Die grösste Bedrohung für eine moralisch vorbildliche Männermacht sind junge Lesben.

Bereits im Programm des letztjährigen «PinkApple»-Filmfestivals fiel auf, wie verbreitet die lustvolle Freude subversiver Selbstdurchsetzung inklusive einer nonchalant gelebten Sexualität bei jungen Lesben im Augenblick den Zeitgeist prägt. Die Eheleute Tricia Cooke und Ethan Coen nehmen in ihrem Drehbuch für «Drive-Away Dolls» diesen Umstand zum Anlass für eine köstlich ätzende Satire, worin sie die prüde Marian (Geraldine Viswanathan) mit der promisken Jamie (Margaret Qualley) auf einen Roadtrip mit dem Ziel einer Auszeit in Florida fahren lassen. Ohne es zu wissen, verbirgt sich, im Kofferraum versteckt, das wenn nicht die Männlichkeit per se, dann doch die republikanisch-freikirchliche Hoheit über Macht und Moral potenziell gleichermassen wie die Nadel den Luftballon bedrohende Gepäck. Also werden sie unwissentlich von schweren Jungs gejagt, die je nach Perspektive Gangster oder eben Erzengel verkörpern.

Der Tonfall von «Drive-Away Dolls» ist sogar für mitteleuropäische Verhältnisse hochironisch vulgär, derweil sich derselbe Hohn in den USA bis nahe einer Majestätsbeleidigung steigernden Empörung zeigen dürfte. In grotesk übertriebener Splattermanier wird zu Filmbeginn ein exaltierter Sammler von exotischen Gegenständen niedergemetzelt, der sich diese Sammlung von Dildos nach realen Penisabgüssen im erigierten Zustand von höchstrangigen Personen des öffentlichen Lebens aus dem US-amerikanischen Senat, dem Obersten Gerichtshof und der massgebenden Wirtschaftselite zugelegt hatte. Wenn jetzt auskäme, wer den Grössten hat, würde sich ein Bürgerkriegsszenario als noch realer ausmalen lassen als nach dem Sturm auf das Kapitol.

Marian, Jamie und Jamies Ex, die toughe Polizistin Sukie (Beanie Feldstein) drehen in dieser symbolischen Entmannungsfarce jedem politischen Ernst eine lange Nase. Verhöhnen ergo die an Hysterie grenzende Furcht vor dem Untergang der Heteronorm.

«Drive-Away Dolls» spielt in den Kinos Abaton, Capitol, Frame.