Dick und Doof revisited

In der neuen Komödie «Thalasso» von Guillaume Nicloux zelebrieren Michel Houellebec und Gérard Dépardieu ihre Egos. Nicht besonders lustig.

 

von Suzanne Zahnd

 

Wie viele Männer, die mal wichtig waren und die selber von ihrer Wichtigkeit noch sehr überzeugt sind, verwandelt sich auch Michel Houellebec im Alter in ein schmollendes Kleinkind. Er schiebt sogar die Unterlippe etwas vor. Seine junge Freundin wirkt also eher wie ein Mami, das ihr Kind zur Krippe bringt, wenn sie ihn in der Luxusklinik «Thalasso» zur Detox-Kur abgibt. Während dieser jammert der wehleidige Alte wegen allem und jedem. Beim heimlichen Rauchen trifft er auf Gérard Dépardieu, der hier ebenfalls kurt und sich selber spielt. Einfach ein bisschen besser als Houellebec. Von da an darf man den beiden Pennälern in Greisengestalt zuschauen, wie sie von Therapie zu Therapie jockeln und dabei viel saufen und Schwachsinn absondern und immer wieder an das Personal geraten, das unter Dauerlächeln den Unterhund gibt.

 

Der Humor ist klar Geschmackssache, das Ganze hat aber durchaus Comic-Qualitäten. Zum Beispiel wenn die beiden in einem Behandlungsraum vergessen werden und dann als schlammverschmierte Laurel & Hardy-Wiedergänger durch die Klinik irren, wobei Dépardieu noch die Plastikfolie am Rücken klebt, wie ein Supermancape. 

Die Entführer aus dem letzten Nicloux-Film «Die Entführung des Michel Houellebec» tauchen in «Thalasso» auch wieder auf. Sie sondern sexistischen Unsinn ab und glänzen dabei mit hoffnungsloser Inkompetenz bezüglich weiblicher Anatomie, aber der eine findet – in seiner Zigarettenpackung, wo denn sonst? – einen kleinen Zettel, auf dem steht, «Der Verweis auf die Wahrheit ist wichtiger als die Wahrheit». Nun, so ein bisschen wahrheitsfunktionale Semantik macht aus «Thalasso» natürlich noch keinen guten Film, regt aber immerhin zum Nachdenken darüber an, ob ein Widerling, der sich selber als Widerling darstellt, weniger widerlich ist. Die Antwort lautet Nein.

 

Die Mission der Entführer ist es denn auch, den Status quo zu bewahren, respektive die 80jährige Mutter des einen zu finden, die mit einem 40 Jahre jüngeren Mann durchgebrannt ist. Sie wollen sie zum Vater zurückbringen, klaro. Die Jungs sind mindestens ein bisschen rechtslastig, lassen im Ernstfall aber doch den Juden beten, weil ihr Gott längst durch Abwesenheit glänzt. Derweil unken Dépardieu und Houellebec über Tod und Wiedergeburt, was letzteren zum Weinen bringt.

 

Kaum zu glauben, dass dieser eher ärgerliche Film in Frankreich super ankommt und von der Kritik gelobt wird. Obwohl man ihm lassen muss, dass er letzlich schon zum Spiegelbild der heruntergekommenen Grande Nation gerät. Die Leute, die hier herumlaufen, sind entweder reich und wirklichkeitsfremd, rückgratlose Jasager oder kulturlose Banausen. Nur einer scheint Houellebec zu erkennen und beschimpft ihn als «Schande Frankreichs». Der Rest kennt eh nur den Obelix.

 

«Thalasso», Kinostart 2. Juli

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