Operationen

Golda Meir (Hellen Mirren) kämpft in «Golda» gegen den Krebs im Inneren und die arabischen Angreifer währen des Jom-Kippur-Krieges im Äusseren. 

In Luftaufnahmen von Panzerbataillonen unter Beschuss und der mikroskopischen Beobachtung von Zellwucherungen findet der Regisseur Guy Nattiv zwei bildliche und vor allem auch symbolische Parallelen, entlang derer er die drei Wochen der militärischen und diplomatischen Balanceakte rekonstruiert. Teils übersteuert er diese optischen Effekte mit einer inhaltlichen Überdramatisierung, aber das sind Einzelmomente. Die Klammererzählung zeigt die Premierministerin vor einem juristischen Untersuchungsausschuss, vor dem sie ihre Befehle, insbesondere die vielen Toten in der Folge des Krieges, rechtfertigen muss. Dieser deutliche Hinweis auf eine funktionierende Gewaltenteilung im noch sehr jungen Staat, der von seinen arabischen Nachbarn noch immer als «zionistisches Gebilde» gehandelt wird, also nicht als Staat anerkannt ist, verweist recht deutlich in Richtung der aktuellen Lage, wo dieses Fundament zerstört zu werden droht. Zur Hauptsache ist «Golda» aus der Feder von Nicholas Martin («Florence Foster Jenkins») ein Kammerspiel im Machtpoker. Nach dem Sieg während des Sechstagekrieges reklamierte Israel den Sinai im Süden und den Golan im Norden als eigenes Territorium. Die politische Grosswetterlage war 1973 dominiert vom Kalten Krieg zwischen Nixon und Chruschtschow sowie der von Saudi-Arabien befeuerten Ölkrise. Mitten ins Stimmengewirr der diversen Ansichten, Pläne und interessengetriebenen Beratschlagungen von Männern aus den Geheimdiensten, dem Verteidigungsministerium, der Armeeführung und Offiziershardlinern ruft Golda Meir einmal beinahe verzweifelt, «ich bin immer noch Politikerin», was in diesem Moment soviel meint wie, dass sie das grosse Ganze und nicht die einzelne Schlacht zu überblicken verpflichtet ist. Das Land befindet sich im Klammergriff zweier übermächtiger Armeen und dies offenbar ohne verlässliche vorherige Warnung durch die Innen- oder Aussengeheimdienste. Die Premierministerin hatte zwar ein Bauchgefühl, stiess dies jedoch beiseite, denn so eine Generalmobilmachung, gerade am höchsten Feiertag überhaupt, befiehlt niemand leichtfertig. Und Golda Meir ist davon überzeugt, dass diesem Konflikt allein militärisch nicht beizukommen ist. Diplomatisch erpresst sie den US-amerikanischen Aussenminister Henry Kissinger (Liev Schreiber), sein ganzes Gewicht bei Assad (Senior) und Sadat in die Waagschale zu werfen, was dieser lange aus Furcht vor einer Einmischung der Sowjetunion verweigert. «Golda» vermengt Emotionalisierung mit kühler Machttaktik. froh.

«Golda» spielt im Kino Houdini.

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