Umtriebiger Nager bereitet nicht nur Freude

Der Biber übernimmt als Landschaftsgestalter Aufgaben, die vielen Tier- und Pflanzenarten in unseren Gewässern nutzen. Susanna Meyer, Projektleiterin Schutzgebiete bei Pro Natura, und Philip Taxböck, Projektleiter Ostschweiz Pro Natura, im Gespräch mit Angela Bernetta über einen umtriebigen Zeitgenossen, der nicht nur auf Begeisterung stösst.

Wieso setzt sich Pro Natura mit verschiedenen Aktionen für den Biber ein?

Susanna Meyer (S. M.): Pro Natura setzt sich mit ihren Aktionen für alle Gewässer und ihre Bewohner ein. Der Biber ist einer unserer Botschafter für Gewässerlebensräume. Als Landschaftsgestalter nimmt er eine wichtige Rolle im Ökosystem ein. Dank ihm profitieren viele Tier- und Pflanzenarten unserer Gewässer.

Wie viele Biber leben in der Schweiz beziehungsweise im Kanton Zürich, und nimmt der Bestand eher zu oder ab?

S. M.: Schweizweit wurde der Biberbestand 2019 auf 3500 Individuen geschätzt. Der Bestand nahm wahrscheinlich in den letzten Jahren weiter zu. 2022 wurde eine nationale Biberbestandserhebung durchgeführt, koordiniert durch die nationale Biberfachstelle. Die Resultate dazu liegen noch nicht vor.

Philip Taxböck (P. T.): Im Winter 2019/20 zählte man im Kanton Zürich 480 Biber. Heute dürfte der Bestand etwa bei 500 liegen.

Wo fühlen sich die Nager im Kanton Zürich besonders wohl?

P. T.: Die meisten Biber siedeln im Unterland an Bächen und Flüssen. Vereinzelt wurden sie am Pfäffiker- oder Zürichsee, nahe der Sihl oder etwa auf der Zürcher Werdinsel am Stadtausgang gesichtet. Dort leben mehrere Individuen.

Wie wohl fühlt sich der Biber in der Stadt oder Stadtnähe, und wie richtet er sich ein?

P. T.: Der Nager baut seine Erdbauten entlang des Ufers, wobei der Baueingang immer unter Wasser liegt. So schützt er sich und die Seinen vor Fressfeinden. Entlang der Limmat und Sihl ist die Wassertiefe dafür ausreichend, und es gibt genügend Nahrung. Biber sind Vegetarier und ernähren sich vor allem von Gehölzrinde, welche auf der Werdinsel und beim Sihlhölzli reichlich vorhanden ist. 

Welche Schäden richten Biber an?

PT: In der Stadt Zürich und in Stadtnähe dürften die Biber ausreichend mit Nahrung versorgt sein und genug Platz haben, sodass sie niemandem in die Quere kommen. Obwohl der Nager nachtaktiv und eher menschenscheu ist, sollten Hundehalter:innen bei Sichtung ihren Vierbeiner vorsorglich an die Leine nehmen. Fühlt sich der Biber bedroht, wehrt er sich. 

S. M.: Zwischen Landwirtschaft und Biber­lebensraum kann es zu Nutzungskonflikten kommen, insbesondere dort, wo unseren Fliessgewässern nicht genügend Raum gegeben wird. Liegt der Eingangsbereich des Biberbaus nicht mehr unter Wasser, staut dieser zum Schutz das Gewässer, indem er einen Damm baut. Dies kann zu Vernässungen von Äckern und Wiesen führen. Weitere Biberschäden sind Frassschäden an Zuckerrüben oder Einbrüche von Wegen, die direkt entlang von Gewässern führen, wo der Biber seine Erdbauten angelegt hat.

Inwieweit sind Biber hierzulande geschützt, will heissen, dürfen die Nager gejagt und deren Biberdämme und -bauten zerstört werden?

S. M.: Der Biber ist seit 1962 bundesrechtlich geschützt. Sein Lebensraum ist ebenfalls geschützt.

Was kann ein friedliches Zusammenleben fördern?

Wenn die verschiedenen Akteure den Gewässern endlich den nötigen Raum zugestehen, kann es ein friedliches Miteinander geben. Konflikte entstehen in der Regel dort, wo man die Gewässerbreite stark reduziert hat und die Menschen das Land etwa für Landwirtschaft, Forst, Siedlung und Verkehrsachsen bis direkt ans Wasser nutzen. Wir sind überzeugt, dass mit der Ausscheidung und Umsetzung des Gewässerraums gemäss der revidierten Gewässerschutzgesetzgebung viele Konflikte gar nicht mehr entstehen.

Gewässerlebensräume aufwerten

Nach der Ausrottung des Bibers Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in der Schweiz zwischen 1958 und 1977 an mehreren Standorten 141 Tiere ausgesetzt. Vor 17 Jahren startete Pro Natura die Aktion «Hallo Biber». 2018 lancierte sie die «Aktion Biber & Co.» Diese Aktionen sorgen dafür, dass Auen und Fliessgewässer renaturiert, Feuchtgebiete aufgewertet und neue Tümpel, Teiche oder Feuchtwiesen angelegt werden. Der Biber ist einer der Botschafter für lebendige Gewässerlebensräume und schafft mit seinen Stau- und Grabarbeiten besonders vielfältige Lebensräume. Nicht nur für sich, sondern auch für Eisvögel und Libellen, Sanddorn oder Weidenröschen. Seit 2011 nimmt Pro Natura am «Biberfrühling» teil und bietet Exkursionen zum Kennenlernen von Biberlebensräumen, dem Entdecken von Biberspuren und Einblick in das Leben der jeweils lokalen Biberfamilie an. net.

Weitere Informationen zu den Aktionen rund um den Biber: www.pronatura.ch/aktion-biber-co

Dieser Artikel, die Honorare und Löhne unserer MitarbeiterInnen, unsere IT-Infrastruktur, Recherchen und andere Investitionen kosten viel Geld. Unterstützen Sie die Arbeit des P.S mit einem Abo oder einer Spende – bequem via Twint oder Kreditkarte.