Lustig?

Mit der Operette ists so eine Sache: Unterhaltend oder überholt? Frech oder abgestanden? Das Opernhaus versucht sich nun wieder an Franz Lehars «Lustiger Witwe». 

Mit Barrie Kosky holt man dafür einen Regisseur, der vor allem in Berlin grosse Erfolge genau mit diesem Genre hatte und man engagiert zwei ausserordentliche Sing-Darsteller:innen. Wenigstens das zahlt sich aus, zu viel aber überdeckt Ausstattungspomp schale Konvention. Witwe in Paris soll verheiratet werden, um ihr Erbe dem fernen, offenbar balkanischen Vaterland zu sichern. Der, den sie will, will sie genau wegen der Millionen nicht. Sie müssten am Anfang nur miteinander sprechen und die eh schon dünne Handlung wäre sofort erledigt: Liebe besiegt Geld. Aber um Handlung geht es nicht unbedingt – das Genre verlangt Bälle und Tänze, Pomp und mehr oder weniger lustige Scherze. Lumpen lässt sich die Neuproduktion dabei nicht. Zwar ist die Bühne von Klaus Grünberg ein relativ einfacher Einheitsraum mit seltsamen Sarg-Lampen, ein Vorhang macht ihn aber doch variabel. Auffälliger sind auf jeden Fall die Kostüme von Gianluca Falaschi, die die Goldenen Zwanziger heraufbeschwören – warum, bleibt offen, das Stück stammt von 1904. Zu Beginn des dritten Aktes werden aufwändige Kostüme mit riesigen Kopfaufbauten schlicht einmal hereingefahren – und dann gleich wieder hinaus: Klarer kann ein Theater nicht demonstrieren, dass es hier nur um Schaugepränge geht. Aber die Zeit macht etwas her auch beim Dutzend Tänzer:innen, die von Kim Duddy choreografiert vielbeschäftigt herumwuseln. Geschlechterrollen werden – wie längst üblich – aufgelöst. Schwierig wird, wenn dazu reichlich platte und trotz Mundarteinsprengseln und «Grüeziwohl Frau Stirnimaa» sehr absehbare, ja abgestandene Scherze kommen. Die Nebenfiguren (immerhin sängerisch ein Lichtblick: Katharina Konradi) und der Chor wirken wie von anno dazumal – müsste der Anspruch am Opernhaus nicht grösser sein, als einen Text wie «Das Studium der Weiber ist schwer!» ungebrochen von der Rampe zu schmettern? Dirigent Patrick Hahn lässt das Orchester zwar schmettern, in den Swing kommt es aber nur selten. Vielleicht wollte Regisseur Kosky den Kontrast vergrössern zum zentralen Paar. Er wird hier nun aber so gross, dass die Teile nicht mehr zusammenkommen. Was Marlis Petersen und Michael Volle aus ihren Figuren, eben der lustigen (hier eher melancholisch abwartenden) Witwe und dem Grafen Danilo machen, ist deutlich interessanter, darstellerisch und sängerisch: Da kämpft ein Paar um sich, was die Regie auch mit einem nur klavierbegleitenden Pro- und einem überraschenden Epilog gestaltet. Reicht das?

«Die lustige Witwe», bis 14.3., Opernhaus, Zürich.

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