Gebühren und Überwachung

Der Zürcher Gemeinderat hat eine parlamentarische Initiative zu den Taxen in den Alterszentren vorläufig unterstützt und jenen Teil der Datenschutzverordnung revidiert, der sich mit der Videoüberwachung befasst.

An der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend stand ein Geschäft mit ungewöhnlicher Herkunft auf der Traktandenliste: Dass SP, SVP, Grüne und AL gemeinsam einen Vorstoss einreichen, sieht man nicht alle Tage. Es handelte sich um eine parlamentarische Initiative mit dem Titel «Festlegung der Taxen in den Alterszentren durch den Gemeinderat, Änderung der Verordnung über städtische Einrichtungen für ältere unterstützungsbedürftige oder pflegebedürftige Personen». Vorab: Die Taxen der Bezüger:innen von Zusatzleistungen sind von der Erhöhung nicht betroffen, die Änderung betrifft somit vor allem den Mittelstand. Es geht nur um die Beträge für Hotellerie und Betreuung, die Pflegeleistungen werden via Krankenkassen abgerechnet.

Florian Utz (SP) stellte die parlamentarische Initiative vor: Die Gebühren sollten um durchschnittlich 6205 Franken pro Jahr erhöht werden. Dazu stellten sich zwei Fragen, nämlich erstens, ob es richtig sei, die Taxen zu erhöhen, und zweitens, ob es richtig sei, dass der Stadtrat einen solchen Entscheid «in Eigenregie» treffe. Zum Glück beantworte die Mehrheit diese Fragen mit Nein, fügte er an und verwies auf Artikel 54 der Gemeindeordnung. Demgemäss sei der Gemeinderat zuständig für den Erlass von Verordnungen und die wesentliche Höhe der Gebühren, während er die «Feinjustierung» an den Stadtrat delegieren könne. Plus durchschnittlich 6205 Franken pro Jahr sei keine unwesentliche Erhöhung, deshalb sollte(n) der Gemeinderat – und in letzter Instanz die Stimmberechtigten via fakultatives Referendum – entscheiden. Florian Utz befand weiter, es gebe auch inhaltliche Gründe: Wenn der Gemeinderat sich damit befassen müsse, ob der Güselsack dreissig Rappen teurer werden oder die Parkplatzgebühr drei Franken mehr kosten solle, dann dränge es sich sowohl aus juristischen wie auch inhaltlichen Gründen auf, dass hier parlamentarische Mitsprache gefragt sei. Mit 68 Stimmen unterstützte der Rat die parlamentarische Initiative vorläufig – nötig gewesen wären deren 42.

«Senior:innen am Erfolg beteiligen»

Ansonsten hätte es dazu im Moment keine weitere Diskussion gegeben, wäre nicht noch ein dringliches Postulat derselben vier Fraktionen zum selben Thema auf der Traktandenliste gestanden, und dieses wurde anschliessend diskutiert. Zur Begründung führte Florian Utz unter anderem die gestiegenen Kosten für Krankenkassenprämien, Mieten, Lebensmittel etc. an und erklärte, die geplante Erhöhung der Taxen der Gesundheitszentren für das Alter gehe «massiv» über die Teuerung seit der letzten Erhöhung hinaus, und die Teuerung von 2023 sei noch nicht dabei. Damit sei absehbar, dass 2027 eine weitere massive Erhöhung anstehe. Und grundsätzlich gehe es nicht an, ausgerechnet von den Senior:innen, die unseren Wohlstand begründet hätten, zu verlangen, dass sie im Alter den Gürtel enger schnallen müssten. Der Stadt gehe es gut, sie könne es sich leisten. Es wäre «zutiefst ungerecht», die Senior:innen jetzt nicht «am Erfolg zu beteiligen».

Verordnung «deutlich verabschiedet»

Stadtrat Andreas Hauri erinnerte daran, dass die Taxen seit 2015 nicht mehr angepasst worden seien, während die Kosten gestiegen seien. Nach wie vor werde keine Kostendeckung von 100 Prozent erreicht. Die neue Verordnung sei im Dezember 2022 im Gemeinderat «ganz deutlich» verabschiedet worden. Gegen die Ausführungsbestimmungen sei kein Rechtsmittel ergriffen worden, und der Preisüberwacher habe ebenfalls nichts beanstandet. Der Stadtrat finde die Anpassung «gerechtfertigt, fair und alles andere als überrissen».

Er fand Gehör bei seiner GLP, der FDP und auch der Mitte-/EVP-Fraktion, die das dringliche Postulat «mit Nachdruck» ablehne, wie David Ondraschek (Mitte) betonte. Deborah Wettstein (FDP) befand, die Anpassung sei schon lange nötig und nicht übertrieben. Auch Florine Angele (GLP) erinnerte daran, dass der Rat vor einem Jahr die Verordung einstimmig gutgeheissen habe, und darin stehe nun mal, dass die Taxen angepasst werden könnten und dass dies in der Kompetenz des Stadtrats liege. Mit 69 gegen 45 Stimmen überwies der Rat das dringliche Postulat. Nachbemerkung: Am Rande der Sitzung bekam P.S. hinter vorgehaltener Hand von einem Mitglied der linken Ratsseite zu hören, das sei jetzt «purer Populismus» gewesen, und wenn der Rat über die Taxen entscheide, könnten sie nie mehr erhöht werden, weil Politiker:innen bekanntlich wiedergewählt werden wollen…

Videoüberwachung

Am meisten Sitzungszeit beanspruchte sodann die Teilrevision der Datenschutzverordnung, wobei der Rat nicht nur 13 Änderungsanträge abzuarbeiten hatte, sondern im Rahmen dieses Geschäfts auch drei Motionen und zwei Postulate zur Abschreibung anstanden. Worum es nicht gehe, hielt Michael Schmid (FDP) fest: Eine Videoüberwachung à la Big Brother wollten wir nicht. Doch nicht alle Videoaufnahmen seien auch Überwachungen. Webcams zu Werbezwecken etwa fielen nicht darunter. Dann kam er zum umstrittensten Punkt: Der Gemeinderat könne keine Bestimmungen für Videoüberwachungen durch Private erlassen, denn dafür sei der Bund zuständig. In der Verordnung heisst es denn auch, private Videoüberwachungen des öffentlichen Raums seien datenschutzrechtlich grundsätzlich unzulässig. Doch es gibt ein «Aber»: Werde bei einer an sich rechtmässigen Videoüberwachung von privatem Grund öffentlicher Boden miterfasst und nur geringfügig betroffen, so werde dies in der Regel aus Gründen der Praktikabilität akzeptiert, wenn die Überwachung des privaten Raums anders nicht durchführbar sei.

Matthias Probst (Grüne) sagte es so: Dem «Wildwuchs» des Mitfilmens von Privaten über öffentlichen Raum sei Einhalt zu gebieten. Sein Fraktionskollege Luca Maggi erklärte, Privaten sei es verboten, den öffentlichen Raum zu überwachen. Doch es gebe «Graubereiche», wo eine Kamera eben nicht nur ein Schaufenster filme, sondern die ganze Strasse überwache. Wenn dieses Filmen der Strasse nicht das Ziel sei – dann wäre es verboten –, sondern eine Nebenerscheinung, müsse man es reglementieren und bewilligen lassen. Sonst habe man «einen Haufen Videoaufnahmen von Leuten im öffentlichen Raum», und es wäre nicht klar, wer diese Videos anschaue, wie lange sie aufbewahrt würden und ob sie gar in Prozessen verwendet würden.

In der Detailberatung setzte sich die Linke auch bei der umstrittenen Bewilligungspflicht durch. Die Vorlage geht nun an die Redaktionskommission, die Schlussabstimmung folgt in ein paar Wochen. 

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