Gegenwart und Zukunft

Die Stadtzürcher Spitäler zahlen kurzfristig weniger Zinsen an die Stadt. Das Unispital weist einen schönen Gewinn aus, steht aber vor weniger schönen Aussichten: Ebenso das Kantonsspital Winterthur. Die CVP lanciert eine Allerweltsinitiative.

 

Koni Loepfe

 

Im Rahmen der Budgetdebatte 2017 verlangte die SP der Stadt Zürich für die Stadtspitäler einen tieferen Zins für ihre Schulden bei der Stadt. Die Mehrheit des Rates, inklusive der Grünen und der GLP, lehnte ab. Das war weniger eine inhaltliche als eine formale Absage. Die SP-Fraktion – auch getrieben von ihrem schlechten Gewissen wegen ihres unerklärten Neins zur Spitalplanung der eigenen Stadträtin – hatte den Vorstoss mangelhaft abgesprochen. Finanzvorsteher Daniel Leupi wehrte sich gegen einen Schnellschuss.

 

In der Sache sieht es anders aus, gerade wenn man es unter dem Titel des Marktes im Spitalwesen betrachtet. Die beiden Stadtspitäler bezahlen der Stadt einen Zins von 1,5 Prozent. Das ist deutlich mehr, als die beiden Spitäler auf dem Zinsmarkt bezahlen müssten. Der Stadtrat senkte den Zins nun auf 0,41 Prozent, was für die Stadtspitäler zusammen mit einem fiktiven Eigenkapital eine Reduktion von rund 10 Millionen Franken pro Jahr ergibt.

 

Damit schreiben die Spitäler noch längst keine schwarzen Zahlen, aber eine Benachteiligung ist weg. Das Triemli muss weiterhin seine Dimension reduzieren. Wie es weitergeht, zeigt sich Ende Jahr, wenn der Stadtrat die neue Spitalstrategie präsentiert. Die Frage der Ausgliederung ist dabei nur eine von vielen. Klar ist, dass die Spitäler mehr Freiheiten benötigen, dass die Stadt sie so ausstatten muss, dass sie im Vergleich zu anderen Spitälern gleichlange Spiesse erhalten. Klar ist auch, dass die geltende Spitalgesetzgebung ein durch die Stadt zu tragendes Defizit auf die Dauer nicht zulässt. Den beiden Spitälern (vor allem dem Waidspital, das Triemli dürfte zu gross sein) droht sonst der Entzug oder eine Reduktion des Leistungsauftrags. Eine freiwillige Reduktion könnte auch ein Teil der Sanierung sein.

 

Universitätsspital mit gutem Jahr

Das Universitätsspital weist für das Jahr 2017 einen Gewinn von 79 Millionen Franken aus. Auch wenn man berücksichtigt, dass40 Millionen Franken aus einer einmaligen Auflösung stammen, ist es immer noch ein sehr passables Resultat. Das Plus resultiert einerseits aus einer weiteren Steigerung der Patientenzahl und aus einer verbesserten Ertragslage bei den ambulanten PatientInnen, wie Spitalratspräsident Martin Waser an der Medienorientierung ausführte. Es gelang dem Spital, den Kostendeckungsgrad bei den ambulanten Behandlungen von 86 auf 97 Prozent zu heben. Aber nun pfuschte der Kanton hinein: Mit der obligatorischen Verlegung einiger zentraler Eingriffe vom stationären in den ambulanten Bereich verliert das Spital einen wesentlichen Teil, der der Quersubventionierung diente.

 

Selbstverständlich ist die Verlagerung von Eingriffen in den ambulanten Bereich nicht nur finanziell richtig (auch wenn so etwas wie eine Ambulantitis existiert), aber es weist einen faden Beigeschmack (und vor allem mangelnde Planungssicherheit) auf, wenn ein Spieler die Regeln einseitig ändert und dabei erst noch profitiert: Der Kanton zahlt an die stationären Kosten gut die Hälfte, an die ambulanten hingegen nichts. Das Universitätsspital trifft es insofern hart, als es vor der Eröffnung des «Circle» im Flughafen steht. Hier sind jährlich 500 000 Besuche vorgesehen, zu einem grossen Teil im ambulanten und somit im defizitären Bereich. Aus einem Geschäft droht hier ein Klotz am Bein zu werden. Kommt hinzu: Stellt man die 79 Millionen Franken in Relation zu den nötigen Milliarden Franken für den Ausbau im Hochschulviertel, wird der grosse Haufen Geld ziemlich viel kleiner.

 

Der Musterknabe im Zürcher Spitalwesen, das Kantonsspital Winterthur, blickt auf ein mässiges 2017 zurück. Zwar weist es nach wie vor einen Gewinn von 9,8 Millionen Franken auf, aber das ist nur noch ein Drittel des Vorjahres. Die Spitaldirektion rechnete für das letzte Jahr mit mehr PatientInnen, gekommen sind etwas weniger. Zudem verlor das Spital komplizierte und rentable Operationen und Privatversicherte.

 

Spitaldirektor Rolf Zehnder findet den Rückgang zwar noch im Zufallsbereich. Winterthur leidet wie alle Spitäler auch an der Unterdeckung im ambulanten Bereich. Oder anders gesagt: Die obligatorische Verlagerung von Eingriffen in den ambulanten Bereich müsste redlicherweise mit einer Änderung der Abgeltung parallel laufen.

 

Die Folgerungen daraus liegen auf der unternehmerischen Hand: Die erhoffte Zunahme bei den Patientenzahlen muss mit gleichviel Personal bewältigt werden, das zudem auf die mit Kompensation aus Feiertagsarbeit zusammengeschusterte fünfte Ferienwoche verzichten muss. Es erhält nur noch eine Prämie.

 

Allgemeinplatz

Am Samstag beschloss die CVP ihre Volksinitiative zum Gesundheitswesen. Es ist eine Art Ausgaben- oder Kostenbremse. Entwickeln sich die Kosten im Gesundheitswesen um mehr als einen Fünftel über dem Lohnindex, müssen Bund und Kantone Massnahmen zur Kostensenkung ergreifen.

 

In der ‹Arena› vom Freitag gab sich Parteipräsident Gerhard Pfister überzeugt, dass sich die Preise bei gleicher Qualität senken lassen. Wie genau, sagte er allerdings nicht. Was nur bedingt verwundert: Es gelang der Politik (und dazu gehört die CVP massgeblich) in den letzten zehn Jahren nie, sich auch nur halbwegs auf Massnahmen zu einigen, die die Kosten senken.

 

Der CVP schwebt so etwa wie ein Kostendach vor, womit Deutschland sehr bedingt gute Erfahrungen machte. Das ist allerdings nicht der springende Punkt der Umsetzung eines guten Vorsatzes: Man ist sich einig, dass in der Schweiz zu viele Eingriffe vorgenommen werden. Der Nachteil dabei: Oft weiss man erst nach dem Eingriff, wie nötig oder unnötig er war. Und noch entscheidender: Ob ein Eingriff statistisch oder beim konkreten Patienten unnötig ist, macht zumindest aus Sicht des Patienten einen grossen Unterschied aus. Er verzichtet ungern auf die eigene Wahl – auch wenn der Arzt sie durch seine Informationen stark beeinflusst. Zudem verdienen fast alle im Gesundheitswesen gut bis sehr gut, und alle wehren sich gegen einen Abbau und können ihn an der Urne notfalls auch verhindern.

 

Die sehr allgemeine CVP-Initiative könnte ein weiteres Beispiel dafür sein, dass man in die Verfassung zwecks Wahlmobilisierung gute Vorsätze schreibt, von denen man weiss, dass sie kaum umgesetzt werden. Zudem entspricht das Bild, dass alles sich mit dem Lohn oder dem Bruttosozialprodukt parallel entwickeln muss, einer rigorosen Stabilität, die kaum der Realität entspricht: Wir werden mit grosser Wahrscheinlichkeit für die Gesundheit in Zukunft relativ mehr ausgeben, dafür für Lebensmittel, Kleider oder auch Bücher weniger.

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