- Im Kino
Scheitern
Gemeinschaftlich ausdiskutierte Konsensfindung, ein grenzenloser Freiheitsbegriff, der auch das Sexuelle mitmeint, und das Etablieren einer alternativen Wertehaltung zum Besitz waren nur drei der vielen hehren Ideale, mit der eine bunte Truppe Mitte der 1970er-Jahre die Kommune im schwedischen Juhee bezog, der Lukas Moodysson mit «Together» zur Jahrtausendwende ein liebevoll komisches Filmdenkmal setzte. Jetzt schaut er mit «Together 99» auf eine erneute Zusammenkunft der meisten damaligen Bewohner:innen ein Vierteljahrhundert später und liefert damit zugleich den Subtext für ein heutiges Verstehen, nochmals 25 Jahre später, einer angeblichen Erschwernis ebendieser Generation, die aktuellen revolutionären Ansätze für ein egalitäres Zusammenleben als solche anzuerkennen und wertzuschätzen. Analog zu Uta Köbernicks satirischem Lied «Wenn das Scheitern nicht wär» ist unisono sämtlichen hier auftretenden Figuren nur allzuschmerzlich bewusst (geworden), wie sehr sich die meisten schleichend oder galoppierend von ihrem damaligen Ideal entfremdet haben und/oder wie stark ihr damaliges Wünschen bereits eine annähernde Beschönigung der Umstände und eigenen Möglichkeiten war. Zuvorderst in den Hintergrund getreten ist der ursprünglich als zentral wahrgenommene Gemeinsinn, auf die Spitze getrieben durch ein umweltgiftaffines Paar, das auf dem Absatz kehrt macht. Aber auch die leicht abgemilderte Form einer erlebbaren Diskrepanz zwischen Ideal und Wirklichkeit im Angesicht der eigenen wie der allgemeinen Entwicklung, etwa eine nicht verarbeitete unerfüllte Sehnsucht von dannzumal oder eine intrinsische Tendenz zum Herrischen, die sich heute einfach sehr viel plastischer als regelrecht asoziales Verhalten äussert, zeugen von einer nur mässig verbreiteten Befähigung zu einer achtsam-kritischen Selbstspiegelung. Ob indes das Pläne schmieden oder das darüber Versagen das eigentliche Problem darstellt, steht hier schön infrage.
«Together 99» spielt im Kino RiffRaff.