widler (Die Mitte) an, der Begriff «vulnerabel» sei «beschönigend», diese jungen Menschen seien schon verletzt, und wenn man sie nicht behandle, landeten sie im Gefängnis. Mit 103 gegen 13 Stimmen (der SVP) kam das Postulat durch. 

Danach verlangten AL, SP, Grüne und GLP einige Änderungen des Leistungsauftrags. Unter anderem sollten, falls die Minimalstandards für die Unterbringung einmal nicht eingehalten werden könnten, diese innert einer Frist von sechs Monaten wiederhergestellt werden. Dazu erklärte Stadtrat Raphael Golta, wenn diese Vorgabe gelten solle, dürfe sich die AOZ nirgends bewerben – niemand könne in die Zukunft blicken. Mit 74:38 – gegen die Stimmen von FDP, SVP und Mitte/EVP – wurde das Postulat ebenso überwiesen wie das letzte, mit dem AL, SP, Grüne und GLP verlangten, mit der Verabschiedung des Leistungsauftrags sei sicherzustellen, dass dem Gemeinderat alle sachdienlichen Informationen zur Verfügung gestellt würden, damit er die politische Kontrolle wahrnehmen könne. Schliesslich nahm der Rat den Bericht mit 98 gegen 12 Stimmen (der SVP) zur Kenntnis. 

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