Bild: Hannes Henz

Von Geschichte bis Marketing

Der Zürcher Gemeinderat befasste sich mit einem Themenmix, der vom Spanischen Bürgerkrieg bis zum Standortmarketing reichte.

Zu Beginn der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend tauchten so viele Medienvertreter:innen auf wie sonst höchstens zum Auftakt der Budgetdebatte. Die meisten waren aber schnell wieder weg, als klar wurde, dass GLP-Gemeinderätin Sanija Ameti nicht zur Sitzung erschienen war (zum «Fall Ameti» siehe auch Kantonsratsbericht nebenan). Dafür nutzte das Komitee hinter der städtischen Volksinitiative «Ja zum fairen Parkplatz-Kompromiss», für die seit letzter Woche Unterschriften gesammelt werden, die Gunst der Stunde und ‹dekorierte› die Pulte der Medienvertreter:innen mit entsprechenden Unterschriftenbögen. Diese enthalten keine Parteilogos. Ein Blick auf die Mitglieder des Komitees zeigt jedoch die in Verkehrsfragen «üblichen Verdächtigen» aus den Gemeinderatsfraktionen von SVP, FDP und Mitte. Sie fordern, dass die Stadt sicherstellen soll, «dass auf öffentlichem Grund ausreichend Parkplätze für den Velo- und den motorisierten Individualverkehr zur Verfügung stehen». Parkplätze auf öffentlichem Grund sollen nur aufgehoben werden dürfen, «wenn die Gesamtzahl der öffentlich zugänglichen Parkplätze im gleichen Quartier (Stand 1. Januar 2025) jeweils mindestens erhalten bleibt», und natürlich soll auch noch das Gewerbe genügend Umschlagplätze bekommen. Letzteres wundert die Schreibende ein bisschen – die halten doch sowieso auf dem Velostreifen und bleiben dort stehen, bis fertig (aus-)geladen ist?

Bericht zu Spanienkämpfer:innen

Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte die AL, dass das EWZ «neben der ordentlichen Gewinnablieferung an die Stadtkasse» aus dem «Rekordgewinn» des Jahres 2023 einen Bonus an alle Kund:innen mit Grundversorgung ausschütten solle. Dabei ging es nur darum, ob der Rat die parlamentarische Initiative vorläufig unterstützen wollte. Dennoch legte sich der Referent der AL, Christian Häberli, bei der Vorstellung ins Zeug – vergebens: Statt der nötigen 42 Stimmen kamen nur deren zwölf zusammen.

Das nächste Geschäft ging ebenfalls auf einen Vorstoss der AL zurück: Mit einem Postulat hatten deren Gemeinderäte David Garcia Nuñez und Andreas Kirstein (letzterer ist nicht mehr im Rat) einen Bericht über die «sozialen und politischen Auswirkungen des Spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) auf die damaligen Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Zürich» verlangt, der in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Sozialarchiv erstellt werden sollte. Nun galt es für den Rat, vom unterdessen vorliegenden Bericht Kenntnis zu nehmen und das zugrunde liegende Postulat abzuschreiben.

Sophie Blaser (AL) führte aus, ein Teil dieser Geschichte sei schon gut erforscht, vor allem im Zusammenhang mit der Militärjustiz, worauf auch andere Redner:innen hinwiesen: Die Schweiz sei die einzige Demokratie, in der die Rückkehrer:innen strafrechtlich verfolgt worden seien. In der Vorlage wird zudem darauf verwiesen, dass im Bundesarchiv umfangreiche Dossiers zu allen Verurteilten vorhanden seien, während über das Leben der Spanienfreiwilligen in der Zeit nach den Verurteilungen wenig bekannt sei. Darauf konzentrierte sich folglich der Bericht des Historikers Moisés Prieto. «Der Bericht sucht einerseits Antworten auf die Frage, ob und inwieweit die Behörden der Stadt Zürich verantwortlich für Diskriminierung oder Stigmatisierung waren, die die Zürcher Spanienfreiwilligen nach ihrer Rückkehr in die Schweiz erfuhren. Anderseits eruierte der Bericht die Quellenlage und das Potenzial für weiterführende Studien», heisst es dazu in der Vorlage.

Sophie Blaser erklärte, dass «dort, wo Akten vorhanden sind, klar hervorgeht, dass die Kämpfer:innen überwacht wurden». Ob es ein Berufsverbot für Spanienfreiwillige in Form einer Schwarzen Liste gab, lasse sich hingegen nicht abschliessend beantworten: «Die Quellenlage lässt weder eine Be- noch Widerlegung zu», heisst es dazu in der Vorlage, und weiter: «Gemäss dem Autor dürften sich die Folgen für die Betroffenen subjektiv allerdings so oder so kaum von einer systematischen Sperre unterschieden haben.» Sophie Blaser wies auch noch darauf hin, dass der behördliche Tonfall zwar «eine feindselige und diskreditierende Einstellung gegenüber den Spanienfreiwilligen» durchblicken lässt. Die städtischen Institutionen der sozialen Wohlfahrt hätten sich aber den zurückgekehrten Spanienfreiwilligen und ihrer zurückgelassenen Familien angenommen und sie bei Bedarf auch über längere Zeit unterstützt. Die Mehrheit werde den Bericht zur Kenntnis nehmen und das Postulat abschreiben, schloss sie.

Für die Minderheit sagte Stefan Urech (SVP), die Spanienkämpfer würden «als Gutmenschen verklärt». Aber es werde nicht erwähnt, dass auch viele «Fans von Stalin» gewesen seien, «die andere, die nicht links genug waren, verpfiffen und in den Tod geschickt» hätten. Maya Kägi Götz (SP) hingegen gab die Zustimmung ihrer Fraktion bekannt und betonte, man habe es hier mit einem «Forschungsdesiderat zu tun, das auf weitere Forschungsarbeit wartet». Ann-Catherine Nabholz (GLP) fügte an, eine vertiefte Erforschung dürfte sich nicht auf die städtischen Grenzen beschränken, das brächte «nicht den grossen Erkenntnisgewinn». Das sei aber auch nicht erstaunlich, zeige der Bericht doch vor allem auf, wo es Potenzial für weitere Recherchen gäbe. David Garcia Nuñez bemerkte, die «ominöse Schwarze Liste» sei zwar nicht gefunden worden, doch das sei auch nicht Gegenstand des Postulats gewesen – derartige Diskriminierungen liefen sowieso «subtiler» ab. Jean-Marc Jung (SVP) hingegen fügte an, dass von «Freiheitskämpfern» die Rede sei, sei «linke Schönfärberei». Mit 95 gegen 13 Stimmen (der SVP) nahm der Rat den Bericht zur Kenntnis, und mit 108 gegen eine Stimme wurde das Postulat abgeschrieben.

Ja zum Standortmarketing

In den gewohnten Bahnen verlief sodann die Debatte zum Standortmarketing: Der Stadtrat beantragte, der Stiftung Greater Zurich Area Standortmarketing für die Jahre 2024-2027 250 000 Franken pro Jahr zu bewilligen. Sabine Koch (FDP) führte aus, die Region Zürich sei eine der innovativsten Regionen Europas, und davon profitiere auch die Stadt. Das Standortmarketing setze unter anderem auf «hoch spezialisierte und innovative Nischen» und habe «einen Mehrwert für Zürich». Bei Urs Riklin (Grüne) kam das schlecht an: Das Standortmarketing müsste eher eingeschränkt werden, «damit Zürich nicht Zug wird», denn es treibe eben auch die Mieten nach oben. Nach angeregter Debatte stimmte der Rat dem Beitrag mit 80 gegen 24 Stimmen (von Grünen und AL) zu. Ein Begleitpostulat von Maya Kägi Götz und Florian Utz (beide SP), mit dem sie das Standortmarketing stärker zur Nachhaltigkeit verpflichten wollten, wurde gegen die Stimmen der SP als erledigt abgeschrieben.