Rahmen für Flexibilität

Ab 2024 verantworten das Tanzhaus, die Gessnerallee und das Fabriktheater die Vergabe der städtischen Fördermittel für die lokale freie Szene. So will es das neue Konzept der Zürcher Tanz- und Theaterlandschaft. Das Wie müssen die Häuser aber zuerst erfinden. Als erstes hat am Dienstag die Tanzhaus-Crew ihre Pläne für die nahe Zukunft vorgestellt.

Der Verein Tanzhaus ist (wie die anderen auch) nur Sachwalter der städtischen Fördermittel, die bisher von Kommissionen vergeben worden waren. Die Häuser mussten für die neue Aufgabe dieser zeitgleich realitätsbezogenen wie auch möglichst offenen als auch transparenten Vergabe zuerst Mechanismen und Kriterien entwickeln. Diesen Extraaufwand eines Transformationsprozesses hat der Kanton finanziell gefördert. Drittmittel bei Stiftungen, dem Kanton oder der Pro Helvetia zu beantragen, wird für die Künstler:innen/Gruppen auch künftig notwendig bleiben. Weil die langjährige Tanzhaus-Leiterin Catja Loepfe ihren Vertrag per Sommer 2026 auslaufen lassen wird, umfasst die erstmalige Gültigkeit der aktuellen Förderform des Tanzhauses diese beiden Jahre bis dorthin.

Kompliz:innen

Die bisherigen Eigenmittel für Co-Produktionen und das neu zu verwaltende Fördergeld werden zusammengelegt, um damit insgesamt acht bis zwölf sogenannte Kompliz:innen (Teams und/oder Einzelkünstler:innen) zu fördern. Wegen den gleichbleibenden Vergaberegeln der Förderstellen für Drittelmittel und aus Gründen der Fairness wird vorerst an zwei Eingabeterminen (1.9. und 1.3.) festgehalten, wobei während der öffentlichen Vorstellung explizit erklärt wurde, die Gruppe der Kompliz:innen nicht auf einmal festlegen zu wollen, sondern sie in den Halbjahresschritten bis zuletzt auf die gewünschte Zielgrösse heranwachsen zu lassen. Um einem der dringlichsten Wünsche der Szene entsprechen zu können, vom Produktionskreislauf oder -druck entlastet zu werden, wird diese Erwartung umformuliert in die «Möglichkeit, eine grössere Bühnenproduktion zu realisieren». Die wachsende Gruppe von Kompliz:innen gestaltet das Tanzhaus-Programm (Produktionen, Recherche, Workshops, diskursive Formate) aktiv mit und ist dazu angehalten, Wege zu suchen, die Themen der Künstler:innen verstärkt in die Gesellschaft hinauszutragen. Ziel ist die Etablierung von langfristigen, wechselseitigen Beziehungen, der Erweiterung der Netzwerke respektive deren überlappende Zusammenarbeit. Dabei gehört das Definieren des Umfangs und der Art der Zusammenarbeit zum gemeinsamen Prozess.

Bewerben können sich genauso Gruppen/Künstler:innen, die eine Konzeptförderung erhalten haben (die dann aber kein Mehrgeld vom Tanzhaus beanspruchen können), wie auch jene, die dabei leer ausgegangen sind. Allen Gruppen/Künstler:innen, denen das Tanzhaus die Zusammenarbeit im Falle der künftigen Zusage einer Konzeptförderung in Aussicht gestellt hatte, wurde zu dem Zeitpunkt aber auch deutlich gemacht, dass damit kein Präjudiz eines Anspruchs geschaffen ist. In diesem Prozess war alles auf alle Seiten dermassen offen, dass sich Gruppen wie auch Häuser teils zigfach im Sinne einer Absichtserklärung gegenseitig ihres Zuspruchs versicherten, weil sich das formal gegenseitig bedingt. Voraussetzung für die Aufnahme in die geplant enge, dialogisch-partizipative Zusammenarbeit mit dem Dramaturgie-Pool des Tanzhauses ist ein bereits erfolgter Arbeitskontakt mit dem Tanzhaus. Das umfasst Koproduktionen genauso wie Residenzen, das Nachwuchsformat Show-Off, Tanzhaus-Young und die assoziierten Festivals. Die Möglichkeit eines künftigen Einstieges auch für Newcomer:innen bleibt also gewährt. Die Formalitäten und denen sich zu verpflichtenden Werte sind auf der Website aufgeschaltet.

Dramaturgie-Pool

2019 installierte das Tanzhaus den Dramaturgie-Pool, bestehend aus Catja Loepfe (sozusagen von Amtes wegen, als Oeuil extérieur), Simon Froehling, Jessica Huber, Lea Moro und Marc Streit (an dessen Stelle künftig Monica Gillette tritt). Dieser begleitete seither jedes einzelne Projekt im Sinne einer Sparringpartnerschaft. Die Zusammenarbeit ist dezidiert nicht als Produktionsdramaturgie angelegt, sondern orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der Gruppen/Künstler:innen. Dieser Netzwerkgedanke wird im Zuge der wachsenden Anzahl von Kompliz:innen möglicherweise auf weitere Personen(-kreise) ausgedehnt werden und soll letztlich, wenn ich das richtig verstanden habe, zu einer Art Arbeitsgemeinschaft verschmelzen, die das Tanzhaus prägt und in der vor jedem Gedanken an Hierarchien die Arbeit am kreativen Prozess und die In-sich-Verschränkung und Überlappung von Ideen und Ressourcen steht. Das klingt nach der Basis für eine grösstmögliche Freiheit im Rahmen einer grösstmöglichen Sicherheit, in deren zeitlicher und personeller Entwicklung jede kurzfristige Anpassung an veränderte Bedürfnisse möglich bleiben soll.

Vonseiten Gessnerallee und Fabriktheater ist auf Anfrage zu vernehmen, dass sie ihre konkreten Fassungen der künftigen Förderkonzepte nach der Sommerpause vorstellen werden, wobei sie betonen, sich im steten gegenseitigen Austausch zu befinden.

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