Kein Grund zum Rotmalen

Das Budget der Stadt Winterthur sieht für das kommende Jahr einen Verlust von minimalen 5,7 Millionen Franken vor. Die weiteren Perspektiven seien aber tiefrot, hielt Finanzvorstand Kaspar Bopp fest. Grund für bürgerliche Rotmalerei gibt es aber nicht: In den letzten zehn Jahren war die Rechnung nur einmal schlechter als das Budget – im Corona-Jahr 2020. Insgesamt schnitten die Rechnungsabschlüsse rund 300 Millionen besser ab als die Prognosen. Es ist die ureigenste Aufgabe eines Kassiers, Sorge zu den Finanzen zu tragen. Und das erledigt der Winterthurer Finanzvorstand Kaspar Bopp (SP) gekonnt und routiniert. Diese Woche stellte er das Budget 2024 vor. Es sieht ein Defizit von knapp sechs Millionen Franken vor und «ermöglicht dem Stadtrat die Verfolgung aller seiner Ziele in Bezug auf die Stadtentwicklung, die Klimamassnahmen, aber auch die Erneuerung und den notwendigen Ausbau der Infrastruktur, speziell auch im Bereich Digitalisierung». Vorgesehen ist auch ein voller Teuerungsausgleich für das städtische Personal. Die wesentlichen Ausgaben erfolgen in den stark gesetzlich bestimmten Bereichen Bildung, Soziales und Pflege. Geplant ist ein Stellenausbau um rund 70 Stellen, wovon rund die Hälfte im Bereich Bildung und da wiederum bei der familienexternen Betreuung anfällt. Diese verzeichnet wie in den letzten Jahren ein starkes Wachstum. Offenbar wird das Angebot geschätzt.

Umstritten im Stadtparlament werden voraussichtlich die elf neuen Stellen im Departement Bau und Mobilität von Christa Meier (SP) sein. SVP, FDP und die Mitte haben auch in den letzten Jahren stark auf Obstruktion gespielt und dem Bau notwendige Planungsstellen versagt. Bei den Einnahmen fällt auf, dass der Steueranteil der juristischen Personen erneut gesunken ist. Sie bezahlen noch 17 Prozent der Steuereinnahmen, während die Bevölkerung 72 Prozent beiträgt. Knapp elf Prozent machen die Grundstücksgewinnsteuern aus, deren Anteil über die Jahre hinweg ziemlich konstant ausfällt. Geht es nach dem Willen der Regierung, bleibt der Steuerfuss bei 125 Prozent. Pflichtgemäss wurden bei der Präsentation des Budgets auch die Finanzaussichten für die kommenden Jahre vorgestellt. Diese sehen zwar für die nächsten zwei Jahre noch keine grossen Defizite vor, hingegen für die Jahre 2026 und 2027 rasant anwachsende rote Zahlen. Während Kaspar Bopp diese Aussichten relativ nüchtern als Prognosen, die auch noch ändern könnten, vorstellte, zeigte sich in ersten Reaktionen vor allem die Mitte hysterisch und beklagte die Schuldenwirtschaft der Stadtratsmehrheit. Die Rotmalerei betreffend Finanzen beim Budget ist ein typisches bürgerliches Ritual. Aber auch die Finanzprofis neigen in den Prognosen eher dazu, die Finanzaussichten zu dämpfen. So hat die Stadt Winterthur in den letzten zehn Jahren nur einmal einen schlechteren Rechnungsabschluss zu verzeichnen, als im Budget vorgesehen. Dies war im Corona-Jahr 2020. Kumuliert haben die Rechnungsabschlüsse über die Jahre rund 300 Millionen Franken besser abgeschnitten als vorausgesagt. Die Rotmalerei ist also ziemlich faktenfrei. Das Budget 2024 ist gesamthaft moderat ausgefallen und zeugt von einem gezielten und wirkungsorientierten Einsatz der Mittel.

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