- Züri spinnt
Wer sind die besorgten Bürger?
Im ‹Tagblatt der Stadt Zürich› schlägt ein Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger Alarm. Auf Nachfrage will niemand aus der bürgerlichen Politlandschaft dafür verantwortlich sein, obwohl auf der Webseite die Telefonnummer des Hauseigentümerverbands steht.
«Feste und gute Laune sind in der Stadt Zürich unerwünscht», schreibt ein Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger. Das Züri-Fäscht kann schliesslich nicht mehr durchgeführt werden und auch den Verkauf von Schoggibananen verbietet die Stadtverwaltung. Grund genug um zu sagen: «Züri spinnt». Um ihrer sonst so ungehörten Meinung Ausdruck zu verschaffen, hat der Bund der besorgten Bürgerinnen und Bürger investiert: Bereits seit den Wahlen 2022 unterhält die Gruppe die Webseite zueri-spinnt.ch, Ende September wurde zudem ein halbseitiges Inserat im ‹Tagblatt der Stadt Zürich› geschalten. Kostenpunkt laut Mediadaten des Tagblatts: 5004 Franken.
Wer hinter dieser Gruppe steckt, ist nicht offensichtlich. Bei den bürgerlichen Parteien FDP, Mitte und SVP heisst es auf Anfrage, dass man nichts mit der Kampagne zu tun habe. Auf der Webseite ist unter «Realisation und Betrieb» die Endurit GmbH angegeben. Geschäftsführer der Firma ist FDP-Kantonsrat Marc Bourgeois. Bei einem Anruf wirkt er erstaunt über die Anfrage. Die Kampagne für die Wahlen 2022 sei ihm bekannt, dass es für die Gemeinderats- und Stadtratswahlen im nächsten Jahr wieder eine Kampagne gebe aber nicht. Später meldet er sich per Mail und schreibt, dass seine Firma die Domain zueri-spinnt.ch seit einiger Zeit technisch betreue, die im Inserat angegebene Webseite züri-spinnt.ch allerdings nicht. Das dürfte vor allem daran liegen, dass zum Erscheinungstermin des Inserats die Seite mit einem Ü noch gar nicht aktiv war, sondern auf eine leere Seite führte. Mittlerweile gibt es eine Webseite für beide Schreibweisen und auch auf jener mit Ü ist die Endurit GmbH im Impressum verzeichnet. Auf der Webseite der Endurit ist als Kunde die Kommunikationsagentur «Rutz & Partner» des SVP-Nationalrats Gregor Rutz aufgeführt. Sowohl schriftliche wie auch telefonische Anfragen des P.S. an Rutz & Partner blieben unbeantwortet.
Ist der Hauseigentümerverband besorgt?
Marc Bourgeois sagt, seine Firma habe mit den Inhalten auf der Webseite nichts zu tun. Sie würden die Webseite für einen Kunden führen. «Für den Inhalt von zueri-spinnt.ch zeichnet der im Impressum angegebene Kontakt verantwortlich», schreibt Bourgeois per Mail. Der angesprochene Kontakt im Impressum ist «Züri spinnt!» – Stadtzürcher Wahlen 2026 – Bund besorgter Bürgerinnen und Bürger», allerdings stand bei Erscheinung des Inserats auch noch eine Telefonnummer im Impressum. Wer sich die besorgten Bürger:innen einmal anhören wollte, landete direkt bei der allgemeinen Hotline des Hauseigentümerverbands Zürich.
Ist der Hauseigentümerverband, der für die Abstimmung zur Abschaffung des Eigenmietwerts schweizweit über 7 Millionen Franken ausgegeben hat, also verantwortlich für eine Kampagne im Namen der besorgten Bürgerinnen und Bürger? Anruf bei Albert Leiser, FDP-Gemeinderat und seit über 20 Jahren Direktor* des Hauseigentümerverbands des Kantons und der Stadt Zürich. Zudem präsidierte Leiser auch das Züri-Fäscht, dessen Ende im Inserat bedauert wird. Leiser sagt am Telefon, er müsse abklären, was es damit auf sich habe. Er kenne zwar die Organisation, wer genau dahinter stehe, sei aber nicht relevant. In jedem Fall sei es nicht der Hauseigentümerverband. Er verspricht sich noch einmal zu melden, bis Redaktionsschluss tut er das aber nicht. Wenige Stunden nach dem ersten Telefonat ist die Telefonnummer aus dem Impressum verschwunden.
*In einer früheren Version dieses Textes hiess es Albert Leiser sei der Präsident des Zürcher Hauseigentümerverbands. Das ist falsch. Albert Leiser ist sowohl im Kanton, wie auch in der Stadt Direktor des Zürcher Hauseigentümerverbands. Präsidenten sind Gregor Rutz (Stadt Zürich) und Hans Egloff (Kanton Zürich).