Feine Ironie

Simon Enzler ist ein Meister darin, sein Publikum in Sicherheit zu wiegen, während er ihm zeitgleich die eigene Denkfaulheit respektive Bereitschaft zum inkonsequenten Handeln mit einem Lächeln um die Ohren haut.

 

Egal aus welcher Bubble sich jemand heraus getraut, für gewöhnlich ist das Überraschungsmoment während der Begegnung mit anderen Menschen vergleichsweise klein. Denn die da, die anderen, hadern genauso mit Theorie und Praxis, Plan und Wirklichkeit. Und diese Gemeinsamkeit ist der Nährstoff für Simon Enzlers neustes Programm «Brenzlig». Wie er sich aufregen kann! Etwa darüber, dass ein Nachbar im Hochsommer zur Unzeit und in viel zu grossem Ausmass seinen Rasen sprengt und dazu auch noch Hasen hält, die er noch nicht einmal isst und deren Durst im Sommer … Was ihn dazu anspornt, gleich generell über diesen Nachbarn herzuziehen, denn schliesslich gibts bei ausreichendem Willen zum Rundumnörgeln einen grossen Haufen an Vorwürfen, um sie ihm auf sein Grundstück zu kippen. Nur in Gedanken und Worten und nicht etwa in Gülle, versteht sich, denn er selbst hockt ja faul und bequem im Swimmingpool. Enzlers Kritikpunkte haben alle Hand und Fuss. Zu ihnen gehören die mitunter aktuell am drängendsten unter den Nägeln brennenden Themen. Je nach Wertehaltung kann sich das unterscheiden, was er immer mitberücksichtigt, indem er schlechterdings alle der bauchnabelzentrierten Kurzsicht bezichtigt, richtigerweise, überführt. Nur, plump wird er nie. Seine Medienkritik etwa dürfte reihum ebenso auf Missfallen stossen, wie sie bei Lichte betrachtet wiederum bei den allermeisten als listig-humorvolle Beschreibung eines einfach nicht ganz so zufriedenstellenden Zustandes verstanden wird und in seiner überraschend (un)weit hergeholten Art und Weise eben auch erfreut. Rhetorisch wäre Simon Enzler als Politiker eine Gefahr oder dann halt ein Superstar. Denn er schaffts bei jedem Thema, auch wenns einem ziemlich gegen den Strich gehen sollte, seine Ausführungen dermassen elegant in eine Quintessenz zu überführen, dass man ihm im Kern letztlich recht geben muss. Denn so brutal kompliziert ist ja so ein Leben auch nicht. Und wenns empathisch kritisch statt feindselig angeschaut wird, also eben auch weitestgehend ideologiefrei, wirds noch viel einfacher. Allein, dass sich jemand die Mühe machen muss, dies zu erkennen und das dann auch noch freimütig mit allen anderen zu teilen, wie das Simon Enzler macht, ist endloser Publikumszuspruch wert. Ganz augenscheinlich mag er seine eigene Spezies und lädt charmant zur Nachahmung, mit ausreichend Grosszügigkeit und Humor.

 

«Brenzlig», 8.12., Casinotheater, Winterthur.

 

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