VCS und Verwaltungsgericht zwingen Stadt Zürich zur Veloförderung

Warum es mit der Veloförderung oder auch dem Lärmschutz in der Stadt Zürich nicht vorangeht, zeigt exemplarisch ein aktueller Fall an der Badenerstrasse.

 

Markus Knauss

 

Seit 2019 versucht der VCS, die Stadt Zürich bei einem Strassenprojekt an der Badenerstrasse zwischen dem Lochergut und dem Albisriederplatz von einer besseren und rechtskonformen Lösung zu überzeugen. Auf diesem Strassenstück sieht der regionale Verkehrsrichtplan vor, dass kurzfristig durchgehende Velostreifen zu realisieren sind. Auch wohnen knapp 1000 Personen in Liegenschaften, wo der Strassenverkehrslärm sogar die Alarmgrenzwerte übersteigt. Das Bundesrecht verpflichtet seit über 35 Jahren dazu, die Lärmgrenzwerte einzuhalten, der kommunale Richtplan sieht ein Quartierzentrum mit Tempo 30 vor, der Stadtrat will das allerdings nicht realisieren.

 

«Rechtsverletzend»

Richtpläne oder gesetzliche Vorgaben verpflichten die Behörden spätestens dann tätig zu werden, wenn sie konkret eine Strasse umbauen. Zum Beispiel bei der Veloförderung. Wenn also die Badenerstrasse zwischen Albisriederplatz und Lochergut neu gebaut wird, dann muss dort eben auch die im Richtplan festgeschriebene Veloförderung mit Velostreifen realisiert werden. Das Tiefbauamt, ebenso wie der Stadtrat von Zürich, war aber der Meinung, dass Velostreifen nicht unbedingt in jedem Fall, vor allem aber nicht auf der ganzen Länge realisiert werden müssten. Weil man es schon bei der Umgestaltung des Albisriederplatzes verpasst hatte, Massnahmen für’s Velo vorzusehen, war die Stadt Zürich der Meinung, dass der anschliessende Velostreifen auch noch weitere 30 Jahre warten könne. Genau diese Art des Vorgehens hat dazu geführt, dass die Stadt Zürich in den letzten Jahren keine Velostadt geworden ist. Ein Pflästerli hier, eine Pflästerli da, dann wieder einmal gar nichts und fertig ist der Flickenteppich –Veloförderung sieht anders aus.

 

Nun schaut der VCS bei der Realisierung von Projekten darauf, ob alle rechtlichen und planerischen Vorgaben eingehalten werden. Ganz offensichtlich waren sie das bei diesem Projekt nicht. Das Zürcher Verwaltungsgericht hielt fest, dass der regionale Richtplan Verkehr kurzfristig eine «zusammenhängende und durchgängig eigentrassierte Veloroute» verlangt. Eine Verschiebung ist deshalb nicht zulässig. «Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als sich der Radstreifen problemlos im Zuge des vorliegenden Projekts verwirklichen liesse, wie die ursprüngliche Planauflage denn auch zeigte. Der Verzicht auf einen Radstreifen (…) erweist sich als rechtsverletzend.» Die Stadt Zürich ist nun angewiesen worden, auf der ganzen Länge der Badenerstrasse einen durchgehenden Velostreifen zu realisieren.

 

Veloquerung Bertastrasse und Lärmsanierung

Ende gut, alles gut also? Leider nein. Der VCS hatte an dem Strassenprojekt noch zwei weitere Punkte bemängelt. Seit vielen Jahren ist im regionalen Richtplan auch eine Veloquerung über die Badenerstrasse auf der Höhe der Bertastrasse – als Teil einer Velotangente westlich der Innenstadt von der Gutstrasse bis zum oberen Letten – verankert. Auch wenn mittlerweile die ganze Badenerstrasse umgebaut wird, fällt genau diese Querung zwischen Stuhl und Bank, respektive genau in den Grenzbereich zwischen zwei Sanierungsabschnitten. Weil die Stadt Zürich in der Zwischenzeit selber gemerkt hat, dass diese Querung wichtig ist, kommt ein weiteres Projekt, irgendwann dann, in einigen Jahren, vielleicht. 

 

Ungelöst bleibt auch die Frage der Lärmsanierung. An der Badenerstrasse zwischen dem Lochergut und dem Albisriederplatz leben knapp 1000 Personen, die mit Lärm über den Alarmgrenzwerten konfrontiert sind. Das Verwaltungsgericht hat aus formellen Gründen darauf verzichtet, auf diese Frage näher einzugehen. In allen Verlautbarungen der Stadt Zürich wird gesagt, dass man dem Schutz der Bevölkerung vor Strassenlärm grösste Bedeutung beimesse. Dass bei einem Strassenprojekt bei so vielen Betroffenen und derart massiven Lärmgrenzwertüberschreitungen der Lärmschutz nicht endlich umgesetzt wird, bleibt stossend und nicht nachvollziehbar. Ja noch schlimmer: Der rotgrüne Stadtrat wehrt sich vor Gericht gegen den VCS, gegen Veloförderung und gegen mehr Lärmschutz – echt jetzt!?

 

* Markus Knauss ist Geschäftsführer des VCS Zürich und Gemeinderat der Grünen

 

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