Viel zu viel fürs Velo – oder zu langsam und zu wenig?

Laut NZZ – und laut bürgerlichen Politikern – wird in Zürich spätestens seit dem Amtsantritt von SP-Tiefbauvorsteherin Simone Brander «nur noch alles fürs Velo gemacht». Die andere Seite des politischen Spektrums sieht das naturgemäss etwas anders. Eine Spurensuche.

Seit Mai 2022 ist die frühere SP-Gemeinderätin Simone Brander Stadträtin und Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements (TED). Damals machten sich einige Bürgerliche sowie die NZZ quasi auf Vorrat Sorgen: «Zürich und seine neue, radikale Verkehrs-Stadträtin: Simone Brander sollte ihr Aktivistinnen-Gewand rasch ablegen», lautete der Titel eines Kommentars im April 2022 anlässlich der Departementsverteilung. Im Wahlkampf habe die Sozialdemokratin «forsche Attacken gegen das Auto» gefahren und sei «mit absurden Klima-Ideen aufgefallen». Nun dauert es nicht mehr lange, bis Stadträtin Brander die Hälfte ihrer ersten Legislatur an der Spitze des TED hinter sich hat. Ein guter Zeitpunkt, um rechts, links, bei der Velolobby bzw. -szene und natürlich bei Simone Brander selbst nachzufragen: Ist es so schlimm herausgekommen wie befürchtet, beziehungsweise so gut wie erhofft?

Grundlagen

Fangen wir mit den Grundlagen an: «Mit der Strategie «Stadtraum und Mobilität 2040» wollen wir das Zielbild einer lebenswerten und klimaneutralen Stadt erreichen, erklärt Simone Brander. «Dafür soll der Anteil des Fuss-, Velo- und öffentlichen Verkehrs erhöht und sollen in allen Quartieren attraktive Freiräume geschaffen werden.» Die Strategie resultiere aus Abstimmungen beispielsweise zur «Städteinitiative», zum «Klimaschutzziel Netto-Null» oder zur Initiative «Sichere Velorouten für Zürich». Die Stossrichtung ist also von der Stimmbevölkerung vorgegeben. Basierend auf der «Velostrategie 2030» soll sodann in Zürich ein durchgehendes, sicheres und sichtbares Netz von Velorouten entstehen, wobei der Fokus auf den Velovorzugsrouten liegt.

«Um Velofahren in der Stadt Zürich einfach und sicher zu machen, braucht es sowohl grosse Projekte wie den Velotunnel oder die Gleisquerung 4/5 als auch kleine Verbesserungen», ist Simone Brander überzeugt. «In mehreren Projektauflagen wie beispielsweise für das Sihlquai, das Stauffacherquai und die Manessestrasse oder verschiedener Velovorzugsrouten sieht man, dass wir vorwärts machen. Die Umsetzung mit allen Bewilligungs- und allfälligen Rechtsverfahren braucht jedoch Zeit. Und diese Zeit wird dafür benötigt, die Anliegen der Bevölkerung aufzunehmen und darauf entsprechend zu reagieren.» Einsprachen und Einwendungen gebe es ortsunabhängig bei fast allen Projekten des Tiefbauamts, fügt sie an: «Heute werden Projekte realisiert, die häufig bereits vor sechs bis acht Jahren nach den damaligen Vorgaben geplant wurden. Projekte, über die z.B. ein Gericht entschieden hat, müssen entsprechend gebaut werden und können heute nicht einfach abgeändert werden.»

«Nur langsam»

Thomas Hug ist Verkehrsplaner und Stadtentwickler bei urbanista.ch und Kolumnist bei tsri.ch. Hier sein Input: «Es tut sich was in Sachen Velo in Zürich. Aber nur langsam und auch nicht immer in die richtige Richtung. Oft wird der Kompromiss vom Kompromiss gesucht, womit dann niemand so richtig zufrieden ist – weder die Autolobby, deren Privilegien endlich etwas infrage gestellt werden, noch die Velofahrenden, die weiterhin nur mit verbleibenden Restflächen auskommen müssen. Gerade was die Qualität der Veloinfrastruktur angeht, fehlt in der Stadt Zürich eine klare Ansage von oben. So gibt es in vielen geplanten Projekten auch heute noch deutliches Verbesserungspotenzial: Auf der Schaffhauserstrasse wird ein gefährlicher 1-Meter-Velostreifen geplant, an der Baslerstrasse stauen sich fast täglich die Autos auf der eigentlich autofreien Velovorzugsroute und an den vielbefahrenen Badener- und Kornhausstrassen sollen sogar die abgesetzten Velowege zurückgebaut werden. Berechtigterweise sind viele Menschen enttäuscht, die auf die schnelle Velowende gehofft hatten. Die äusserst aktive Veloszene in Zürich, die sich immer noch mit viel Engagement für Verbesserungen einsetzt, stimmt mich aber optimistisch, dass wir in den nächsten Jahren noch ein paar Schritte in die richtige Richtung schaffen.»

«Massive Veränderung»

Ob die Lokalpolitik die Einschätzung des Verkehrsplaners teilt? Der Verkehr ist sowohl im Stadt- wie im Gemeinderat bei mehr als einem Departement bzw. einer Kommission angesiedelt: Nebst dem Bau und der Instandhaltung von Strassen, Leitungen und Schienen, der in Simone Branders Zuständigkeit fällt, ist beispielsweise die Dienstabteilung Verkehr, die sich unter anderem um Signalisation und Markierungen kümmert, im Sicherheitsdepartement von Karin Rykart zuhause. Im Gemeinderat kümmert sich hauptsächlich die Spezialkommission Sicherheitsdepartement/Verkehr um letzteren. Kommissionspräsident Andreas Egli (FDP) stellt im Vergleich zum früheren Amtsinhaber Richard Wolff (AL) eine «massive Veränderung» fest: «Es gibt viel mehr Massnahmen, die aber nicht immer dem Velo zugute kommen, sondern vor allem zum Ziel haben, den restlichen Verkehr zu benachteiligen.» Die meisten Velorouten seien bereits aufgegleist oder umgesetzt. Trotzdem gebe es vermehrt Mischverkehrsflächen, die sich der motorisierte Individualverkehr (MIV) und der öV teilen müssten. Zudem würden Spuren und vor allem Parkplätze abgebaut, «und dennoch ist die Velolobby nicht zufrieden». Dabei sei von Anfang an klar gewesen, dass sich nicht alle Veloschnellrouten innert zehn Jahren würden verwirklichen lassen: «Das dauert ja schon ohne Einsprachen mindestens zehn Jahre.»

Dass Simone Brander als Gemeinderätin Erwartungen geschürt habe, die sie nun nicht erfüllen könne, sei «normal». Und dass in der Stadt nach wie vor genügend Parkplätze zur Miete angeboten werden, ändere nichts daran, dass zurzeit viele Parkplätze im Freien abgebaut würden: «Das ist der ideologisch motivierte Versuch, ‹Züri autofrei› durch die Hintertüre einzuführen.» Besonders ärgerlich sei, sagt Andreas Egli, dass der Veloverkehr «nichts zur Gesamtverkehrsleistung beiträgt». Denn Velo werde hauptsächlich bei gutem Wetter gefahren. Auch dass die Mehrheit der Stadtzürcher:innen an der Urne regelmässig für Velomassnahmen stimmt, lässt er nicht gelten: «Aufgrund der Informationen vonseiten Stadt tönt vor solchen Urnengängen alles gut. Aber wenn dann klar wird, welch grosser Parkplatzabbau damit verbunden ist, hagelt es innert kürzester Zeit 400 Einsprachen, wie beispielsweise in meinem Wohnquartier Höngg.»

Informiert die Stadt nur ungenügend? Simone Brander widerspricht: «Neu führen wir öffentliche Informationsveranstaltungen in den Quartieren durch, um die Bevölkerung über die geplanten Projekte für Velovorzugsrouten zu informieren und wo sinnvoll möglich, das lokale Wissen vor Ort abzuholen und in die Projekte einzubeziehen. So versuchen wir, den politischen Auftrag und das Vorgehen und die Arbeit der Verwaltung besser zu erklären.»

«So schlimm wie befürchtet»

Der Vizepräsident der Kommission, Stephan Iten (SVP), pflichtet Andreas Egli bei: Simone Brander «macht, was sie kann» – vor allem baue sie «massiv» Parkplätze ab: «An der Schaffhau­serstrasse Richtung Glattbrugg werden gerade 60 Parkplätze abgebaut, wegen Velomassnahmen und Hitzeschutz. Beides ist völlig überflüssig, es hat dort genug Grün und Platz fürs Velo.» Generell sei Simone Brander in Sachen Velowege etwa im gleichen Tempo unterwegs wie ihr Vorgänger, findet er: «Aber den Parkplatzabbau spürt man schon, und es werden auch vermehrt Spuren abgebaut, an der Löwenstrasse beispielsweise oder beim Bucheggplatz, wo in einem Pilotversuch eine Spur aufgehoben werden soll.» Sein Fazit lautet denn auch, seit dem Amtsantritt von Simone Brander sei es in Sachen Verkehr «so schlimm wie befürchtet».

«Die Strassen der Velovorzugsrouten sind derzeit stark durch Parkplätze geprägt, die den Strassenraum einengen», sagt Simone Brander. «Daraus ergibt sich eine potenzielle Gefahr durch sich öffnende Autotüren, was im Allgemeinen als «Dooring»-Unfall bezeichnet wird. Weiter soll auf einer Velovorzugsroute das Kreuzen von je zwei Velos möglich sein. Oberstes Ziel ist ein sicheres und einfaches Vorwärtskommen der Velofahrenden.» Ob Parkplätze erhalten würden, ergebe sich aus diversen Faktoren, die situativ bei den jeweiligen Projekten angeschaut würden: «Ein entscheidender Faktor ist der Platz und die aus ihm resultierende Sicherheit. Ist die erforderliche Strassenbreite nicht gegeben, werden die Parkplätze auf einer Strasse aufgehoben. Hat es aber genügend Platz, um Parkplätze in der Blauen Zone zu erhalten, so werden diese in Etappe 1 der Realisierung der Velovorzugsrouten in Fahrtrichtung angebracht, so dass seitwärts parkiert werden muss. Senkrechtparkierung soll aus Sicherheitsgründen vermieden werden. Weiter werden Güterumschlagfelder für das Gewerbe realisiert.»

Was ist eine Velovorzugsroute?

«Die Velovorzugsrouten umfassen ein Netz von rund 130 Kilometern. Mindestens 50 Kilometer davon werden im Sinne der Initiative ‹Sichere Velorouten für Zürich›, also grundsätzlich frei vom Autoverkehr, umgesetzt», erklärt Simone Brander. «Damit die Velovorzugsrouten auf der Strasse möglichst rasch sichtbar werden, werden sie üblicherweise in drei Etappen umgesetzt», führt sie weiter aus. Der Reihe nach: In Etappe 1 werden ausserhalb von Strassenbauprojekten rasch umsetzbare Massnahmen mit Markierungen und Signalisation auf der Velovorzugsroute selbst umgesetzt. In Etappe 2 werden auf der Strecke der Velovorzugsroute Standardprojekte mit Massnahmen wie der Aufhebung von Fahrbeziehungen oder der Änderung des Verkehrsregimes (z. B. Einbahnstrassen) umgesetzt. In Etappe 3 werden Strassenbauprojekte mit Vorstudien mit Umbauten, Bäumen und der Aufhebung von Fahrbeziehungen realisiert. «Diese können auch einen grösseren Perimeter als die Velovorzugsroute selbst betreffen, wenn zum Beispiel der Verkehr in einem ganzen Quartier neuorganisiert werden muss», fügt sie an. Nach der Umsetzung wird mit einer Wirkungskontrolle und einem Monitoring erhoben, ob die Velovorzugsrouten-Strecke das Kriterium «grundsätzlich autofrei» erfüllt: «Falls dem nicht so ist, werden weitere Massnahmen umgesetzt. Auf der Baslerstrasse wurden bisher Etappe 1 und 2 umgesetzt – Etappe 3 sowie ein Monitoring stehen also noch aus.» Das heisst im Klartext: «Auf die Fragen, ob die Baslerstrasse das Kriterium ‹grundsätzlich autofrei› erfüllen wird bzw. zu den 50 km gemäss Initiative gezählt werden könnte, können heute noch keine Antworten geben werden.»

«Deutlich bessere Projekte»

Das Urteil von Kommissionsmitglied Heidi Egger (SP) fällt anders aus als das von Kommissionspräsident und -vize: Seit Simone Brander dem TED vorstehe, habe sich einiges geändert, nicht nur in Sachen Velo, sondern auch, wenn es um den Klimaschutz gehe. Doch bei den Velomassnahmen sei die Umsetzung generell schwierig, vieles werde durch Rekurse blockiert. «Auf der Velovorzugsroute auf der Baslerstrasse bin ich schon geradelt, das war sehr angenehm», erinnert sie sich. Allerdings sei sie nicht frühmorgens oder nachmittags um 17 Uhr unterwegs gewesen. Dass es nicht so rasch vorwärtsgehe mit den Velomassnahmen wie gewünscht, würden ältere Menschen wohl gelassener nehmen als jüngere, vermutet sie. Sie lässt sich jedenfalls nicht aus der Ruhe bringen: Eine Motion, die sie miteingereicht hat und die zurzeit in der Kommission behandelt wird, verlangt die Umsetzung der Velohauptroute vom Bahnhof Oerlikon bis zum Seebacherplatz «gemäss Qualitätsstandard A des Masterplans Velo»: Die Motion stammt aus dem Jahr 2019, und unterdessen, genauer im Frühling 2021, wurde der Masterplan durch die «Velostrategie 2030» abgelöst. Der Bericht des Stadtrats zur Motion, der sich auf der Webseite des Gemeinderats nachlesen lässt, läuft darauf hinaus, dass sich auf der Route in Oerlikon/Seebach nicht viel mehr fürs Velo machen lässt, als bereits umgesetzt ist. Wegen des Kommissionsgeheimnisses kann Heidi Egger dazu nicht Stellung nehmen.

Markus Knauss ist Co-Geschäftsleiter des VCS Zürich und politisiert seit 25 Jahren für die Grünen im Zürcher Gemeinderat. Aus seiner Sicht sind die neuen Strassenbauprojekte bezüglich Velomassnahmen und Grünraum «deutlich besser». Er gibt aber auch zu bedenken, dass die Planung bei einigen davon noch unter Richard Wolff angefangen hat. Weniger gut findet er, dass das Tiefbauamt «zu wenig flexibel für neuere Entwicklungen» sei: «Es ist offensichtlich tabu, ein Projekt zu stoppen und nachzurüsten oder neu aufzugleisen – auch wenn sich alle einig sind, dass es nicht gut ist.» Er überreichte Simone Brander an einer Gemeinderatssitzung schon mal einen Pflasterstein, um sie darauf hinzuweisen, wovon sie künftig weniger brauchen solle: «Damals ging es um die Umgestaltung der Martastrasse», erinnert sich Markus Knauss. «Im Zuge der Neugestaltung ging die versiegelte Fläche von 2500 Quadratmetern auf 2470 Quadratmeter zurück…» Das Problem in solchen Fällen sei, dass die Planung oft bereits zehn oder mehr Jahre zurückliegt, wenn die Bagger auffahren. Immerhin sei Simone Brander «zugänglich» und hört zu, was einen grossen Vorteil darstelle, fügt er an.

Es sei keineswegs «tabu», Projekte zu stoppen, entgegnet Simone Brander: «Selbstverständlich habe ich entweder selbst Projekte im Tiefbauamt gestoppt oder das Tiefbauamt hat von sich aus die Projekte nochmals in Überarbeitung gegeben, um die neuen Vorgaben bezüglich Velo- und Fussverkehrsförderung, Aufenthalt, Hitzeminderung und Umverteilung der Strassenfläche besser oder überhaupt zu berücksichtigen. Diese Arbeit ist von aussen in den wenigsten Fällen sichtbar, da sich die Projekte noch intern in der Planung befinden.»

«Rückzugskampf»

AL-Gemeinderat Michael Schmid gibt zu bedenken, der grösste Teil des Strassenraums sei «nach wie vor dem Auto vorbehalten». Aussagen wie jene, es werde in Zürich nur noch «alles fürs Velo» gemacht, interpretiert er als «Rückzugskampf von privilegierten, aufs Auto fokussierten Menschen». Immerhin spreche sich die Bevölkerung in Zürich seit 50 Jahren für eine andere Aufteilung des Raums aus. Was die stadträtliche Politik betrifft, schickt er voraus, es sei aus der Ferne schwierig zu beurteilen, was Simone Brander mache und was die Verwaltung. Doch seit der Zeit, als Richard Wolff Tiefbauvorsteher war, und jetzt auch unter Simone Brander spüre man, «dass die Verwaltung sich bewusst ist, was von ihr erwartet wird». Was jetzt neu geplant werde, sei besser als frühere Projekte – «aber das Tiefbauamt ist ein Supertanker, und zudem gilt es viele Vorhaben auch mit der Dienstabteilung Verkehr und besonders neuralgische Punkte mit dem Kanton abzusprechen». Generell findet Michael Schmid, Aussagen wie die, dass man die Velofahrer:innen verhätschle, lenkten davon ab, dass Velovorzugsrouten entgegen des Eintrags in der Gemeindeordnung nicht vom Autoverkehr befreit seien. Und die Umsetzung von Elementen aus dem Verkehrsrichtplan wie etwa der Quartierblöcke werde noch nicht einmal thematisiert. Der Stadtrat habe zudem die Motion seiner Fraktion, die am 25. Oktober im Rat behandelt wurde, zur Ablehnung empfohlen: Die Forderung lautete, bei Neubauten sollten auch ohne Mobilitätskonzept und Grundbucheintrag weniger Parkplätze erstellt werden können, als gemäss Parkplatzverordnung nötig sind. Der Rat überwies die geänderte Motion trotzdem (siehe P.S. vom 27. Oktober). Michael Schmid erinnert weiter daran, dass die Baumkronenfläche in der Stadt zurückgeht, obwohl der Wille, Bäume zu erhalten, durchaus vorhanden sei. Es sei nicht nur unabdingbar, dass im öffentlichen Raum mehr Bäume gepflanzt würden, sondern es gelte auch die Privaten in die Pflicht zu nehmen: «Über Tiefgaragen gedeihen grosse Bäume nun mal nicht.» Seinen Wunsch ans TED verrät er zum Schluss: «Es sollte sich öfters mit dem Kanton anlegen.»

«Mehr erwartet»

Yvonne Ehrensberger, Geschäftsleiterin von Pro Velo Kanton Zürich, hat den Eindruck, dass «in Sachen Velo mehr geht als auch schon». Doch die «grossen Würfe» blieben noch aus, insbesondere bezüglich der Priorisierung des Velos bei grossen Bauprojekten. Auch sie sieht Potenzial im Umgang mit dem Kanton: «Kommt es zu Konflikten, dann bewegt sich die Stadt zwar einen Schritt vorwärts, aber auch sogleich einen halben zurück.» Was die Sichtbarkeit von Massnahmen fürs Velo betrifft, ist sie eher enttäuscht, sie hatte sich mehr erhofft: «Wenn jetzt schon klar ist, dass die Velovorzugsrouten nicht bis 2030 zu schafffen sind, dann entspricht das nicht dem, was die städtische Bevölkerung gefordert hat. Dies insbesondere, weil die Voraussetzungen doch gut wären – immerhin gewinnen wir in der Stadt Zürich jede Abstimmung für Velomassnahmen.» Gerade bei den Velovorzugsrouten stelle sich zudem die Frage, ob die Stadt beispielsweise mit Höngg und Wollishofen am richtigen Ort angefangen habe, anstatt genügend früh die herausfordernden Knoten anzugehen. In Sachen Veloabstellplätze hingegen sehe es besser aus als auch schon, fügt sie an. Generell fragt sie sich aber schon, «was es denn noch braucht: Jetzt ist es Zeit, endlich zu machen!», findet sie – nicht nur, weil die Velofahrer:innen schon lange genug gewartet hätten, sondern auch im Hinblick auf das städtische Netto-Null-Ziel.

Die Velovorzugsroute Höngg sei nicht die erste Route gewesen, merkt Simone Brander an: So sei zum Beispiel im Herbst 2020 Etappe 1 der Velovorzugsroute auf der Baslerstrasse umgesetzt worden. «Die Verkehrsvorschriften für die Velovorzugsroute von der Stadtgrenze bis zum Stadelhoferplatz auf der Mühlebachstrasse und der Zollikerstrasse wurden im Januar 2021 publiziert. Die Velovorzugsroute Höngg wurde im Juni 2022 publiziert und öffentlich aufgelegt – gleichzeitig mit den Velovorzugsrouten in Schwamendingen (Bahnhof Stettbach bis zum Schwamendingerplatz) und der Velovorzugsrouten Affoltern bis Oerlikon.» Gegen alle drei wurden Rechtsmittel ergriffen.

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