Haudrauf

Das Kunsthaus würdigt das Werk der jederzeit pionierhaft modernen Künstlerin Kiki Kogelnik (1935-1977).

Ein Klumpfuss der Wissenschaft besteht mithin in der regelrechten Weigerung, alle die als belastbare Fakten erforschten Tatsachen in eine Konklusion zu überführen, wo doch bereits das Werk allein forsch und stolz eine herausragende Position für sich reklamiert. Wenn sich Kiki Kogelnik bereits in ihren Wiener Jahren in der Burschenschaft der damaligen Avantgarde und später in New York im Boysclub der Pop-Art durchsetzen konnte und über ein Netzwerk verfügte, das heute einem Namedropping gleicht, liegts doch regelrecht auf der Hand, dass sie als ungeheuer interessierte Zeitzeugin und Künstlerin mit ausgeprägt feinen Antennen die jeweils während einer Epoche in der Luft liegenden Themen früh auf eine individuelle Art antizipierte, was sie als zu jederzeit pionierhaft moderne Person ausweist. Besonders, wenn ihr wie in zahlreichen der Katalogtexte ein ausgeprägter Hang zur Ironie attestiert wird, die als Waffe sowohl in der Bildenden Kunst wiewohl der Frauenemanzipation die träfsten, weil entwaffnendsten Resultate zeitigte. Blick zurück: Die Frau wird von der Pharmakologie zwar von ihrem uteruszentrierten Dasein als Reproduktionsdienstleisterin  mit der Einführung der Antibabypille vordergründig befreit, während sich die Herren der Schöpfung ihrer Egozentrik nun noch intensiver hingeben können, weil Thema erledigt und im Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre der Konsum eine lächelnd-ansprechende Verpackung benötigt, um recht durchschlagende Erfolge zu feiern. Auto verkaufen? Halbnackte Frau dazu stellen, fertig. Dass jemand augenscheinlich dermassen Reflektiertes wie Kiki Kogelnik aus dieser anscheinend ausdauernd störrischen Unveränderlichkeit der Gesetzmässigkeiten für ein gesellschaftliches Leben einerseits ein ausgesprochenes Faible für Lösungsansätze ausserhalb der greifbaren Realität entwickelt und andererseits dem verlogenen Vorführeffekt der Dame als Accessoire in einer knallbunten Lautstärke einen spöttischen Flirt mit dem Dilettantismus als Retourkutsche auf den Pinsel schmiert, erscheint erfrischend naheliegend. Dass eine solch tatsächlich mutige Frechheit im überaus positiven Sinn auf Ablehnung und Ignoranz stösst, ist genauso klar, wie sie dieselbe Energie dazu bringt, alles auf den Kopf stellen, neu denken zu wollen und sei es das Alphabet. Natürlich sind in einer solchen Haltung auch Materialgrenzen nur dazu da, um niedergerissen zu werden und was gekonnt wird, hinter sich zu lassen, um unerforschte Pfade freizutrampeln. Kiki Kogelnik ist ein leuchtendes Vorbild für Selbstermächtigung, ihre Kunst ein Fest.

«Kiki Kogelnik: Retrospektive», bis 14.7., Kunsthaus, Zürich. Katalog.

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