Kunst von allen für alle, jahrein jahraus, drinnen wie draussen

Das Art Dock beim Zürcher Hardplatz ist die zeitgemässe Plattform aller Künstlerinnen und Künstler und für uns alle, die Kunst gerne haben. Sein Problem: Von Luft und Liebe allein kann es nicht leben.

Das Art Dock in einer der letzten, extra dafür stehengelassenen Hallen des ehemaligen Güterbahnhofs richtet sich an alle, die Kunst machen und Freude an Kunst haben. Eines jedoch hat es mit anderen Kunstorten gemein: Sein Betrieb kostet auch Geld. Gleichzeitig sieht sich das Art Dock als das, was sich nach der Verabschiedung von der staatlich dirigierten Kunst in Paris – und danach weltweit – durchsetzte, nämlich «Les Salons des Indépendents»: Gegenpole, die sich die wilde Freiheit herausnehmen, nach eigenen Vorstellungen Kunst zu zeigen und Veranstaltungen zu organisieren und dies, dank grossem Enthusiasmus und viel Freiwilligeneinsatz, aber auch deshalb bewältigen können, weil sie genau für diese Qualitäten städtische oder staatliche Zustüpfe erhalten. So jedenfalls laufe es in Kunststädten weltweit, erklärt Ralph Bänziger vom Art Dock.

Überlange (Erfolgs-)Geschichte

Aber Zürich tut sich schwer mit seinem «notwendigen Gegenpol»: Letzte Woche hat der Gemeinderat zwar 100 000 Franken fürs Art Dock ins Budget 2024 aufgenommen. Schon vor einem Jahr habe das Parlament denselben «bescheidenen Betriebsbeitrag» ins Budget 2023 eingestellt, doch dieser sei bis jetzt nicht ausbezahlt worden, sagt Ralph Bänziger. Der Grund dafür sei «pure Bürokratie»: Es reicht nicht, einen Beitrag zugesprochen zu erhalten, sondern es gilt zusätzlich, ein Gesuch einzureichen. Das wiederum habe sich wegen Übernahme einer der beiden Kunsthallen durch den Zirkus und notwendiger Neuausrichtung von Art Dock verzögert, sagt er. Als es schliesslich geschafft war, kam die Rückmeldung von der Stadt, in der es unter anderem heisst, das Gesuch sei «nicht richtig dokumentiert».

Ralph Bänziger widerspricht: «Es liegt in der Natur unserer mehr als überlangen (Erfolgs-)Geschichte von Anfang 2002 bis heute, in der wir aus eigenem Antrieb vier komplette Oeuvres retteten und pflegten, über 20 Jahre hinweg aberhunderte Künstler:innen-Positionen auf eigene Kosten ausstellten und uns zur heute kaum noch wegdenkbaren, weil permanenten Plateforme des Beaux-Arts Zurichoise entwickelten, dass wir als veritable lndépéndants vieles anders mach(t)en, weiteres anders sehen und manches anders gewichten.» Das Fest zum 20-Jahre-Jubiläum fand übrigens im vergangenen März mit viel Publikum statt (siehe P.S. vom 24. März).

Was der Gegenpol will

«Wie alle anderen zeitgemässen Plattformen weltweit will Art Dock immer voll präsent sein, will offener Ankerplatz für alle Kunstschaffenden aller Generationen sein, will auch Kunstforum und Treffpunkt für alle sein, will die Bildende Kunst wieder in unsere Mitte und in aller Alltag stellen, will starke Gegenkraft zu den kaum noch wahrnehmbaren städtischen Kunstszenerien» sein, erklärt Bänziger: «Es bleibt zu hoffen, dass Zürich seinen Gegenpol als bereichernden Schmelztiegel anerkennt und angemessen alimentiert, wie es uns andere Kunststädte vorleben.»

Indoors & Outdoors

Nachdem der Zirkus eine der beiden Kunsthallen bekam, muss sich Art Dock nun, einmal mehr, neu erfinden: In der Oblichthalle bietet es den Zürcher Künstler:innen seine permanente Plattform, auf der diese in Impuls-Expos alle zwei bis drei Jahre einmal extensiv ausstellen, dazu die Kunst-Meter-Kollektion mit 100 immer wechselnden Positionen, dazu die Oeuvres Demut-Müller. Bald soll es noch mehr zu sehen geben, so Bänzigers Hoffnung: «Underground» sollen die jungen Künstler:innen bald 1000 m2 grosse Kunst-Katakomben, «Outdoors» die Bildhauer:innen einen 500 m2 grossen Skulpturenhof bekommen. Art Dock bleibt ein offenes Haus für alle, die sich gerne ab und zu physisch treffen und nicht nur einsam in den Weiten des Web surfen, ein Haus, in dem es noch Bilder zum Beschauen, Skulpturen zum Anfassen und vieles zum Ausdiskutieren gibt.

Ist das etwa nicht mehr zeitgemäss? Oder ist es ein Weg in die Zukunft? Das kann das Publikum am besten beurteilen: Die grosse «Frauenpower»-Ausstellung vor ein paar Jahren jedenfalls war viel beachtet und sehr gut besucht. Wer sich ein eigenes Bild vom Art Dock machen möchte, findet weitere Infos und Öffnungszeiten unter www.artdock.ch, wo man im Menu affine Plattformen in NYC, Washington, Havanna anklicken kann.

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