Es schmerzt

Ich habe mir die ‹Arena› angeschaut letzten Freitag. Die hiess «Rassismus. Jetzt reden wir Schwarzen». Was ich gesehen habe, war allerdings etwas ganz anderes. 

Vorne im Ring, an den vier Stehpulten, dort also, wo in der Regel die wichtigen Politikerinnen und Politiker stehen, hatte es drei Weisse und einen schwarzen Gast. Hinten auf dem Bänkli, weniger wichtig, sassen zwei people of color, zwei weitere wurden zugeschaltet. 

 

Das Thema war auch nicht Rassismus, sondern die Frage, ob es ihn überhaupt gibt in der Schweiz. Andrea Geissbühler, SVP-Nationalrätin, negierte. Kein Rassismus. Nicht in den eigenen Reihen, nicht in der Polizei, bei der sie gearbeitet hat. Es sei eher Respektlosigkeit und Respekt könne man Kindern beibringen und dann sei gut. James Foley, Sprecher der Republican Overseas Switzerland, verteidigte wenig überraschend Donald Trump und brachte Zahlen und Statistiken durcheinander. Kiko, Comedian und der einzige nicht Weisse in der Runde vorne glänzte als Mann des eigenen Widerspruchs, fand, es gebe schon Rassismus, aber auch nicht. In dieser Runde kämpfte Samira Marti, Nationalrätin der SP, 85 Minuten lang um die Rückkehr zum eigentlichen Thema, um Inhalte, Sachlichkeit, Fakten, das grössere Ganze. Sie war grossartig, aber es half alles nichts.

 

Es ist klar, werdet ihr jetzt sagen, natürlich findet sie die einzige Linke dieser Sendung gut. Es ist klar, werdet ihr sagen, wir wissen ja, wo ihr Herz schlägt. Ja. Ja, sage ich, es schlägt da, wo auch der Schmerz sitzt. Der Schmerz über eine solche Sendung, die ja kein Zufallsprodukt ist, die nicht einfach so vom Himmel fiel, sondern das Ergebnis einer längeren Planung, einer tagelangen Vorbereitung durch eine Redaktion mit vielen Menschen. Es schmerzt zu sehen, dass sie es schliesslich ermöglicht haben, aus dem Thema Rassismus eine Pro- und Contra-Debatte zu machen. Wir kennen das, und ich bin müde, dass wir es kennen, und es schmerzt, dass es immer wieder passiert.

 

Betroffene müssen immer zuerst beweisen, dass sie betroffen sind, auch wenn die Fakten ihnen eindeutig recht geben. Die Diskriminierung, die sie erfahren, wird dadurch entwertet, oft auch lächerlich gemacht. Genau das haben wir erst vor Kurzem im Rahmen der Abstimmung über die Erweiterung der Anti-Rassismusstrafnorm um die sexuelle Orientierung gesehen (also bitte, darf ich denn keine Schwulenwitze mehr machen am Stammtisch, wir würden uns besser mal um die wirklichen Probleme kümmern) oder auch über Sexismus (also bitte, ich darf doch einer schönen Frau noch Komplimente machen, wir würden uns besser mal um die wirklichen Probleme kümmern). Nun sind wir beim Rassismus angekommen (also bitte, Mohrenkopf ist doch nicht rassistisch, wir würden uns besser mal um die wirklichen Probleme kümmern).

 

Dass die ‹Arena› diese Diskussion so zugelassen hat, schmerzt. Sie hat mehrheitlich die Falschen zu Wort kommen lassen, eine verkehrte Ausgangslage geschaffen und die falschen Fragen gestellt, sie hat keine Sendung ermöglicht, in der man einmal den Menschen hätte zuhören können, die wissen, wovon sie reden. Es schmerzt, dass ich zum Schluss die SVP-Nationalrätin aus der Sendung zitieren muss, die Folgendes in genau diesen Worten gesagt hat:„Ich wehre mich hier für die Polizisten. Ihr habt keine Ahnung. Ich bin 7 Jahre auf der Strasse gewesen und ich habe erlebt, was es bedeutet und ich möchte sagen, alle die, die noch nie auf der Polizeiseite gestanden sind, müssen sich gar nicht äussern.“

 

Ich lasse das einfach mal so stehen. 

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