Von Iran bis ‹Phänomena›

Der Zürcher Gemeinderat fordert mit einer Resolution den Bundesrat dazu auf, die EU-Sanktionen gegen Mitglieder des iranischen Regimes vollständig zu übernehmen. Der ‹Phänomena› bewilligt er einen Beitrag – und die Rudolf-Brun-Brücke wird nicht umbenannt.

 

An seiner letzten Sitzung in diesem Jahr befasste sich der Zürcher Gemeinderat am Mittwochabend mit Themen, die, geographisch gesprochen, von der Stadt Zürich über Dietikon bis in den fernen Iran reichten. Den Anfang machte ein tragisches Ereignis in der Stadt Zürich: In einer persönlichen Erklärung sprach Sandra Bienek (GLP) davon, dass am Mittwochmorgen beim Escher-Wyss-Platz ein schulpflichtiges Kind tot aufgefunden worden war. Der Unfallhergang sei noch nicht geklärt, das Kind sei aber wahrscheinlich auf dem Schulweg von einem Autofahrer beziehungsweise einer Autofahrerin angefahren worden. Die Situation am Escher-Wyss-Platz sei «verkehrstechnisch noch nicht gelöst, sie sei schwierig für VelofahrerInnen, es gebe eine «Autoschnellroute», und Kinder müssten den Platz auf dem Weg in die Schule kreuzen. Die Eltern des getöteten Kindes hätten sich jahrelang eingesetzt für eine Verbesserung des Schulwegs und auch den Quartierverein angeschrieben, in dessen Vorstand sie sei, fuhr Sandra Bienek fort. Man habe eine Besichtigung vor Ort gemacht, aber keine Lösung gefunden. Sie schloss ihre Erklärung mit der Bitte an die Zuständigen bei der Stadt, sich «möglichst bald» um die Schulwegsicherheit zu kümmern.

 

Lisa Diggelmann (SP) wunderte sich in ihrer persönlichen Erklärung über das Sportamt: Die FCZ-Frauen bestritten am Mittwochabend ihr letztes Gruppenspiel in der Womens Champions League, in Schaffhausen. Dies, weil der Letzigrund für die ersten Spiele nicht zur Verfügung stand und die Uefa vorgegeben habe, dass alle Spiele im selben Stadion stattfinden müssten. Letzte Woche dann sei Medienberichten zu entnehmen gewesen, dass die FCZ-Frauen für das letzte Gruppenspiel eine Ausnahmebewilligung bekamen und somit im Letzigrund hätten spielen können. Doch die Stadt habe ihnen beschieden, aufgrund der Kosten und der Energieeffizienz sei es unverhältnismässig, den Letzigrund wegen eines einzigen Spieles aus dem Winterschlaf zu holen. Dasselbe Sportamt jedoch habe eine Bewerbung eingereicht für die Durchführung der Europameisterschaft 2025… Die FCZ-Frauen seien das erste und einzige Team, das sich für diese Gruppenphase qualifiziert habe, «aber für die Frauen ist es offensichtlich zu teuer, das Letzigrund-Stadion zu nutzen», schloss Lisa Diggelmann.

 

Resolution verabschiedet

Kontrovers diskutiert wurde sodann der Beschlussantrag der Fraktionen SP, Grüne, die Mitte/EVP und AL, mit dem sie dem Gemeinderat beantragten, eine Resolution zu verabschieden. Darin heisst es unter anderem, «die Stadt Zürich verurteilt die Menschenrechtsverletzungen im Iran aufs Schärfste und ruft die Schweizer Landesregierung dazu auf, Massnahmen dagegen zu ergreifen». Severin Meier (SP) erklärte, es handle sich nicht um «Aussenpolitik im engeren Sinn», weshalb sich der Gemeinderat durchaus damit befassen könne. Zürich sei zudem direkt betroffen, weil es hier eine iranische Diaspora gebe und Demonstrationen zur Lage im Iran stattgefunden hätten.

 

Die Ablehnung begründete Susanne Brunner (SVP) damit, Aussenpolitik zu betreiben sei «Sache des Bundes». Michael Schmid (FDP) sagte, es sei klar, dass Menschenrechtsverletzungen zu verurteilen seien, und erinnerte an frühere, vergleichbare Diskussionen im Rat. Doch der Gemeinderat sei nur schon deshalb nicht zuständig, weil es Aufgabe des Stadtrats sei, den Gemeinderat gegen aussen zu vertreten. Kurz: Die FDP-Fraktion werde an der Abstimmung über die Resolution nicht teilnehmen. Selina Walgis (Grüne) hingegen erklärte, sie sei «fassungslos angesichts dessen, was im Iran passiert». Es würden «systematisch Menschenrechte missachtet», doch während die Protestbewegung dagegen immer grösser werde, unternehme der Bundesrat nur wenig. Die Forderung, er solle die Sanktionen vollständig übernehmen, sei deshalb zu unterstützen. Schliesslich stimmte der Rat der Resolution mit 68:25 Stimmen (von SVP und GLP) zu.

 

Wieviel Geld für die ‹Phänomena›?

Die ‹Phänomena 2024› soll einen städtischen Beitrag erhalten: Kommissionssprecher Christian Monn (GLP) erinnerte an die erste ‹Phänomena›, die 1984 in Zürich stattfand, und erklärte, auch die Neuauflage in Dietikon wolle «Brücken zwischen Wissenschaft und Gesellschaft schlagen». Zudem werde sie selbstverständlich nachhaltig durchgeführt, an die Anreise per Velo werde ebenso gedacht wie an die Kreislaufwirtschaft. Die Vorlage des Stadtrats sehe einen Beitrag von zwei Millionen Franken sowie 500 000 Franken Defizitgarantie vor, und die Mehrheit sei dafür. Für die Minderheit sagte Stefan Urech (SVP), seine Fraktion sei gespalten, er persönlich freue sich darauf, mit seiner Schulklasse dorthin zu gehen. Doch «die finanzielle Lage der Stadt» lasse es nicht zu, den zur Debatte stehenden Betrag zu bewilligen.

 

Mit ihrem Änderungsantrag verlangten die Grünen und die AL eine weitere halbe Million Franken «als zweckgebundenen Beitrag zur Ermässigung des Ticketpreises für Klassen der Volksschule der Stadt Zürich». Balz Bürgisser (Grüne) führte aus, mit dem veranschlagten Netto-Eintrittspreis von 20 Franken pro Kind bleibe unter Umständen nicht genug Geld für Schulreise, Sporttag etc., denn in der Mittelstufe habe man bloss 27 Franken pro Kind und Jahr zur Verfügung. Christina Horisberger (SP) fasste sich in ihrer Entgegnung kurz: Die Schulen hätten Globalbudgets, und diese enthielten bereits Positionen für Veranstaltungen… Der Antrag wurde mit 78:35 Stimmen abgelehnt. Der Änderungsantrag der Mehrheit hingegen kam mit 89:20 Stimmen bei einer Enthaltung durch: Darin ist festgehalten, dass der städtische Beitrag anteilsmässig gekürzt wird, falls sich Bund und Kanton mit einem tieferen Beitrag beteiligen, und dass die Kürzung zuerst bei der Defizitgarantie vorgenommen wird. In der Schlussabstimmung hiess der Rat die Vorlage mit 93:19 Stimmen gut. Mit einem Begleitpostulat forderten Liv Mahrer und Islam Alijaj (beide SP) den Stadtrat schliesslich noch auf, eine Ermässigung der Ticketpreise für wenig Verdienende zu prüfen. Nach ausführlicher Debatte wurde es mit 71:41 Stimmen (von SVP, FDP, Mitte/EVP) überwiesen.

 

Ebenfalls viel zu reden gab das Postulat der AL-Fraktion, die geprüft haben wollte, «wie die mittelalterliche Geschichte der jüdischen Gemeinschaft, ihre Leistungen und ihre Auslöschung im Jahr 1349 zur Zeit des Bürgermeisters Rudolf Brun im Stadtbild wahrnehmbar gemacht werden» könne. Dazu verlangte sie die Umbenennung der Rudolf-Brun-Brücke in «Frau-Minne-Brücke» und die Umbenennung der Brunngasse in Moses-ben-Menachem-Gasse. Nach lebhafter Debatte ging das Postulat mit 103:9 Stimmen bachab – auch, weil die AL keine der vorgeschlagenen Textänderungen annehmen mochte.

 

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