Gesteigerter Abstraktionsgrad

Das aktuelle Stadtzürcher Kulturleitbild 2024 – 27 der Projektleiter:innen Ulrike Schröder und Damian Hohl ist das mit Abstand vagste seit das Präsidialdepartement 2003 gemeinderätlich dazu verpflichtet worden war, regelmässig solche Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten.

Viele der aktuell formulierten Pläne haben einen noch stärker allgemeinen Charakter von grundsätzlichen Absichten, als dies in den Vorgängerschriften schon immer der Fall war. Und weil ein Grossteil der aktuell nicht quantifizierbaren Parameter Räumlichkeiten betrifft, deren Bedarf/Ersatz teils erst noch in Abklärung ist, ein schon lange gesuchtes Objekt immer noch nicht gefunden ist oder deren bald auftretende Dringlichkeit zeitlich geballt eintreffen wird, ist nicht nur die Suche danach ein Fischen im Trüben, sondern insbesondere auch die daraus erwachsenden Kosten. Bestehende Grossbaustellen, etwa die Evaluation eines Globalbudgets Kulturförderung und neu aufgeschlagene, wie die Erarbeitung eines längerfristigen, auf zehn Jahre ausgerichteten Kulturförderkonzepts, sind nicht in Zahlen gefasst. Genauso wenig die erklärte Absicht, zu prüfen, ob die noch nicht einmal begonnen habende Konzeptförderung für Tanz und Theater respektive der gesamte Prozess allfällig auch auf andere Kunstsparten ausgeweitet werden will. Etliche laufende Evaluationen, etwa wie die, falls und wie Kinobetreitber:innen künftig gefördert werden könnten, und ob sich der Pilot der Nachfolge der «Tage für Neue Musik» als langfristig förderwürdig herausstellt, waren per Redaktionsschluss 22.4.23 noch nicht abgeschlossen, bleiben also offen. Nach den C-Jahren, den Kriegsfolgen inklusive Teuerung steht ohnehin grundsätzlich vieles in der Schwebe.

Übergangszeit

Erkannt worden ist (zum wiederholten Mal), dass die Arbeitsbedingungen im Kulturbereich (ausserhalb der Institutionen) nicht weiter in ihrer prekariatsgefährdenden bisherigen Form Bestand haben dürfen. Erkannt worden ist, dass die gesamtgesellschaftliche Thematik der Nachhaltigkeit auch auf die Kultur implementiert werden will. Erkannt worden ist, dass nicht nur in den Institutionen sondern insbesondere auch im Präsidialdepartement selbst die Kompetenz bezüglich kultureller Teilhabe erweitert werden muss. Erkannt worden ist, dass die Digitalisierung auch die Künste betrifft und diese unter Umständen oder sogar per se transdisziplinärer macht und die Art des Förderverständnisses verändert. Erkannt worden ist, dass die Bemühungen um Vereinfachung der Teilhabe auch von körperlich behinderten Personen dringend einer Intensivierung bedürfen. Und neu gedacht werden soll in der Förderung auch, also vonseiten Gesuchssteller:innen, dass der Bedarf über die reine Produktionsherstellung hinaus beantragt werden soll. Diese und weitere Absichten sind alle für sich komplett einleuchtend und logisch, nur sind die daraus erwachsenden Konsequenzen innerhalb dieses Strategiepapiers allerhöchstens sehr grob skizziert. Respektive werden sich während der Beschäftigung damit erst herausstellen. Insgesamt scheint dieses Kulturleitbild 2024 – 27 hauptsächlich eine Übergangsphase zu beschreiben, deren Parameter sich im Einzelnen erst konkretisieren müssen. Der Budgetbedarf für die Durchführung der beabsichtigten Massnahmen wird im Vergleich zu 2023 bis 2027 mit (jährlich steigend bis auf zuletzt) plus 6,5 Millionen Franken beziffert. Personalseitig wird ein Mehrbedarf an 190 Stellenprozenten unbefristet und 50 Prozent befristet auf die entsprechenden Jahre ausgewiesen.

Veränderungen

Eine der frappantesten Veränderung stellt die Einführung von zwei Werkjahren für Literatur von nicht Deutsch schreibenden Autor:innen sowie für Kinder-/Jugendliteratur oder Comics dar. Das Literaturfestival im Alten Botanischen Garten wird neu unterstützt. Im Bereich Theater sticht die Subventionserhöhung für das Theater Spektakel heraus, die ganze andere Umbauübung der Konzeptförderung war in diesen Spalten ausführlich Thema und wird in der Gemeinderatsdebatte wieder erscheinen und in ihren Konsequenzen/Erfahrungen noch zu reden geben. In der Bildenden Kunst werden die Beiträge für Einzelförderungen erhöht, und Off-Spaces erhalten eine Förderung. Zudem wird der Betriebsbeitrag für das Cabaret Voltaire ungefähr verdoppelt. Die Unjurierte Kunstausstellung wird erst wieder durchgeführt werden können, wenn die juristische Einsprache von Art-Dock behandelt sein wird. Im Film sollen Festivals und Vermittlung gestärkt werden (welche und im welchem Umfang ist offen) und der Betrag für das Experimentalfilmfestival VideoEx leicht erhöht werden. Im Bereich Jazz/Pop/Rock soll neu die Strukturförderung Einzug halten, was einer Erhöhung der Mittel bedarf. Und für die Transformationsprozesse von Institutionen bezüglich interner und externer Teilhabe steht ein jährliches Budget zur Unterstützung bereit.

www.stadt-zuerich.ch/kulturleitbild

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