Klimaschutz und Innovation

Der Zürcher Gemeinderat beschäftigte sich hauptsächlich mit dem Klima und damit, wie sich das Netto-Null-Ziel 2040 erreichen lässt.

Lob für die Stadträte Michael Baumer und Andreas Hauri, und das ausgerechnet von einem, der vor allem Ersteren auch schon hart kritisierte: Zu Beginn der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend zeigte sich Dominik Waser (Grüne) in einer persönlichen Erklärung erfreut darüber, dass das Förderprogramm Heizungsersatz eine hohe Nachfrage erfährt. Das hatte der Stadtrat gleichentags mitgeteilt. Damit das Förderprogramm wie geplant bis Ende 2024 weitergeführt werden kann, beantragt der Stadtrat dem Gemeinderat nun einen Zusatzkredit von 6,5 Millionen Franken. Ebenfalls gefreut hat sich Dominik Waser über eine weitere Mitteilung des Stadtrats, mit der dieser das Pilotprojekt «Netto-Null im Gebiet Binz/Alt-Wiedikon» ankündigte: Die Stadt ist auf die Mitwirkung von Wirtschaft und Bevölkerung angewiesen, um das Netto-Null-Ziel 2040 zu erreichen. Im geplanten Pilotquartier sollen deshalb gemäss Mitteilung «Erkenntnisse gewonnen werden, wie das freiwillige Engagement für die Erreichung des städtischen Klimaziels erhöht werden kann». Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat dafür einmalige Ausgaben von
7,7 Millionen Franken. Walter Anken (SVP) freute sich in seiner persönlichen Erklärung darüber, «dass sich die Grünen freuen». Doch mit dem Programm Heizungsersatz sei noch nichts erreicht. Er selber werde sich dann freuen, wenn die Heizungen tatsächlich ersetzt seien.

Vielfältiges Förderprogramm

Derart aufgewärmt, wandte sich der Rat dem Förderprogarmm KlimUp zu. Auch dieses Pilotprojekt soll der Stadt dabei helfen, das Klimaziel Netto-Null bis 2040 zu erreichen. Kommissionssprecherin Martina Novak (GLP) führte aus, es gelte nicht nur, die direkten Emissionen zu senken, also beispielsweise beim Heizen weniger Treibhausgase auszustossen. Auch die indirekten Emissionen, die zum Beispiel der Konsum verursacht, seien ein Thema. Was sich nicht reduzieren lässt an Treibhausgasen, soll schliesslich aus der Atmosphäre entzogen und dauerhaft gespeichert werden. Martina Novak verwies weiter auf die vier Vorstösse, die der KlimUp-Vorlage zugrunde liegen und folglich als erledigt abgeschrieben werden sollten: Ein Postulat von Nicole Giger und Helen Glaser (beide SP, Letztere nicht mehr im Rat) hat die «Unterstützung von lokalen Zürcher Netzwerken und Akteur-Plattformen» zum Inhalt, die «im Bereich Nachhaltigkeit, nachhaltiger Konsum und nachhaltige Ernährung oder auf einem ähnlichen Gebiet aktiv sind». Barbara Wiesmann und Marco Denoth (beide SP) und fünf Mitunterzeichner:innen haben in ihrem Postulat einen Rahmenkredit verlangt für «Investitionsbeiträge und Fördermassnahmen an Start-ups, die der Klimakrise entgegenwirken oder einen gesellschaftlichen Mehrwert schaffen». Die GLP-Fraktion forderte mit einer Motion einen weiteren Rahmenkredit, und zwar «zur Unterstützung von Unternehmen (auch Start-ups), die Negativemissionstechnologien (NET) anbieten». Ein «Förderprogramm für Unternehmen und Organisationen, die zu einem nachhaltigeren und suffizienteren Konsum beitragen» haben schliesslich Marion Schmid und Barbara Wiesmann (beide SP) mit ihrer Motion verlangt.

Geld für Start-ups und NPO

Mit der KlimUp-Vorlage sollen konkret drei Bereiche gefördert werden, wie Martina Novak weiter ausführte: Erstens soll es einmalige Innovationsbeiträge an Start-ups geben, zweitens einmalige Projektbeiträge an Non-Profit-Organisationen (NPO) und drittens mehrjährige Betriebsbeiträge an NPO. Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat dafür neue einmalige Ausgaben von 12 Millionen Franken für ein Pilotprojekt, das von Oktober 2023 bis September 2028 laufen soll, also über fünf Jahre. Das Ziel lautet gemäss Vorlage, ein «nachhaltigeres Konsumverhalten und eine zirkuläre Wirtschaftsweise zu fördern sowie Fortschritte bei der Senkung der direkten Emissionen und im Bereich der Negativemissionstechnologien» zu erreichen.

Für die Mehrheit begründete Julia Hofstetter (Grüne) den Änderungsantrag, mit dem ihre Fraktion und die SP den Betrag von 12 auf
14 Millionen Franken erhöhen wollten. Zudem sollten mindestens vier Millionen für mehrjährige Betriebsbeiträge an Non-Profit-Organisationen verwendet werden: Mit der Vorlage werde viel für Innovation, Start-Ups und generell «wirtschaftsorientierte Lösungen» vorgesehen, führte sie aus. Doch auch «beharrliche Arbeit im Hintergrund» leiste einen wichtigen Beitrag. Aus diesem Grund brauche es genügend Mittel, damit man langfristige Beiträge sprechen könne. Einen weiteren Änderungsantrag begründete Moritz Bögli (AL): Seine Fraktion sei nicht einverstanden damit, dass private, gewinnorientierte Unternehmen gefördert werden sollten. Die Unterstützung solle folgerichtig nur den gemeinnützigen zugute kommen. Die Minderheit lehne die Änderungsanträge ab, gab Thomas Hofstetter (FDP) bekannt. Walter Anken fügte an, die Vorlage fusse auf vier Vorstössen, die die SVP abgelehnt habe. Deshalb lehne sie nun konsequenterweise auch die Vorlage ab. Zudem könnten wir in Sachen Klimawandel selbst dann nichts erreichen, «wenn wir die ganze Schweiz in Wald verwandelten», fügte er an, denn «Methanmoleküle stoppen nicht an der Grenze». Die Erwärmung sei der Tatsache geschuldet, dass zu viel gebaut werde, und daran sei die Masseneinwanderung schuld.

Mit einem ersten Begleitpostulat forderten SP, Grüne- und AL zudem noch die «Förderung der Energiesuffizienz als zentrales Element des Förderprogramms KlimUp» sowie mit einem zweiten die «niederschwellige Förderung von zivilgesellschaftlichem Klimaschutzengagement» im Rahmen von KlimUp. Spätestens an diesem Punkt kommt einem unweigerlich die eierlegende Wollmilchsau in den Sinn… doch da diese ja weder vegan noch methanfrei ist, sei sie rasch wieder vergessen. Ernsthaft: Nach lebhafter, aber gesitteter Debatte und der Bemerkung von Stadtrat Hauri an die Adresse von Moritz Bögli, dass Start-ups nicht zwingend «bürgerlich» und NPO nicht zwingend «links» sein müssten, ging der Änderungsantrag der AL in der ersten Abstimmung bachab, und in der zweiten kam der Antrag von Grünen und SP auf Erhöhung des Beitrags mit 63:57 Stimmen durch. Der derart geänderten Vorlage stimmte der Rat mit 69 zu 43 Stimmen (von SVP, FDP und AL) bei acht Enthaltungen (von Mitte/EVP) zu. 

Die vier Postulate wurden allesamt einstimmig abgeschrieben, das erste Begleitpostulat (Energiesuffizienz) kam mit 63:58 Stimmen durch und das zweite (zivilgesellschaftliches Klimaschutzengagement) mit 71:50 Stimmen.

Dieser Artikel, die Honorare und Löhne unserer MitarbeiterInnen, unsere IT-Infrastruktur, Recherchen und andere Investitionen kosten viel Geld. Unterstützen Sie die Arbeit des P.S mit einem Abo oder einer Spende – bequem via Twint oder Kreditkarte.