Nach 14 Jahren als Stadtpräsident Winterthurs wird Michael Künzle im kommenden Frühjahr nicht mehr antreten. Zuvor war er bereits 7 Jahre im Stadtrat. Von 2014 bis 2018 war er Präsident einer bürgerlich dominierten Stadtregierung, seit 2018 besteht eine rot-grüne Mehrheit von vier Sitzen. «Wenn die Vorstösse teilweise dieselben sind, die man selber auch schon eingereicht hat, ist es genug», hielt Künzle vor den Medien fest. Zudem habe er auch bei verschiedenen Themen einen Stadtratsbeschluss vertreten müssen, bei dem er in der Minderheit gewsen sei. «Allerdings haben wir im Stadtrat effektiv meistens eine gemeinsame Haltung gefunden und mussten gar nicht abstimmen.» (Bild: me.)

Winterthurer Parteien-Poker

Die meisten Winterthurer Parteien pokern noch etwas, einzig die SVP hat ihr Blatt aufgedeckt: Trotzdem ist die Ausgangslage für die Stadtratswahlen in einem Jahr schon weitgehend geklärt: Aus dem siebenköpfigen Gremium treten mit Michael Künzle (sogenannte «Mitte») und Katrin Cometta (GLP) zwei bisherige Mitglieder nicht mehr an, auf der bürgerlichen Seite dürfte es ein gewisses Gerangel absetzen, SP und Grüne werden ihre vier Sitze mit Bisherigen verteidigen. Offen ist, wer für das Stadtpräsidium kandidieren wird.

Ein knappes Jahr vor den Gesamterneuerungswahlen hat sich die Ausgangslage weitgehend geklärt: Nachdem vor rund einer Woche GLP-Stadträtin Katrin Cometta ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekanntgegeben hatte, hat am Mittwoch auch Stadtpräsident Michael Künzle (Mitte) bekanntgegeben, dass er nicht mehr kandidieren werde. Da bei den weiteren Mitgliedern des Gremiums wohl kaum jemand auf eine Kandidatur verzichten wird, präsentiert sich die Ausgangslage ungefähr wie folgt:

Die SP wird erneut mit ihren Bisherigen Kaspar Bopp, Nicolas Galladé und Christa Meier antreten. Zudem wird die SP wohl auch Martina Blum von den Grünen unterstützen. Ebenfalls klar dürfte die Zusammenarbeit von Seiten Grünen mit der SP sein. SP und Grüne können ihre Mehrheit von vier Sitzen also mit einer guten Basis verteidigen. Franziska Tschirky (Co-Präsidentin SP) und Florian Heer (Co-Präsident Grüne) betonen beide die bisherige gute Zusammenarbeit und dass diese grundsätzlich auch weitergeführt werden soll.

Die GLP wird ihren Sitz verteidigen. «Wir können uns vorstellen, bei den Stadtratswahlen erneut eine Zusammenarbeit mit SP, Grünen und EVP anzustreben» sagt Annetta Steiner, Co-Präsidentin der Grünliberalen. Ob diese Zusammenarbeit zustande komme, sei noch offen, und hänge wohl auch von der personellen Situation ab. Komme sie zustande, sei auch klar, dass die GLP wohl eher nicht für das Stadtpräsidium kandidieren werde, sondern eine allfällige Kandidatur der SP unterstützen könnte, ausser man einige sich gemeinsam auf eine andere Lösung.

Vermutlich ebenfalls eine Stadtratskandidatur aufstellen wird die EVP. Diese war vor vier Jahren ebenfalls Teil der «Progressiven Allianz» aus SP, Grünen, GLP und EVP. Damals verzichtete die EVP auf eine Stadtratskandidatur zugunsten der Unterstützung ihres Kandidaten für die Schulpflege. Dieser blieb jedoch überaschenderweise auf der Strecke. Die EVP hat durch personelle Wechsel in der Fraktion im Stadtparlament eine deutliche Annäherung an den Bürgerblock vollzogen und es scheint fraglich, ob sie bei einem erneuten Mitte-Links-Zusammenschluss dabei sein wird. Damit wird aber eine Stadtratskandidatur vermutlich chancenlos bleiben und lediglich als Lokomotive für die Parlamentswahlen dienen.

Bürgerliches Gerangel

Auf der bürgerlichen Seite ist klar – wenn auch nicht offiziell – , dass FDP-Stadtrat Stefan Fritschi erneut antritt. Nicht überraschen würde, wenn die FDP neben Fritschi eine weitere Kandidatur nominiert. Auch die «Mitte» hat deutlich gemacht, dass sie den Sitz von Michael Künzle verteidigen will. Die einzige Partei, die ihr Blatt bisher ausgespielt hat, ist die SVP, die mit dem Stadtparlamentarier Christan Hartman versuchen wird, den 2018 verlorenen Sitz wieder zu erobern. Damit stünden dann auch auf bürgerlicher Seite vier Kandidaturen. Wer neben Fritschi einen Sitz erobern kann, ist offen. Ein totaler Mehrheitsumschwung scheint im Moment eher unwahrscheinlich. Zu erwarten ist, dass auch die bürgerliche Seite Anspruch auf das Stadtpräsidium erhebt.

Poker um Personen

Soweit ist die Ausgangslage bezüglich der bisherigen Mitglieder des Stadtrates klar, zudem ist die Kandidatur der SVP definitiv. Offen ist, mit wem die SP das Stadtpräsidium anstreben wird. Dazu halten sich sowohl Stadträ:tinnen wie auch Parteileitung bedeckt. «Wir schauen bei der Festlegung unserer Strategie weniger auf die anderen Parteien, sondern vor allem auf die SP selbst», sagt Franziska Tschirky. Dies gelte auch für das Stadtpräsidium. Informieren will die SP erst Anfang Mai. Eher überraschend hat die «Mitte» noch keinen Namen für den Ersatz von Michael Künzle als Stadtrat genannt, sondern will nun erst mal eine Findungskommission einsetzen. Im Juni wird dann wohl auch die personelle Ausgangslage geklärt sein und die Bündnisse verbindlich abgeschlossen sein.