Zwischen zwei Welten
Im Zuge unserer Sammelaktion stellen wir unsere drei ständigen Redaktionsmitglieder und unsere Praktikantin vor. Den Anfang macht unsere Chefredakteurin und Verlegerin Min Li Marti.
Tobias Urech
«Eigentlich ist es ein No-Go», meint Min Li Marti, angesprochen darauf, dass sie sowohl Journalistin als auch Politikerin ist. «Aber beim P.S. kann ich diese beiden Leidenschaften miteinander vereinen.»
Min Li hätte sich nach dem Studium beide Wege gut vorstellen können. «Ich habe mich sogar während des Studiums schon beim ‹NZZ Folio› beworben – nach der letzten Bewerbungsrunde gab’s dann aber eine Absage.» Min Li ist dann über den Umweg Politik, wenn man so sagen will, wieder beim Journalismus gelandet. Für eine Tasse Kaffee kaufte sie 2014 dem damaligen Verleger Koni Loepfe das P.S. ab. Ob sich die Investition gelohnt habe? Min Li lacht: «Reich werden kann man davon nicht – dafür jede Woche eine gute Zeitung produzieren.»
Die Welt erklären
Wie gelingt Min Li eigentlich der Spagat zwischen Politik und Journalismus? «Wichtig ist, dass die politische Haltung klar deklariert ist. Und natürlich kann man nicht über ein Gremium schreiben, von dem man selber Mitglied ist. Das macht unglaubwürdig und kann auch die Vertrauensverhältnisse in der Politik erschüttern.» Darum schreibe sie auch nicht über den Nationalrat. Und natürlich dürfe die Politik Journalismus nicht als PR-Instrument missbrauchen – eine verlegerische Unabhängigkeit sei sehr wichtig. Gerade, wenn es darum geht, Kritik zu üben.
Dass es aber durchaus möglich ist, Journalismus und Politik zu verbinden, zeigt nicht nur das Beispiel unserer Chefredakteurin, sondern auch ein Blick in die Vergangenheit: «Früher war es üblich, dass Journalisten – gerade bei der NZZ – auch politisch aktiv waren», meint Min Li.
Was sie denn eigentlich mag am Journalismus? «Dass man ÜbersetzerIn zwischen Leser und Expertin sein kann. Du vertiefst Dich für kurze Zeit in ein spezifisches Thema und musst es irgendwie verständlich auf Papier bringen.» Und sonst? «Auch wenn ich manchmal unter den Leitartikeln leide – sie machen mir grossen Spass.» Sie schmunzelt: «Du kannst einfach hemmungslos die Welt erklären, mit deiner Meinung, deinen Analysen. Das ist eine riesige Freiheit.»