Doch noch Happy-End für Genossenschaftssiedlung

Um die Zukunft der gemeindeeigenen Wohnsiedlung Breiteli in Thalwil wurde erst auf politischer Ebene hart gerungen – dann blockierten Anwohnerrekurse die Planung. Jetzt aber scheint einer teilweisen Neuüberbauung mit Genossenschaftswohnungen nichts mehr im Wege zu stehen.

 

 
Von Arthur Schäppi

 

 

Kaum Komfort und eher kleine Wohnungen, dafür günstige Mieten, viel Grünflächen, Gärten und nachbarschaftliche Kontakte: In der Breiteli-Siedlung nördlich der katholischen Kirche Thalwil leben Familien und Alleinstehende, SchweizerInnen und AusländerInnen mit meist bescheidenem Einkommen in einem kleinen Wohnparadies. Dass die 1920 erstellte ehemalige Arbeitersiedlung in die Jahre gekommen ist, ist freilich nicht zu übersehen. Risse durchfurchen da und dort die Wände, sanitäre Anlagen oder etwa die Isolation entsprechen längst nicht mehr heutigem Standard. Die Frage, was mit dem zentrumsnahen, bald hundertjährigen Breiteli-Dörfli und seinen Bewohnern geschehen soll, beschäftigt Behörden, Politiker­Innen, betroffene MieterInnen und Bevölkerung denn auch seit über einem Jahrzehnt.

 

 

Sozialverträgliche Lösung
Ursprüngliche Pläne für einen Totalabriss und eine komplette Neuüberbauung liess der Gemeinderat nach heftiger Opposition wieder fallen. Das politische Seilziehen aber ging über Jahre weiter – bis man nach langwierigem Einigungsprozess, in den auch die von Mietern gegründete IG Breiteli involviert war, doch noch zu einer sozialverträglichen Kompromisslösung fand. Und ein entsprechendes gemeinderätliches Konzept 2014 an der Urne wuchtig angenommen wurde. Demnach sollen in einer ersten Etappe auf der südlichen Hälfte des Grundstücks zwei Mehrfamilienhäuser mit 15 Wohnungen niedergerissen und durch vier Neubauten mit 35 Genossenschaftswohnungen ersetzt werden. Realisiert wird diese Neuüberbauung von der Unternehmer-Baugenossenschaft Zurlinden (BGZ) aus Zürich, die das Gemeindeland dafür im Baurecht zu einem marktüblichen Zins erhält. Weniger konkret sind die Pläne für den nördlichen Areal-Teil. Die gemeindeeigenen Reihenhäuser mit 23 Altwohnungen dort sollen vorläufig instand gehalten und erst in 15 bis 20 Jahren ersetzt werden. Platz hätte es dort gemäss einer Studie für 50 neue Wohnungen.

 

 

Rechtsstreit beendet
Für das gesamte Areal hat die Gemeindeversammlung im Herbst 2015 einen privaten Gestaltungsplan gutgeheissen. Im Spätsommer 2016 sollten im Südabschnitt dann die Baumaschinen auffahren. Doch daraus wurde nichts. Weil Nachbarn gegen den Gestaltungsplan rekurrierten. Und beklagten, dass die künftigen Neubauten zu hoch und zu lang seien und sich zu wenig in die Umgebung einpassten. Im März dieses Jahres kam das Baurekursgericht indes zum gegenteiligen Schluss und schmetterte die Rekurse ab. Nun haben die Rekurrenten auf einen Weiterzug verzichtet – der Entscheid ist somit rechtskräftig geworden. Die Bescheinigung traf Anfang dieser Woche auf der Gemeindeverwaltung ein. Darüber ist man beim Gemeinderat «nach dem klaren Urteil» des Baurekursgerichts «zwar nicht überrascht, aber dennoch sehr erleichtert», wie Liegenschaftenvorstand Andreas Federer (CVP) sagt. Er rechnet damit, dass die BG Zurlinden ihr Baugesuch nach den Sommerferien einreicht und die Bauarbeiten im Herbst anlaufen können. Jedenfalls dann, wenn nicht auch noch gegen die Baubewilligung rekurriert wird. Bei der BGZ war dazu keine Stellungnahme erhältlich.

 

 

Erschwingliche Mieten
Mit der ersten Bauetappe werde es möglich, im südlichen Areal-Abschnitt im Vergleich zu heute mehr als doppelt so viele günstige Mietwohnungen je hälftig im tiefen und mittleren Segment anzubieten – und dabei dank Verdichtung den Grünraum grösstenteils zu erhalten, betont Thalwils Bauvorstand Richard Gautschi (parteilos). Dank Quersubventionierungen innerhalb der Genossenschaftssiedlung könnten etwa im unteren Preissegment 105 m2 grosse 4 ½-Zimmerwohnungen für «unter 2000 Franken» angeboten werden, bestätigt Andreas Federer. Einzelheiten zu den Mietzinsberechnungen, den Vermietungskriterien und zur Bewirtschaftung haben Gemeinde und Genossenschaft in einer Zusatzvereinbarung geregelt. Damit soll eine altersmässig, sozial und wirtschaftlich gute Durchmischung der Mieterschaft sichergestellt werden. Den Mietern werde bei der Suche nach einer neuen Wohnung Unterstützung gewährt, versichert Federer. Sie verfügen lediglich noch über befristete Mietverträge, die jeweils kurzzeitig verlängert wurden.
 

 

Hinter die Konsenslösung stellt sich auch die IG Breiteli. Dank dem Widerstand gegen den ursprünglich vorgesehenen Totalabbruch und das damalige Neubauprojekt habe die IG immerhin erreicht, dass erschwinglicher Wohnraum und noch nutzbare Bausubstanz nicht einfach voreilig zerstört wurden und dass zusammenhängender Grün- und Freiraum erhalten blieben, sagt IG-Sprecherin Claudia Iten.

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