Zürich – eine Sanctuary City

Am Samstag, 16. September wird im Rahmen des Kalkbreite-Festes die «Supporterkarte» für Zürich als «Sanctuary City» gestartet. Am Mittwoch legte der Verein «City Card Zürich» an einer Medienorientierung dar, warum es in Zürich eine City Card braucht und wie eine solche realisiert werden könnte. Die «Supporterkarte» stellt gewissermassen die erste Stufe auf dem Weg zur Sanctuary City dar.

 

Hannes Lindenmeyer

 

In den 1970-er Jahren haben sich einige USamerikanische Städte – darunter New York und Los Angeles – als «Sanctuary Cities» deklariert. Heilige Stätten sind seit dem Altertum Zufluchtsstätten, Orte, wo vor dem Heiligen das Profane zurücktreten muss. In säkularen humanistischen Gesellschaften haben die Menschenrechte die einstige Bedeutung von Heiligen und Göttern übernommen. Städte, die sich in diesem modernen Sinne als «Heilige Orte» definieren, bekennen sich zur uneingeschränkten Gültigkeit der universellen Menschenrechte und lehnen jede Diskriminierung beim Zugang zu Grundrechten auf Gesundheit, Sicherheit, Unversehrtheit, Bildung, Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ab. Das Leben jedes Menschen ist heilig, sein Aufenthaltsstatus ist profan. Der Verein City Card Zürich will, dass auch Zürich eine Sanctuary City wird. Der Verein wurde im Juli gegründet; er ist aus dem Stadtforum «Wir alle sind Zürich» von 2016 hervorgegangen, ganz im Sinne des damals formulierten Grundsatzes «Recht auf Rechte». Der Verein City Card Zürich will eine zivilgesellschaftliche Bewegung für ein umfassendes Verständnis von Citoyenneté voranbringen. Die CityCard ist eine Aufgabe der staatlichen Organe – der «Promotoren-Verein» will Menschen zusammenbringen, die dies von ihren Stadtbehörden verlangen, und will ganz konkret mithelfen, die mit einem solchen umfassenden Verständnis von Citoyenneté auftauchenden Fragen zu lösen.

 

Knacknüsse …

 

Die eigentliche City Card gibt es noch nicht. Da gilt es noch einige rechtliche und verfahrensmässige Knacknüsse zu lösen. Am Samstag wird gewissermassen die erste Raketenstufe gezündet: Die Supporterkarte. Damit will der Verein den Ruf nach einer City Card durch breite Beteiligung in der Bevölkerung legitimieren. Die Supporterkarte ist der Ausweis für alle, die bekennen: Ja, ich bin gegen Diskriminierung, ja, ich bin für Grundrechte für alle, ja, ich bin für die Sanctuary City Zürich. Bea Schwager, Leiterin der Sanspapiers-Anlaufstelle Zürich SPAZ, erinnerte als Fachfrau daran, dass jeder dreissigste Mensch in Zürich – statistisch also fünf Menschen in jedem vollbesetzten Cobratram – über keinen geregelten Aufenthaltsstatus verfügt. Sie kennt aus ihrer Beratungsarbeit die schwierigen Lebenssituationen der Betroffenen und ihrer Familien. Eine City Card würde den Betroffenen einen diskriminierungsfreien Zugang zu städtischen und privaten Dienstleistungen sichern und auch als Ausweis gegenüber der Polizei dienen. Ganz konkret berichtete Tita, die vor 15 Jahren aus Santa Domingo in die Schweiz gekommen ist, aus ihrem Alltag in Zürich als Haushaltshilfe ohne geregelten Aufenthaltsstatus. Für sie ist die Hoffnung auf eine City Card «ein Licht am Ende des langen Tunnels».

 

… und öffentliches Interesse

 

Der in Migrationsfragen erfahrene Jurist und Anwalt Peter Niederöst legte dar, dass die Einführung einer City Card im öffentlichen Interesse der Stadt liegt, weil sie die Sicherheit erhöht und präventiv gegen Ausbeutungsverhältnisse auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt wirkt. Er sieht die City Card auch als wichtigen Beitrag gegen Schwarzarbeit, und nicht zuletzt könnte sie auch das Steuersubstrat der Stadt erhöhen. Für die rechtliche Umsetzung schlägt er eine entsprechende Änderung in der Verordnung über die Einwohner- und Fremdenkontrolle vor. Monika Stocker ist Beirätin bei der SPAZ; als Alt-Stadträtin ist sie mit der Problematik aus Behördensicht bestens vertraut. Sie legte dar, warum sie als Erstunterzeichnerin eine Supporterkarte unterschrieben hat: Jeder Mensch in unserer Stadt soll sich sicher fühlen. Wenn mehr als 10 000 Menschen in Zürich ihre Rechte nicht wahrnehmen können, ist das unwürdig. Der Verein hat sich das Ziel gesetzt, bis Ende Jahr 3000 Supporter und Supporterinnen zu finden. Bereits haben verschiedene Persönlichkeiten als Erstunterzeichner unterschrieben, so z.B. Stadtrat Daniel Leupi und Pfarrer Christoph Sigrist. Stadtrat Richi Wolff wird bei der Lancierung am Kalkbreitefest an einem Podiumsgespräch teilnehmen.

 

 

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