He, Sie! Ritter!

Na? Qualmen die Traktorpneus? Ist das Güllefass gefüllt? Wir sehen Sie derart tuuch im Bundeshaus herumstehen und mit allen Kräften versuchen, Ihre Chaot:innen vom «unsympathischen» Demonstrieren abzuhalten, dass wir fast schon Mitleid bekommen. Fast. Denn wissen Sie was, Ritter? Der ganze Schlamassel ist nun wirklich einer mit Ansage. Nicht erstaunlich, dass Sie am Abwiegeln sind. Dabei wären grad jetzt ein paar Aufwieglerqualitäten gefragt! Führungsstärke! Visionen jenseits von Direktzahlungen, Freihandel und Ihrem Ego!

Die Lage ist verworren. Die meisten Geschäftsmodelle in der Landwirtschaft funktionieren schlicht und ergreifend nicht. Der Schwarze Peter wird hin- und hergeschoben, die Hebel sind ungleich lang. Von aussen droht die EU-Landwirtschaft, innen dominieren die Grossverteiler. Der aktuelle Bäuerinnen- und Bauernprotest, so berechtigt er einem erscheint, richtet sich chaotisch gegen so ziemlich alles. Weder konsistent noch logisch, Rundumschlag statt Strategie: Wollt ihr jetzt weniger Ökoflächen auf den Äckern oder mehr Biodiversität? Unbeirrter Pestizideinsatz oder naturnahe Qualität und damit höheres Einkommen? Mehr Tierwohl oder mehr Geld? Mehr Wertschätzung oder weiterhin unser Trinkwasser vergiften? – Ich denke, im Moment fliegt Ihnen grad ein bisschen der Laden um die Ohren, gell? Es rächt sich, dass es für einen Bauernverbandsmuni nicht ausreicht, den heissen Härdöpfel schnell weiterzureichen und sich mit gleichgesinnten Bürgerlichen im Parlament zu verstärken, so dass vermeintlich die Staatskohle garantiert ist. Sie haben jahrelang Ihre Leute am Nasenring herumgeführt, aber das wird immer schwieriger. Auch der neueste Coup mit den Ökoflächen ist ein Bumerang: Nicht nur desavouieren Sie den eigenen Landwirtschaftsminister, sondern Sie bescheissen auch das Volk. Denn damals, bei der Abstimmung über die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative 2021, wurde hoch und heilig versprochen, die Ökoflächen zu erhöhen. So gesehen sind unsympathische Demos noch Ihre kleinste Sorge!

Die Opposition sitzt auch in Ihren Reihen. Ihr Jungspund Rochat Arnaud etwa, der in den Medien als Drahtzieher der Revolte im Welschen dargestellt wird – ist das eigentlich ein Grüner? Wissen Sie, was der will? Einen «modernen fairen Markt» mit einer «gerechten Aufteilung» der Margen, er redet von «Nachhaltigkeit» und, gopfrid­schtutz, sogar von «Kreislaufwirtschaft»! Da könnten Sie ja grad so gut aufhören, den Baumann Kilian von den Kleinbauern zu dissen! Derweil erweisen sich Ihre Kumpels aus der Geld-und-Gülle-Allianz immer mehr als Loser, und neuerdings fällt Ihnen sogar die Finanzministerin in den Rücken und will Subventionen kürzen. – Es wird also Zeit für einen Plan. Aber keine Angst, Ritter, ist alles schon da: Eine naturnahe Nahrungsmittelproduktion und gleichzeitig höhere Preise sind durchaus möglich. Denn Qualität ist gefragt und ein Differenzierungsmerkmal gegenüber dem europäischen Einheitsmampf. Nehmen Sie die naturnahe Landwirtschaft ernst. Machen Sie Ihren Job, wenn es um die Preisverhandlungen gegenüber den Grossverteilern geht! Setzen Sie sich ein für mehr Bio, für die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, für mehr vegetarische Selbstversorgung, weniger klimaschädigende Fleischproduktion und für die Abschaffung der 40 Milliarden biodiversitätsschädigenden Subventionen des Bundes! Gift für die Natur. Und Geld, das für gutes Bauern fehlt. Dafür dürfen Sie meinetwegen gerne auf die Strasse.

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