Schiessen

 

Ich kann recht gut schiessen. Eigentlich sogar sehr gut. Das ist leider eines dieser Talente, das einem rein gar nichts bringt. Ich würde lieber gut singen können oder so, aber nein, es musste schiessen sein.

Ich habe mich dann vor Jahren einmal dafür interessiert, das Jagdpatent zu machen (irgendetwas wollte ich mit dem Schiessen dann doch tun, wenn ich es schon kann). Ich hätte es auch gut gefunden, weil es ja total in ist, sein eigenes Tier zu erlegen und dann portioniert in der Tiefkühltruhe nachhaltig während eines Jahres zu verspeisen. Leider scheiterte mein Plan dann wie so viele andere Vorhaben an der Realität, aber was mir blieb sind zwei Jagdheftli, die ich damals erworben hatte. Im einen gab es einen Artikel über die Treibjagd. Eine oftmals angewendete Form der Treibjagd ist das sogenannte Kesseltreiben. Von Jägern und Treibern wird dabei ein Kreis gebildet, der immer enger wird. Wenn dieser geschlossen ist, marschieren alle gemeinsam auf den Mittelpunkt zu und kesseln so das Wild ein. Grausam.

 

Und ja, so geht es zur Zeit Christa Markwalder. Hier wird eine Frau öffentlich niedergestreckt, nachdem sie von Journalisten und sogenannten Politiker- und ParteifreundInnen sauber eingekesselt wurde. Nun hat auch noch Philipp Müller, ihr Parteipräsident, die letzte Lücke geschlossen und marschiert mit. Und das alles, weil sie eine Interpellation einreichte. Eine harmlose Interpellation, die harmlos bleibt, auch wenn eine PR-Agentur sie vorgeschrieben hat.

Überhaupt ist die Aufregung um die PR-Agenturen eine geheuchelte. Agenturen werden engagiert, weil man als Initiativkomitee selber nicht die Ressourcen oder nicht die Fähigkeiten hat, einen Abstimmungskampf zu führen. Rechts wie links holt man sich dann die Hilfe von Profis. Das ist nicht grundsätzlich verwerflich. Es ist billige Stimmungsmache, wenn man so tut, als wäre es ganz furchtbar, dass die Ja-Kampagne zur Präimplantationsdiagnostik durch eine PR-Agentur koordiniert wird. Vertrauliche Dokumente würden zeigen, dass sogar Ausdrücke wie «Wording» oder «zentrale Botschaften» Verwendung finden. Also bitte. Ein anständiges Wording und ein Fokus auf die zentralen Botschaften sind absolute Basics für alle, die mit ihrem Anliegen an der Urne reüssieren möchten.

 

Das Problem ist die Intransparenz. Die gibt es dann, wenn man nicht wirklich weiss, wer zahlt. Das gilt insbesondere im Bereich Lobbying. Eine unschöne Sache unter der Bundeshauskuppel, aber kaum einer oder eine hat noch nie für eine bestimmte Interessengruppe einen Vorstoss eingereicht. Ein krummes Geschäft wird es erst durch unklare Finanzströme oder nicht ersichtliche Player. Lustig, dass sich hier gerade jene Bürgerlichen empören, die sich beispielsweise der Transparenz in der Parteienfinanzierung standhaft verweigern.

 

Überhaupt wird in der Causa Markwalder mit verschiedenen Ellen gemessen, wie Maurice Thiriet auf ‹Watson› zeigt. Da gäbe es nämlich noch Thomas Borer und den SVP-Nationalrat Christian Miesch. Letzterer liess sich von Borer einen Vorstoss texten, ersterer kassierte dafür 30 000 Franken. Thema: Kasachstan. Warum kommt der Miesch mit einer viel luscheren Geschichte unbeschadet davon, während Markwalder als rauchende, trinkende und feiernde Frau für das Amt als Nationalratspräsidentin totgeschrieben wird?

 

Es stimmt nicht ganz, was der Leserbriefschreiber im letzten P.S. meinte, dass nämlich dieser «abgehobene Politbetrieb» einem die Lust aufs Wählen nehme.

Es ist eher so, dass diese öffentliche Hinrichtung einer Politikerin anderen, wahrscheinlich gerade auch Frauen, die Lust auf ein politisches Engagement von Anfang an vergällt. Man versteht und hofft, dass diese eine Frau hier nicht aufgibt.

 

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