Bedrohungslage

Herr, das Sommerloch war sehr gross. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass endlich mal diesen Wahlkampf los. – Gut, gibts da unseren Armeechef, der das Loch füllen half und, so wie der Bucheli von süttig vielen Grad am Schatten schwadronierte, ebenfalls mit hohen Zahlen um sich warf, wonach sich dann allerdings nur der Bucheli entschuldigte, warum auch immer. Allerdings: 13 Milliarden in fünf Jahren sind eigentlich ein Schnäppchen, wenn wir dafür die beste Armee der Welt bekommen, oder zumindest eine, die den Russen aufhalten und damit unseren Wohlstand «nicht nur ein paar Wochen» retten wird. Prognosen sind offenbar immer schwierig, vor allem wenn sie das Wetter und die Bedrohungslage betreffen.

Ich hab den Bericht des Armeechefs nicht gelesen, im Gegensatz zum letzten Sicherheitsbericht des Bundesrates, aus dem ich aber auch nicht schlau wurde. Was ich vorab nicht verstehe: Die Schweiz ist gänzlich umzingelt von Nato-Staaten. Der Russ’, so er denn bei uns einmarschieren möchte, muss zuerst da durch. Egal, ob zu Fuss oder in der Luft: Zuerst bekommt er Lämpe mit der Nato, lange bevor unsere Leoparden, Geparden, Tiger, Feldhamster oder wie sie alle heissen, zuschnappen. Und wie der Cyberbedrohung begegnet werden soll, wo wir das ja nicht mal in diesen Tagen hinkriegen, ist mir schleierhaft, auch wenn wir noch so viel Geld hineinbuttern. Apropos: Meine Adresse können Sie neuerdings im Darknet kaufen, wie mir meine Krankenkasse freundlich mitteilte, denn leider sei sie gehackt worden. Das sei jetzt wirklich saublöd gelaufen, und da bei ihnen die Sicherheit meiner Daten «höchste Priorität» (sic!) hätte, sei ihnen das auch entsprechend schampar peinlich. Mit freundlichen Grüssen.

Richtig bedroht fühle ich mich dennoch nach wie vor eher durch das Wetter, das man langsam nicht mehr vom Klima unterscheiden kann. Während die ganze Klimamisere immer absehbarer wird und die Leute langsam genug davon haben, nützt sich auch das Reden darüber ab. Während der Armeechef immerhin begriffen hat, dass er die akute Bedrohung in der Ukraine für seine Wunschliste nutzen muss, scheint das beim Klima irgendwie nicht zu funktionieren. Die Rufe nach einem Notstand verhallten ungehört, Klimakleber:innen sind jetzt plötzlich Täter:innen statt Opfer, von mehr Milliarden zur Anpassung oder gar zur Vermeidung kann man nur träumen, und ein entsprechender Wille bei den politischen Mehrheiten dieses Landes ist schon gar nicht vorhanden.

Natürlich können wir in dieser Lage auf die Herbstwahlen hoffen, bzw. darauf, dass bis dahin – soo lange ist es ja nicht mehr – noch so einiges an Mobilisierung und Motivierung stattfinden wird. Denn langsam mache ich mir Sorgen. Die effektiven und die gefühlten Bedrohungen stimmen nicht überein. Preissteigerungen bei Mieten, Krankenkassen und Lebensmitteln sind real, genauso wie der Fakt, dass die Löhne und Renten damit nicht Schritt halten. Hitze und Dürre einerseits, Hangrutsche und Überschwemmungen andererseits sind (teilweise sogar tödlich) real, siehe Schwanden, in weiter Ferne sind dagegen die Russen, der Untergang des Abendlandes wegen Wokeness oder gar eine irgendwie geartete «Umvolkung». Von daher sind die falschen Parteien im Aufwind. Kommt hinzu: «In Gefahr und grösster Not, ist der Mittelweg der Tod» (Logau), wie man schon im Barock wusste, und daher akzeptiere ich es doppelt nicht, wenn die Herbstwahlen nicht zu Schicksals-, sondern sogar zu Bedrohungswahlen werden sollten.

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