Ein Abend mit alten Bekannten

Von Schulhaus-Ersatzneubau bis Veloverkehr war an der Gemeinderatssitzung vom Mittwoch alles drin, was zuverlässig für angeregte Debatten zu sorgen pflegt.

Am Mittwochnachmittag hatte der Stadtrat in einer Medienmitteilung über einen nun fertiggestellten Bericht zur Beantwortung eines dringlichen Postulats informiert, konkret darüber, dass der Stadtrat an seinem Ziel festhält, das Stadtspital Zürich in eine öffentlich-rechtliche Anstalt im Eigentum der Stadt umzuwandeln. An der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend verlas David Garcia Nuñez (AL) eine Erklärung seiner Fraktion dazu. Sie trägt den Titel «Spitalauslagerung: Störrisch bleibt der Stadtrat auf seinem Holzweg.» Beim Fraktionspräsidenten der FDP, Michael Schmid, kam das nicht gut an. Er erinnerte daran, dass es eigentlich Usanz sei, keine Erklärungen zu Geschäften des Stadtrats abzugeben, die sowieso in die Kommission und den Rat kämen. Das hielt Nicolas Cavalli (GLP) nicht davon ab, nachzudoppeln, es sei pure Nostalgie, «dass die AL sich so sträubt», und obendrein sei das Triemli das letzte Spital, das noch als Dienstabteilung geführt werde. In einer weiteren persönlichen Erklärung wies Roland Hohmann (Grüne) in Reaktion auf eine Erklärung von Samuel Balsiger (SVP) von letzter Woche darauf hin, dass es «kein Gesetz gibt, das Strom frisst». Die SVP habe die Studie von Andreas Züttel, auf die sie sich berufe, «nicht gelesen oder nicht verstanden».

Beschlussantrag

Mit einem Beschlussantrag verlangten die Fraktionen von SP, Grünen, AL, GLP sowie Die Mitte/EVP die «Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Einführung eines Stimm- und Wahlrechts in den Gemeinden für Menschen mit einer Beistandschaft». Dazu soll der Gemeinderat beim Kantonsrat eine Behördeninitiative einreichen, die diesen beauftragt, «im Gesetz über die politischen Rechte auf kantonaler Ebene eine Rechtsgrundlage zu schaffen, die es den Gemeinden ermöglicht, die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für alle Menschen mit einer Beistandschaft zu ermöglichen». Islam Alijaj (SP) führte aus, unsere direkte Demokratie lebe davon, dass alle mitentscheiden könnten. Mindestens auf Gemeindeebene sollte das auch für Menschen mit Beistandschaft gelten, zumal die Schweiz im April 2014 die Uno-Behindertenrechtskonvention ratifiziert habe und diese somit verbindlich sei. Michael Schmid (FDP) entgegnete ihm, seine Fraktion unterstütze die Verbesserung der Partizipation von Menschen mit Beeinträchtigungen, «keine Frage», doch dieser Vorstoss gehe zu weit. Ein Stimm- und Wahlrecht für Menschen, die wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter Beistandschaft stünden, sei nicht möglich. Stefan Urech (SVP) fügte an, seine Fraktion lehne dieses Vorhaben mit derselben Begründung ab wie die FDP. Damit blieben sie in der Minderheit: Mit 81:33 Stimmen überwies der Rat den Beschlussantrag.

Wieder mal ein Schulhaus…

Auch ein Schulhaus-Ersatzneubau stand an diesem Abend mal wieder auf der Traktandenliste, gefühlt etwa der zwanzigste… was jedoch nicht stimmt, Kommissionssprecher Urs Riklin (Grüne) hat offensichtlich mitgezählt und verkündete, es handle sich um «Objektkredit Nr. 13 der Schulraumoffensive». Konkret ging es um den Ersatzneubau der Schulanlage Triemli B und C sowie die Erweiterung der Schulanlage In der Ey. Dafür hatte der Rat einen Kredit von (inklusive Reserven) 151,5 Millionen Franken zu sprechen. Die Volksschule wachse stark, bis 2030 rechne man mit rund 40 000 Kindern, sagte Urs Riklin. Künftig sollen im Triemli 42 Primar- und vier Kindergartenklassen Platz finden, und es ist auch eine neue Dreifachturnhalle geplant. Natürlich wird fossilfrei geheizt, und gibt es Massnahmen zur Hitzeminderung. Mit drei Begleitpostulaten verlangten die Grünen zusätzlich die Einrichtung einer attraktiven Veloinfrastruktur, den Erhalt der Spielwiese vor dem Chindsgi mittels Auslagerung der Pflichtparkplätze sowie die Reduzierung derselben auf ein Minimum «unter Anwendung des erstellten Mobilitätskonzepts für eine autoarme Nutzung». Damit blieb die Kirche definitiv im Dorf – keine Schulhausdebatte ohne Parkplatzstreit… Die Schulhausvorlage lehnte schliesslich nur die SVP ab: Stefan Urech befand, auch bei diesem Schulhaus seien zu viele Räume geplant, die nicht der Schule selbst, sondern dem Tagesschulteil, der Betreuung etc. zugute kämen. Zudem dürfte man das historische Schulhaus Triemli nach dem Willen der SVP nicht abreissen – und schon gar nicht, um «einen Betonklotz dorthin zu stellen». Bei den Postulaten stimmten SVP und FDP dagegen, bei jenem für die autoarme Nutzung zusätzlich noch die Mitte-/EVP-Fraktion, sie wurden somit allesamt überwiesen.

Reizwort «Velo»

Zum krönenden Abschluss der Sitzung standen mehrere Postulate zum Thema Veloverkehr zur Debatte, wobei sich nicht zum ersten Mal zeigte, dass «Velo» offensichtlich der Inbegriff eines Reizwortes ist. Michael Schmid (AL) schilderte zwei Situationen, in denen Velofahrer:innen abgedrängt bzw. angefahren worden waren – und daraufhin von der Polizei Tipps erhalten hatten, «sich so zu verhalten, dass sich ihre Sicherheit deutlich verschlechtert» hätte, wie Michael Schmid es ausdrückte: beispielsweise den Tipp, halt näher an rechts parkierten Autos vorbeizufahren. Lieber von einer sich öffnenden Autotür getroffen als zu eng überholt und so zu Fall gebracht werden? Hmmm… schwierige Entscheidung… Ernsthaft: Michael Schmid und Anna Graff forderten schlicht, die Stadtpolizei sei bezüglich Veloverkehrssicherheit zu sensibilisieren. Von der bürgerlichen Ratsseite jedoch tönte es zurück, als hätte Michael Schmid gar kein Votum gehalten. Kurzfassung: «Die Velofahrer» (also wohl alle…) hielten sich sowieso nie an die Regeln und verursachten die meisten Unfälle selbst. Nichtsdestotrotz überwies der Rat das Postulat mit 62:54 Stimmen zur Prüfung an den Stadtrat.

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