Wer schiebt das Velo an?

Acht Bisherige und neun Neue möchten am 13. Februar 2022 einen der neun Zürcher Stadtratssitze erobern. Als letzte der neu antretenden KandidatInnen nimmt Serap Kahriman (JGLP) im Gespräch mit Nicole Soland Stellung zum Thema Veloförderung.

 

Fahren Sie in Zürich Velo?

Serap Kahriman: Ja, privat, also in Zürich, lege ich fast alle meine Wege mit dem Velo zurück. An meinen Arbeitsort Adliswil hingegen fahre ich mit dem öV. Das Velo ist praktisch und schnell: Nur wenn die Fahrt nach Oerlikon geht, kann es sich bis zum Bucheggplatz hoch schon mal nach Fitnesstraining anfühlen… (lacht).

 

Wo sehen Sie die grössten ‹Baustellen› in Sachen Veloförderung?

Wir müssen über Platz reden. Zurzeit steht dem motorisierten Individualverkehr am meisten Platz zur Verfügung. Das muss sich ändern: Wir müssen anfangen, das Velo, die FussgängerInnen und den öV platzmässig an die erste Stelle zu setzen.

 

In Zürich gibt es nach wie vor Mischverkehrszonen für Fussgängerinnen und Velofahrer – sie sind jedoch alles andere als beliebt: Wie lautet Ihr Rezept dagegen?

Wir brauchen überall klar getrennte Bereiche, also zum Beispiel Velowege, die baulich von den Trottoirs abgesetzt sind. Das hat erst noch den positiven Nebeneffekt, dass Velos an gefährlichen Stellen nicht mehr aufs Trottoir ausweichen und dort den FussgängerInnen in die Quere kommen.

 

Nach dem Ja an der Urne zur Volksinitative «Sichere Velorouten für Zürich» gilt es, mindestens 50 Kilometer Velovorzugsrouten umzusetzen: Warum schafft die Stadt das locker – oder eben nicht?

Ich hoffe sehr, dass diese Routen schnell umgesetzt werden, bin aber auch skeptisch: Ich habe nichts gegen Rot-Grün, ich habe die Velorouteninitiative unterschrieben, aber Rot-Grün hat seit 30 Jahren die Mehrheit im Stadtrat, und dennoch passiert in Sachen Veloförderung viel zu wenig von dem, was wir gerne hätten. Vielleicht braucht es tatsächlich frischen Wind – möglicherweise von denselben Parteien, möglicherweise aber auch von einer jungen Grünliberalen.

 

Letzte Woche verweigerte der Gemeinderat Ihrer Einzelinitiative die vorläufige Unterstützung, mit der Sie die externen Kosten des motorisierten Individualverkehrs mittels einer «City-Maut» internalisieren wollten: Was nützt es dem Velo, wenn sich nur noch Reiche die Autofahrt ins Zentrum leisten können?

Ich finde es schade, dass der Gemeinderat sich nicht für meine Einzelinitiative erwärmen konnte. Denn es geht ja nicht darum, dass nur noch Reiche ins Zentrum dürfen, sondern da­rum, dass alle etwas davon haben, wenn weniger Autos in der Innenstadt zirkulieren – zum Beispiel mehr Sicherheit und weniger Lärm. Würden sie sich auf der Strasse sicherer fühlen, nähmen wahrscheinlich viel mehr Menschen das Velo. Mit dem Geld aus einer City-Maut könnte man zudem den öV verbilligen, und jene, die aufs Auto angewiesen sind, stünden weniger oft im Stau.

 

Was haben wir davon, wenn wir Sie in den Stadtrat wählen?

Ich bringe als junge Frau mit Migrationsvordergrund neue Sichtweisen ein. Meine politischen Themen sind insbesondere das Velo sowie Migrations- und Ausländerfragen, und generell wird der Stadtrat durch mich hoffentlich ein bisschen diverser.

 

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