Unfallträchtige E-Bikes

510 Personen wurden im Kanton Zürich 2022 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt, 23 starben. 76 Prozent aller Schwerverletzten und Getöteten waren «ungeschützte Verkehrsteilnehmende» und 63 Prozent Zweiradlenkende, wobei vor allem die Unfälle mit E-Bikefahrer:innen stark zunahmen.

Die gemeinsame Medienorientierung der Verkehrsabteilungen des Kantons und der beiden Städte Winterthur und Zürich haben Tradition, ebenso die Differenzen. Während in den beiden Städten kein einziger Automobilist ums Leben kam, verunfallten auf den Strassen des übrigen Kantons 8 Personen in einem Auto, dafür nur ein Fussgänger. In der Stadt Zürich verstarben hingegen 7 Fussgänger:innen, während in Winterthur 2022 erstmals seit 2014 kein einziges Verkehrsopfer zu beklagen war.

Obwohl 2022 drei Verkehrstote mehr als im Vorjahr zu registrieren waren, kann man nicht von einer Trendwende sprechen. Es handelt sich – wenn man das so sagen darf – eher um einen statistischen Zufall, genauso wie der Fakt, dass im letzten Jahr drei Tote weniger als im Schnitt der letzten fünf Jahre zu registrieren waren. Kein Zufall ist allerdings die sehr gute Entwicklung seit 1971, als noch 260 Personen im Verkehr umkamen. Diese Zahlen nahmen, so Thomas Isler von der Kantonspolizei, dank vieler Massnahmen so stark ab, unter anderem wegen der verschiedenen Geschwindigkeitsbeschränkungen, wegen des Alkoholgrenzwertes, der Helmtragpflicht für Motorräder und der Gurtenpflicht. Dazu kommt, dass viele Velofahrer:innen einen Helm tragen, und unerwähnt: Der Panzer der immer schwerer werdenden Autos gefährdet zwar die Teilnehmer:innen am Langsamverkehr, schützt aber die Automobilist:innen vor dem Schlimmsten.

Insgesamt mehr Unfälle

Insgesamt nahm die Zahl der registrierten Unfälle im Kanton Zürich um 3 Prozent auf 16 457 zu, was der Zunahme der Bevölkerung und der Fahrzeuge entspricht. Bei 12 392 der gemeldeten Unfälle entstand nur Sachschaden, bei 3667 Unfällen kam es zu Personenschäden, was einem Plus von 7 Prozent gegenüber dem Schnitt der letzten 5 Jahre bedeutet. Die Anzahl der Schwerverletzten nahm mit 510 deutlich um 13 Prozent ab.

Ein Viertel der Unfälle, so Thomas Iseli, ist auf eine Ablenkung zurückzuführen, also etwa auf folgende Klassiker: Der Automobilist stellt während der Fahrt das Radio neu ein oder bedient sein Smartphone, während die Velofahrerin freihändig telefonierend das Loch in der Strasse übersieht. Typisch für die Ablenkungsunfälle: Sie ereignen sich meist bei schönem Wetter und trockenen Strassen, tagsüber bei mässigem Verkehr, also immer dann, wenn mann und frau meinen, es gehe auch mit halber Aufmerksamkeit. Die drei Polizeikorps bereiten einen Schwerpunkt gegen dieses Aufmerksamkeitsdefizit vor. Einerseits mit Präventionskampagnen, anderseits aber auch durch Kontrollen und Bussen.

Unerfreulicher Trend

Der Trend, dass die Zahl der verunfallten Velofahrer:innen zunimmt, setzt sich auch 2022 fort. Das geht vor allem aus den Zahlen der Stadt Zürich hervor, die Wernher Brucks präsentierte. Verunfallten 2013 noch knapp 300 Velofahrer:innen, waren es letztes Jahr 625. Was vor allem gegenüber 2021 eine Zunahme von 135 Verunfallten bedeutet. Mit den herkömmlichen Velos verunfallten allerdings 2020 sogar mehr als 2022 (481 gegen 448). Die rasante Zunahme erfolgte vor allem bei den E-Bikefahrer:innen; hier kam es  zu 177 Unfällen. Diese Tendenz ist in Winterthur, wie Christian Götz erläuterte, noch deutlicher: Während die Anzahl der Fahrradunfälle mit gut 100 leicht sank, nahm jene mit Bikes auf gut 80 zu. Die Anzahl der schwerverletzten Velofahrer:innen war mit 7 in Winterthur erfreulich tief, wobei mit 8 sogar mehr E-Bikefahrer:innen schwer verunfallten. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. In erster Linie kamen die E-Bikes in den letzten Jahren zahlenmässig enorm auf (sie wurden auch deutlich günstiger) und zweitens kann man mit dem E-Bike leicht etwas schneller fahren, als man eigentlich beherrscht. Von den E-Bike-Unfällen in Winterthur waren gut die Hälfte Schleuder- oder Selbstunfälle. Wobei vor allem diese Unfälle auch entstehen können, wenn andere Verkehrsteilnehmer:innen im Weg stehen.

In der Stadt Zürich soll es einerseits mit den Velowegen nun vorwärts gehen. Anderseits versucht die Polizei die Sicherheit an den Kreuzungen zu erhöhen, indem der Vorfahrstreifen für die Veofahrer:innen vergrössert wird und indem die Lichtsignale für die Velos früher auf Grün schalten und so das Wegabklemmen für die Automobilist:innen erschweren. Deutlich nahmen die Unfälle mit E-Trottis zu, auf nunmehr 137. Davon sind die Hälfte Solostürze und die andere Hälfte Kollisionen. Ein Letztes, das ja gerade in der Stadt Zürich recht emotional ist: Die Anzahl der verunfallten Kinder nahm mit 88 leicht zu, davon verunglückten 25 auf dem Schulweg.

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