Wahlen in Winterthur im Langzeit-Vergleich: Kontinuierlicher Trend Richtung Mitte-Links
Grosserfolg für die SP bei den nationalen Wahlen in Winterthur: In einzelnen Stadtkreisen konnte sie über 8 Prozent zulegen und damit die Verluste der Grünen mehr als nur wettmachen. Diese fielen geringer aus als dargestellt. In der Summe bestätigten die Wahlen einen eindeutigen Trend in Winterthur zu einer progressiven, sozialen und grünen Mehrheit bei den Stimmberechtigten.
Matthias Erzinger
Wahlen auf unterschiedlichen Ebenen des Staates sind nur bedingt vergleichbar. Trotzdem lohnt es sich, die jüngsten Wahlergebnisse in Winterthur mit denjenigen über einen längeren Zeitraum zu vergleichen. Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich ausschliesslich auf die Ergebnisse in Winterthur, die natürlich von den nationalen Wähleranteilen abweichen.
Das erste und klarste Fazit: Die Verluste der Grünen sind weder eine Überraschung noch übermässig hoch. Ihr Resultat mit 13,81 Prozent in Winterthur vom vergangenen Sonntag ist faktisch identisch mit dem Wähleranteil im Frühjahr beim Kantonsrat von 13,83. Der «Einbruch» der Grünen erfolgte bei den städtischen Wahlen im Frühjahr 22, als sie gut 12 Prozent Wähleranteil erreichten. Damals jubelten sie aber über einen Wahlsieg – weil sie gegenüber den letzten städtischen Wahlen von 2018 gut 3 Prozent zugelegt hatten. Dazwischen hatten sie jedoch bei den nationalen Wahlen 2019 mit über 17 Prozent Stimmenanteil ein Allzeithoch erreicht. Die grösste Korrektur der Grünen erfolgte 2022 und nicht am letzten Wochenende…
Gegenläufige Tendenz bei SVP und SP
Gegenläufig verläuft die Entwicklung von SP und SVP seit 2015: Während die SVP bei den nationalen Wahlen Ende 2015 in Winterthur einen Wähleranteil von über 26 Prozent erreichte und die SP als stärkste Partei ablöste, verlor sie seither: 2019 wurde sie bei den kantonalen Wahlen noch von 18,8 Prozent der Winterthurer Stimmberechtigten gewählt, bei den nationalen Wahlen waren es noch 17,7. Im Februar 2022 betrug der SVP-Wähleranteil noch rund 15 Prozent, nun waren es für den Nationalrat 17 Prozent… Unter dem Strich ein Verlust von 9 Prozent, während die SP im selben Zeitraum von 24 Prozent auf 28 Prozent anstieg und wieder klar stärkste Partei ist. Einen Ausreisser hatte die SP bei den städtischen Wahlen von 2018, als sie 30 Prozent erreichte.
Noch klarer wird die Tendenz, wenn man die beiden bürgerlichen Parteien zusammenzählt, sowie die in der progressiven Allianz zusammenarbeitenden SP, Grünen und die GLP. 2015 erreichten SP, Grüne und GLP zusammen 43,65 Prozent Wähleranteil in Winterthur, während FDP und SVP zusammen auf 38,5 Prozent kamen. 2018 erreichten SP, Grüne und GLP mit 51,2 Prozent erstmals einen Wert über 50 Prozent, während FDP und SVP auf 30 Prozent kamen.
Bei den Wahlen vom vergangenen Wochenende erreichten SP, Grüne und GLP zusammen 54,5 Prozent, SVP und FDP noch 26,4 Prozent. Die übrigen Parteien (CVP/BDP/EVP, AL) kamen zusammen konstant auf gut 18 Prozent.
Nach den Wahlen wird Winterthur weiterhin durch SP-Präsidentin Mattea Meyer und den EVP-Politiker Nik Gugger im Nationalrat vertreten sein. Die nach Meyer bestplatzierte Winterthurer SP-Kandidatin, Olivia Staub, schnitt zwar in Winterthur hervorragend ab, wurde aber durch die Resultate aus Zürich nach hinten platziert und landete auf Rang 18. Besser erging es der langjährigen Gemeinderätin Bea Helbling, die sich auf Patz 21 vorarbeitete. Bei der GLP gelang der ehemaligen SP-Nationalrätin Chantal Galladé zwar ein Sprung nach vorne – die Wahl hätte sie aber auch ohne die Sitzverluste der GLP nicht geschafft.