Mattscheibe

Am Donnerstag ist die Frist zur Vernehmlassung der geplanten Gebührensenkung für die SRG abgelaufen. Die Gebührensenkung ist die Antwort des Bundesrats auf die sogenannte Halbierungsinitiative. Diese will – wie der Name sagt – die Gebühren für die SRG halbieren. Der Bundesrat – angeführt von Mitinitiant Albert Rösti – findet diese Initiative zu radikal und glaubt, dass sie weitreichende Folgen auf das publizistische Angebot und die regionale Verankerung haben würde. Nun findet Bundesrat Rösti aber trotzdem, dass es für die SRG ein bitzeli weniger sein soll. So sollen die Radio- und Fernsehverordnung so geändert werden, dass die Abgabe von heute 335 Franken für Haushalte in zwei Etappen bis 2029 auf 300 Franken pro Jahr gesenkt würde. Zudem will der Bundesrat .Unternehmen mit einem mehrwertsteuerpflichtigen Jahresumsatz von bis zu 1,2 Millionen Franken neu von der Abgabepflicht befreien; zurzeit liegt diese Befreiungsgrenze bei 500 000 Franken. Das Perfide an der Geschichte: Die Verordnungsanpassung kann der Bundesrat in eigener Kompetenz vollziehen – weder Parlament noch Bevölkerung haben dazu etwas zu sagen. Nun ist durchaus denkbar, dass der Bundesrat auf die Übung verzichtet, wenn die Vernehmlassung mehrheitlich sehr negativ ausfällt. Sicher ist es allerdings nicht. 

Das zweite Problem an der Geschichte: Man kürzt der SRG das Geld, aber gibt nur vage Angaben, was das bedeuten soll. Die SRG rechnet in ihrer Vernehmlassung vor, was die Gebührensenkung zur Folge haben wird: Der SRG würden bis zu 240 Millionen fehlen: «Insgesamt würde damit ein stufenweiser Abbau ab 2027 von etwa 900 SRG-Stellen in allen Regionen drohen. Demgegenüber gilt die SRG-Konzession bis 2028 unverändert und definiert den Leistungsauftrag.» Sprich: Das Geld wird gekürzt, der Auftrag bleibt gleich. Diese Aussagen ärgern natürlich Rösti, am ‹Tages-Anzeiger›-Meeting nannte er sie «gar nicht geschickt». Schliesslich gehe es darum, die Halbierungsinitiative zu verhindern. Eine Ablehnung würde die SRG stärken, so Rösti: «Aber wenn die SRG jetzt kommt und sagt: ‹Wir können gar nichts machen›, dann kann ich keine Verantwortung übernehmen.» Nun ist die SRG tatsächlich nicht immer geschickt, wenn es darum geht, sich politisch zu positionieren. In der Sache hat die SRG jetzt allerdings recht. Eine zehnprozentige Kürzung geht nun mal nicht ohne Abbau. 

Albert Rösti will, dass sich die SRG künftig mehr auf ihre Kernaufgaben im audiovisuellen Bereich beschränkt, insbesondere online. Damit nimmt er eine Kritik auf, die seitens des Verlegerverbandes immer wieder geäussert wurde: Nämlich, dass das Angebot der SRG die Bemühungen der privaten Verleger im Online-Bereich konkurrenziere, wenn nicht gar gefährde. Auf den ersten Blick scheint das nicht unplausibel: Warum soll jemand für ein Digital-Abo eines Mediums zahlen, wenn er das Gleiche auch gratis bei der SRG kriegt? 

Nur empirisch lässt sich diese Vermutung nicht belegen. Im Gegenteil: Viele europäische Studien sehen eher einen positiven Effekt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf private Medien, wie dies Nik Lüthi in der mittlerweile leider eingegangenen ‹Medienwoche› ausgeführt hat. Die Studien zeigen auf, dass die Zahlungsbereitschaft in Ländern mit einem starken öffentlichen Rundfunk eher grösser ist als in anderen Ländern. Eine andere Studie hat diese Frage jüngst für Österreich simuliert. Die Studienautoren Christian Zabel, Daniel O’Brian und Frank Lobigs kommen zum Schluss, dass vor allem die grossen Internet-Intermediäre von einer Totalabschaltung des ORFs profitieren würden. 

Den meisten privaten Medien geht es tatsächlich schlecht und die Zukunft sieht düster aus (auch fürs PS…). Das Internet hat die Nutzungsgewohnheiten massiv verändert. Zudem haben sich Werbeeinnahmen von den Medien zu den grossen Internetfirmen verlagert. Dazu kommen eine Reihe von hausgemachten Fehlern. Lange Zeit haben die Medien selber ihren Inhalt gratis verscherbelt sowohl online wie auch in Form von Gratismedien. Das ging so lange gut, als auch die Werbeeinnahmen sprudelten. Die sind jetzt weg und nun haben sich ganze Generationen an Gratis-Inhalt gewöhnt. Diese wieder zum Zahlen zu bewegen, gelingt nur schwerlich. Zudem wurden auch einige Medienunternehmen – vor allem in den USA, aber auch hierzulande – von Investor:innen ausgeweidet und ausgepresst, indem beispielsweise Immobilien und Druckereien verscherbelt wurden. In den Journalismus wurde immer weniger investiert. Dem Journalismus wurde auch die Quersubventionierung abgestellt. Früher bezahlte der Stellenanzeiger und der Wohnungsmarkt den journalistischen Inhalt. Heute gehören der Stellenanzeiger und der Wohnungsmarkt im digitalen Bereich zwar immer noch zu einem grossen Teil den Medienunternehmen, aber der Journalismus wird damit nicht mehr finanziert. Das wäre nicht zwingend, erhöht halt aber die Rendite. Die gilt aber nur für die grossen Unternehmen wie die TX Group und nicht für die kleinen und mittleren Verlage, deren Werbeeinnahmen tatsächlich eingebrochen sind.

Die Nutzungsverhaltensänderung durch das Internet wäre allerdings für die Medien auch gravierend, wenn man alles richtig gemacht hätte. Denn es hat die Art und Weise, wie, ob und in welcher Form Menschen Inhalte konsumieren grundlegend geändert. Der Aufstieg der Suchmaschinen und der Sozialen Medien haben dazu geführt, dass immer mehr Menschen via Soziale Medien oder durch Google auf die Newsportale gelangen. Damit haben die Medien zuerst grosse Reichweiten erzielen können, aber das hat sich mittlerweile geändert, weil die Sozialen Medien diese Inhalte viel weniger anzeigen. Dies zu einem gewissen Grad als Reaktion auf die Vorwürfe im Nachgang der US-Wahlen 2016, wonach die Sozialen Medien zur Polarisierung beitragen. Zum anderen ganz banal, weil es im Interesse der Sozialen Medien selbst ist, dass die Benutzer:innen im Sozialen Netzwerk selbst bleiben und nicht auf eine externe Seite geleitet werden. Dazu kommt, dass immer mehr Inhalte mit algorithmischen Empfehlungsmodellen funktionieren, die einem weitere (ähnliche) Inhalte vorschlagen. Die kuratorische Leistung der Einordnung wird also jetzt vom Algorithmus und nicht von einer Redaktion geleistet. Wer braucht noch eine Filmbesprechung oder eine Albumkritik, wenn mir Netflix und Spotify doch einfach vorschlagen, was ich sehen oder hören soll. Wenn dann noch die Texte in den Medien durch künstliche Intelligenz geschrieben werden, schliesst sich der Kreis. 

Problem und Lösung sind komplex. Eines scheint aber klar: Wenn wir der Meinung sind, dass Journalismus wichtig ist für die Demokratie – und auch dazu gibt es etliche Studien – dann bleibt die öffentliche Finanzierung und damit auch der Service public die einzige Garantin für ein wenigstens halbwegs funktionierendes Informationsangebot. Eine Kürzung – und sei es ‹nur› die von Rösti vorgeschlagene Kürzung – bringt hier keine Abhilfe, sondern verschärft nur das Problem.   

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