Ohne Park keine Wirtschaft?

Den kantonalen Gestaltungsplan für den Innovationspark auf dem Areal des Flugplatzes Dübendorf hat das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 8. Juli aufgehoben. Dieses Urteil zieht der Regierungsrat nun weiter ans Bundesgericht. Das war zu erwarten: Im Urteil heisst es, dass die Festsetzung des kantonalen Gestaltungsplans Innovationspark Zürich «unzulässig und mit dem kantonalen Recht nicht vereinbar» sei. Dies unter anderem, weil man mit dem Instrument eines Gestaltungsplans keine Bauzone «der vorgesehenen Art und Grösse» in der kantonalen Landwirtschaftszone schaffen könne.

 

Dass es um viel geht, zeigte sich an der Medienorientierung vom Mittwochnachmittag: Regierungspräsidentin und Bildungsdirektorin Silvia Steiner, Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh und Baudirektor Martin Neukom traten gemeinsam auf und betonten, die Regierung stehe «voll und ganz» hinter dem Innovationspark. Dort sollen dereinst Hochschulinstitute Seite an Seite mit innovativen Firmen forschen und «innovative und zugleich marktfähige» Produkte entwickeln. Hörte man Carmen Walker Späh zu, dann hängt vom Gelingen dieses Projekts mehr oder weniger das Überleben der Zürcher Wirtschaft ab… Einfach das Bundesgerichtsurteil abzuwarten, ist für das Trio denn auch keine Option. Also musste ein Plan B her – oder besser gleich eine «Gesamtschau». Dazu wird eine Task-Force gegründet, die bis im ersten Quartal 2021 Zeit bekommt, um einen Synthesebericht zu erarbeiten.

 

Doch es geht auch auf einer zweiten Schiene nicht weiter: Ende November 2019 hat der Bund mitgeteilt, dass neue Fragen im Zusammenhang mit der Umnutzung des Militärflugplatzes Dübendorf in ein ziviles Flugfeld aufgetaucht seien, die man in der Projektplanung im Jahr 2013 nicht berücksichtigt habe. In der neusten Vorlage zum Flugplatzareal Dübendorf, die der Regierungsrat am Mittwoch zuhanden des Kantonsrats verabschiedet hat, heisst es dazu, dass zum einen «aus Sicherheitsgründen ein grösserer Koordinationsbedarf mit dem Flughafen Zürich» besteht, als ursprünglich angenommen wurde. Zum anderen «würden Grundstücke derart tief überflogen, dass die Eigentümerrechte der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer entgegen den bisherigen Planungen allenfalls beschränkt werden müssten, was ohne Konzession nur einvernehmlich möglich ist».

 

Es liegt in der Kompetenz des Bundes, die künftige aviatische Nutzung des Flugplatzes Dübendorf festzulegen. Carmen Walker Späh betonte, dass der Regierungsrat dessen Entscheid unterstützt, einen Teil des Areals für zivile Flüge zu nutzen. Er hat aber auch Vorbehalte, was die Menge betrifft: «Mit der aktuellen Krise hat sich die Frage nach dem Bedarf akzentuiert», sagte Carmen Walker Späh und fügte an, die Regierung habe den Bund deshalb eingeladen, sich am Synthesebericht zu beteiligen. Weiter sei die «aktive Mitwirkung des Kantons Zürich und der drei betroffenen Gemeinden Dübendorf, Wangen-Brüttisellen und Volketswil» erforderlich, um eine «trag- und zukunftsfähige Lösung» zu finden, betonte sie. Kurz: Die Regierung strebt auf dem Flugplatzareal Dübendorf nach wie vor eine Dreifachnutzung an, nämlich militärisch, zivilaviatisch sowie als Innovationspark. Die Volkswirtschaftsdirektorin ist sich bewusst, dass die Zivilfliegerei zurzeit weniger gefragt ist als auch schon. Umgekehrt glaubt sie, dass das Vorhandensein einer Piste möglicherweise zu einem gefragten «Alleinstellungsmerkmal» des künftigen Innovationsparks werden könnte.

 

Parallel zum Weiterzug des Verwaltungsgerichtsurteils leitet der Regierungsrat nun eine Teilrevision des kantonalen Richtplans ein, auf dessen Basis sodann eine Revision der kommunalen Bau- und Zonenordnungen der Standortgemeinden Dübendorf und Wangen-Brüttisellen in Angriff genommen werden kann. Baudirektor Neukom fügte an, «wir bauen hier kein Einfamilienhaus», sprich, bei einem Projekt von dieser Grösse und Einmaligkeit könne es passieren, dass ein Gericht zu einer anderen Einschätzung komme. Er erinnerte auch daran, dass Anpassungen am kantonalen Richtplan öffentlich aufgelegt und schliesslich vom Kantonsrat festgesetzt werden, und wenn die Gemeinden ihre Bau- und Zonenordnungen revidieren und festsetzen, sind kommunale Volksabstimmungen möglich. Neukom betonte weiter, man müsse keineswegs auf Feld 1 zurück, sondern habe schon viel Arbeit geleistet.

 

Die SP Dübendorf hält in ihrer Medienmitteilung fest, sie habe sich immer für den Innovationspark ausgesprochen – doch er soll auch der lokalen Bevölkerung zugute kommen. Ein Zivilflugplatz Dübendorf ist aus Sicht der SP nicht mit dem Innovationspark vereinbar. Im Entscheid des Verwaltungsgerichts sieht sie «auch eine Chance, das Projekt noch einmal auf seine Nachhaltigkeit zu überprüfen» – Stichworte dazu sind etwa günstiger Wohnraum für die durch den Innovationspark noch schneller wachsende Bevölkerung oder das Lösen der Verkehrsprobleme. Das «Ansinnen eines Zivilflugplatzes als Erweiterung des Flughafens Kloten, wie es dem Bund und der Wirtschaft vorschwebt», werde hingegen «je länger je mehr undenkbar und irreal». Die Grünen des Kantons Zürich teilen mit, es sei «Zeit für eine nachhaltige Neuausrichtung». Die Zürcher Regierung tue gut daran, «das Demokratiedefizit bei der Planung des Innovationsparks zu beheben». Den Weiterzug ans Bundesgericht finden die Grünen «unverständlich», und sie verlangen, dass sich der Innovationspark «nicht auf den Flugbetrieb ausrichtet, sondern «auf Innovation im Bereich Nachhaltigkeit». Die FDP «setzt sich weiterhin mit Weitblick und Beharrlichkeit für den Innovationspark Zürich ein», und die SVP sieht ein neues «Verwaltungsmonster». Für den Lacher des Tages sorgen die Grünliberalen, die unter dem Titel «Vorwärts für Forschung und Wirtschaft» unter anderem festhalten, «eine Task Force soll gegründet und alle Steakholder abgeholt werden». Nie hungrig Medienmitteilungen verfassen, kann man da nur sagen…

 

Ernsthaft: Sind dem Wirtschaftsstandort Zürich wirklich Singapur und Israel dicht auf den Fersen, wie Carmen Walker Späh sagte? Gehen wir unter, wenn in Dübendorf nicht bald ebenso «innovative» wie «marktfähige» Produkte hergestellt werden können? Brauchen wir Privatjets in Dübendorf? Ich weiss es auch nicht. Aber ich finde es schade, dass beispielsweise über eine riesige, grüne Freifläche à la Tempelhofer Feld in Berlin, über etwas, was nicht in erster Linie «der Wirtschaft» nützt, sondern den Menschen und der Natur, auch in Zeiten der streikenden Klimajugend nicht einmal nachgedacht wird.

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