Vertrag Ja, «Stromfresser» Nein
Der Zürcher Gemeinderat hat den neuen Subventionsvertrag zwischen Stadt und Zürcher Kunstgesellschaft gutgeheissen und ein Postulat überwiesen, das verlangt, Leuchtdrehsäulen und digitale Werbeflächen abzuschalten.
Dass das abrupte Ende der Crédit Suisse an der Sitzung des Zürcher Gemeinderats vom Mittwochabend ein Thema war, versteht sich von selbst (siehe dazu auch Seiten 6, 9, 11 und 24). Monika Bätschmann (Grüne) startete die Erklärung ihrer Fraktion mit den Worten, «Gewinne privat, Verluste dem Staat!». Es sei «bemerkenswert», wie rasch Bund und Nationalbank den Deal mit der UBS «mit Milliarden-Zusagen gestützt» hätten, wenn man vergleiche, wie «untätig Bund, die meisten Kantone und auch ein Teil der Regierung bei anderen Krisen sind: bei der Klimakrise, der Biodiversitätskrise oder bei der Energiemangellage (…)».
Für die GLP sprach Florine Angele von einer «historischen Blamage für den Finanzplatz Schweiz und insbesondere für den Finanzplatz Zürich». Die Fraktionserklärung der FDP verlas Përparim Avdili, und er betonte, «weder der Markt noch der Staat sind gescheitert, sondern die jetzigen Managergenerationen einer einstmals sehr erfolgreichen Bank» (…). Bernhard im Oberdorf (SVP) hingegen sagte in einer persönlichen Erklärung, der Fehler sei anderswo zu suchen: «Das Management, das total versagt hat, kam grösstenteils aus dem Ausland. (…) Würde man wieder mehr Schweizer Banker anstellen, würde das nicht passieren.»
Neuer Subventionsvertrag
Maya Kägi Götz (SP) stellte die Vorlage des Stadtrats für eine Totalrevision des Subventionsvertrags zwischen der Stadt Zürich und der Zürcher Kunstgesellschaft (ZKG) vor: Der bisherige Vertrag aus dem Jahr 1988 sei von der Struktur und der Systematik her «nicht mehr zeitgemäss». Auslöser der Totalrevision sei die Erhöhung der Subvention um 4,5 Millionen Franken auf heute 12,87 Millionen Franken für den erweiterten Betrieb des Zürcher Kunsthauses durch den Chipperfield-Bau, der im April 2021 eröffnet wurde. Der neue Vertrag habe einen sehr hohen Detaillierungsgrad, inklusive Standards zu Ethik, Anforderungen der Provenienzforschung und Umgang mit der Sammlung Bührle.
Die Grünen hatten den Antrag gestellt, die Behandlung der Vorlage zu sistieren, zogen diesen nun aber zurück. Urs Riklin führte dazu aus, dass in jüngster Zeit Fortschritte gemacht wurden, unter anderem, indem nun der Historiker Raphael Gross die Sammlung Bührle unter die Lupe nehmen soll (siehe P.S. vom 3. März). Dennoch hätten die Grünen noch einige Fragen, zum Beispiel: «Warum erst jetzt?»
Moritz Bögli (AL) erklärte, der neue Vertrag sei «schon besser», aber solange die Bührle-Stiftung involviert sei, bleibe es «schwierig»: Die Stadt sollte die Stiftung dazu bringen, ihr die Sammlung zu überlassen. Zudem enthalte der Vertrag nichts zur Gleichstellung, non-binäre Personen würden kaum und Frauen viel zu wenig berücksichtigt.
Stefan Urech (SVP) stellte fest, «das Kunsthaus wird woke». Dass non-binäre Personen ausstellen könnten, sei offenbar wichtiger als die Kunst. Yasmine Bourgeois (FDP) fand zwar, die linke Ratsseite führe ein «moralinsaures Theater» auf, gab aber trotzdem bekannt, ihre Fraktion heisse die Vorlage gut. Mit 79 gegen 21 Stimmen (von SVP und AL) bei 17 Enthaltungen (der Grünen) kam der Vertrag durch.
Gegen Lichtverschmutzung
Viel zu reden gab sodann ein Postulat der SP-, Grüne- und AL-Fraktion, das die «Abschaltung und Weitergabe oder Entsorgung der Leuchtdrehsäulen und digitalen Werbeflächen» verlangte. Dominik Waser (Grüne) sprach von «sinnloser Energieverschwendung» und «Lichtverschmutzung». Von den rund 2000 Werbeflächen auf öffentlichem Grund seien 360 elektrifiziert. Während für ein gedrucktes Plakat nur 139 Kilowattstunden (kWh) Strom verbraucht würden, seien es bei einem 75-Zoll-Werbescreen bereits 3300 kWh, also ungefähr das 23-fache. Total gehe für elektrifizierte Werbung rund ein Drittel des in Zürich solar produzierten Stroms drauf.
Stadtrat André Odermatt gab hingegen zu bedenken, dass die Stadt mit dieser Art Werbung rund 25 Millionen Franken pro Jahr einnehme, gut die Hälfte davon an VBZ-Haltestellen. Bei einem Verbot müssten somit mehr Steuermittel für den öV eingesetzt werden, oder die VBZ müssten sparen. Für die SVP befand Jean-Marc Jung, die linke Ratsseite sei «werbefeindlich» und fügte an, in der DDR sei Werbung auch verboten gewesen… Karin Weyermann (Mitte) gab zu bedenken, dass man Werbung nur auf öffentlichem Grund verbieten könne. Auf der anderen Seite könne deren Einfluss auf Kinder problematisch sein. Die Mitte-/EVP-Fraktion lehne das Postulat mehrheitlich ab. Anna Graff (SP) betonte, man fordere keineswegs ein Werbeverbot, es gehe ja nur um Screens und Säulen auf öffentlichem Grund. Nach ausgedehnter Debatte überwies der Rat das Postulat schliesslich mit 61:55 Stimmen.