Zwischen Volkseigentum und Privatperson

Stets neugierig dem Menschen zugeneigt, unbeschwerte Stunden verschenken und damit sämtliche Herzen erobern: Das ist «typisch Emil».

Zum ersten Mal wie auf eine Majestätsbeleidigung, wenn nicht sogar auf einen Landesverrat reagierten die Schlagzeilen regelrecht drohend beleidigt, als sich Emil nach drei erfolgreichen Bühnenprogrammen, mit denen er die Sprachgrenzen spielend überwinden konnte und zur regelrechten helvetischen Klammer emporgeschrieben wurde, aus künstlerischen Überlegungen zum Schluss kam, diese Form der Sketches sei überholt, weshalb jetzt etwas Neues folgen solle. Rund zwanzig Jahre später folgte hierin der zweite Akt, als er sich für den Versuch einer Selbstbefreiung der Privatperson von der allgemeinen Reduzierung auf die von ihm verkörperte erfolgreiche Kunstfigur dazu entschloss, eine Auszeit in New York zu nehmen. Rolf Knie sagt in Philip Meyers Filmportrait «Typisch Emil», es sei heute unvorstellbar, wie das Publikum in Massen auf Emils Popularität reagiert habe, als er 1977 eine Saison mit dem Zirkus Knie absolvierte: «Die Leute folgten ihm in grossen Trauben bis ins Schuhgeschäft und schauten ihm dabei zu, wie er sich neue Schuhe kaufte.» Dabei, das sagt Emil Steinberger, sei er vom Naturell her ein schüchterner, zurückhaltender Typ und die Alltagsfiguren, die er zuerst daraus entwickelt hatte, seien nur so glaubhaft authentisch auf einer Bühne erschienen, weil ihre ungelenke Verschrobenheit zu einem Teil auch auf eigenen Wesenszügen beruhten. Und prompt wurde er selbst am Times Square in New York unvermittelt am Arm gepackt, als wäre er eine Trophäe und das obligat folgende Beweisfoto für sein Aufspüren das Preisgeld. Die Ebene Überwältigung, die mit dieser Art herausragenden Erfolgs als Publikumsliebling einhergeht, kann der Film nur unzulänglich wiedergeben, vielleicht auch, weil diese Frage sowohl eine allgemeine Vorstellungskraft übersteigt als auch Emil Steinbergers Authentizität niemals auch nur den Anschein erweckt, er fühle sich widerwillig fremdvereinnahmt. Dankbarkeit ist es dann auch, was ihn auf das reiche Leben zurückblickend am deutlichsten unter den Nägeln brennt. Für das Geschenk eines Talents und der daraus erwachsenen Möglichkeiten einer, zwei, drei Karrieren und einer Lebensführung entlang der eigenen Interessen. Es sei einzigartig gewesen, sagt Bänz Friedli über den allerletzten Bühnenauftritt Emil Steinbergers, wie eine Woge der Zuneigung zwischen Publikum und Emil und zwischen Emil und dem Publikum hin- und herkreisend die Saalluft erfüllt habe. Emil Steinberger,  Superstar und Mensch, der sich noch fragt, ob ein Buch über das eigene Leben nicht vielleicht doch anmassend sei. 

«Typisch Emil» spielt in den Kinos Abaton, Arena, Capitol, Frame, Le Paris, Movie, RiffRaff.