Clou und Manko zugleich: In «4 x Rousseau» lässt sich die Summe nicht dividieren.

Wer sich krampfhaft darauf kapriziert, die vier verschiedenen Subthemen der einander nahtlos folgenden Choreographien von Luca Signoretti, Sarafina Beck, Ihsan Rustem und Caroline Finn treffsicher unterscheiden und inhaltlich verorten zu wollen, beraubt sich letztlich eines umfassenden Genusses. «4 x Rousseau» der Cie. La Ronde ist nichts weniger als die Feier eines Humanismus, der ein Leben von der Wiege bis zu Bahre, vom Verständnis des Menschen als eines Teils der Natur bis zur intellektuellen Reflexion eines steten Bemühens um eine austariert behaltene Balance, sowie das Leben und natürlich die Feier dessen mit einschliesst. Ausgehend von einem verbalen Missverständnis ziehen die acht Tänzer:innen einen grossen Bogen eines heute emotionale Intelligenz genannten Gefühls-Vernunft-Gleichgewichts, in dessen Verlauf die gesamte Palette möglicher menschlicher Regungen ihren getanzten Ausdruck findet. Immer suchend und im Anliegen jederzeit spürbar proaktiv, konstruktiv, sich und einander zugeneigt eine nachgerade idyllisch erscheinende Harmonie herstellend. Denn Misstöne schleichen sich von selbst ein. Ihnen gegenüber gebührt sich vor allem eine Achtsamkeit des sie auffangenden, umlenkenden, abfedernden Umgangs damit, ohne deswegen mit in die durch sie verlockend wirkende negative Spirale hineingezogen zu werden. Erotische Anziehung, tiefe Trauer, freches Vorpreschen, intellektuelle Intro­spektion werden als Beispiele nicht zu voneinander separierten Regungen und Begehren, sondern bilden gerade in ihrer Zeitgleichheit der letztlich bejahende Wust an Herausforderungen, die fordern und fördern, Herz und Mitgefühl aufgeweckt erhalten und auch das kontinuierliche Hinterfragen von sogenannt unumstösslichen Gesetzmässigkeiten zu der spannenden, abwechslungsreichen und ausgewogenen Strapaze machen, die der Einfachheit halber ein mit allen Sinnen gelebtes Menschenleben heisst.

«4 x Rousseau», bis 10.3., Theater Winterthur, Winterthur.