Ungleichheit? – Frauenstreik!

Der Frauenstreik steht vor der Tür: Noch eine Woche und es ist so weit. Für alle die sich fragen, warum der Streik im Jahre 2019 immer noch notwendig ist und für diejenigen, die wissen wollen, welche Aktionen am 14. Juni geplant sind, sei dieser Text empfohlen.

 

Milad Al-Rafu

 

Ganze 28 Jahre sind seit dem ersten nationalen Frauenstreik vergangen. Dank der tatkräftigen Arbeit von unzähligen Streikkollektiven in der ganzen Schweiz konnten am 14. Juni 1991 mehrere Hunderttausend Frauen mobilisiert werden: An diesem Tag legten Frauen in grosser Zahl die Arbeit nieder und verweigerten für einmal auch die Betreuungs- und Hausarbeit. Doch auch kollektive Aktionen prägten das Bild dieses Streiks.. So wurden etwa Frühstückstische auf der Strasse aufgestellt, und Demonstrationen organisiert. Die Forderung: Gleichstellung von Frauen und Männern in beruflichen und sozialen Belangen.

 

Ungleicheit und Gewalt
Die in der Zwischenzeit erzielten Fortschritte kann man nicht leugnen: Die Mutterschaftsversicherung wurde eingeführt, häusliche Gewalt gilt nun als Offizialdelikt und der Gleichstellungsartikel wurde im Gesetz verankert. Doch genug? Nein. Vielen Frauen reichen diese Fortschritte bei weitem noch nicht. Deshalb kommt es am 14. Juni zum zweiten Frauenstreik: Zahlreiche Streikkollektive in der ganzen Schweiz bereiten hierbei seit Monaten diesen denkwürdigen Tag vor. Warum es auch im Jahre 2019 eine gesamtschweizerische Mobilisierung braucht, um auf die Diskriminierung von Frauen aufmerksam zu machen, illustrieren die folgenden drei Punkte.

 

1. Lohnungleichheit/Betreuungsarbeit: Gemäss der feministischen Ökonomin Mascha Madörin verdienen Frauen in der Schweiz jährlich 100 Milliarden Franken weniger als die Männer. Wie sie in einem Interview mit der WOZ erklärt, geht ein Viertel dieser Summe auf die eigentliche Lohnlücke, also den Gender Pay Gap zurück. Der Rest geht ergibt sich aus der unbezahlten Betreuungsarbeit, die immer noch mehrheitlich von Frauen verrichtet wird. Hierbei handelt es sich um eine Milliarde Stunden unbezahlter Arbeit, die Frauen in der Schweiz pro Jahr leisten.

 

2. Sexuelle Übergriffe: Gemäss einer Studie, die Amnesty International in Auftrag gegeben hat, erlebte bereits jede fünfte Frau in der Schweiz ungewollte sexuelle Handlungen. Ganze zwölf Prozent wurden ausserdem zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Betrachtet man Belästigungen in Form von unerwünschten Berührungen, Umarmungen oder Küssen, waren mehr als die Hälfte der Frauen, nämlich knapp 60 Prozent, betroffen.

 

3. Häusliche Gewalt: Im Kanton Zürich rückte die Polizei letztes Jahr durchschnittlich dreizehn Mal pro Tag wegen häuslicher Gewalt aus. Rund 1000 Rayon- und Kontaktverbote wurden dabei ausgesprochen. Mehr als 10 000 Personen, wovon die überwiegende Mehrheit Frauen sind, haben letztes Jahr im Kanton Zürich eine Beratung wegen häuslicher Gewalt in Anspruch genommen. Dass die acht Beratungsstellen für häusliche Gewalt im Kanton Zürich stark überlastet sind, mag deshalb nicht zu verwundern.

 

Programm 14. Juni 2019
Für alle Frauen, die nicht nur ihre Arbeit niederlegen wollen, sondern im Kollektiv den Frauenstreik begehen wollen, besteht ein breites Angebot: Der VPOD, die Gewerkschaft für die Angestellten des öffentlichen Sektors, organisiert ab 11 Uhr einen Streik-Zmittag für alle Interessierten auf der Bäckeranlage.

 

Das Frauen*streik Kollektiv Zürich führt eine Vielzahl von verschiedenen Aktionen auf – unter anderem ein Streikbrunch auf dem Anna-Klawa-Platz, ein Streik-Talk an der Pädagogischen Hochschule Zürich oder einen Frauen-Jam auf dem Kanzleiareal ab 12 Uhr. Es lohnt sich, die Homepage des Frauen*streik Kollektiv Zürich zu konsultieren, um einen Überblick über die Aktionen zu erhalten: frauenstreikzuerich.ch/14-juni/eure-aktionen/

 

Die «trΩtzphase», ein Zusammenschluss von Fachpersonen aus der familienergänzenden Kinderbetreuung, ruft zur ganztägigen Schliessung der Kitas auf. Sollte dies für gewisse Kitas nicht möglich sein, werden die Kitas je nach Umständen ab 14 Uhr geschlossen, wobei ab 14.30 Uhr verschiedene Aktionen auf der Bäckeranlage geplant sind. Um 15.24 Uhr findet zudem ein gemeinsames Zvieri statt. Diese Uhrzeit spielt am 14. Juni generell eine wichtige Rolle, da es sich um den offizielle nationale Arbeitsniederlegungszeitpunkt der Frauen handelt – symbolisch für die rund 20 Prozent Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern. Um 17 Uhr findet dann die offizielle Demonstation ab Zürich HB/Limmatquai statt.

 

Die Männer sind an diesem Tag dazu angehalten, die Betreuungs- und Hausarbeit gänzlich zu übernehmen. Auch Unterstützung im Hintergrund können sie leisten. An der offiziellen Demo ist eine Teilnahme zwar möglich, Männer sollten jedoch nicht vorne mitlaufen. Hinsichtlich der einzelnen Aktionen variiert es: Gewisse Aktionen sind nur für Frauen* gedacht, andere erlauben auch Männer. So lädt etwa die «trΩtzphase» Eltern ein. Eine Abklärung im Vorfeld ist jedoch empfohlen.

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