Übers-Eck-Kreislauf

Für die Sehnsucht nach Sorglosigkeit existiert bestimmt ein Begriff, aber die Spurensuche über die Herstellerbarkeit für deren Verwirklichung durch Bruecker, Meister, Trauffer ist noch tausendmal schöner.

 

Wenn folgerichtig und konsequent dasselbe sind, weshalb beschäftigt sich die Anatomie laufmeterweise mit der Verdauung, erwähnt aber das aktuell reihum hauptsächlich interessierende Essen mit keiner Silbe? «Im Reinen» von Franziska Bruecker, Gerhard Meister und Anna Trauffer stützt sich – wie jede Verschwörungstheorie – auf Fakten, die sie freihändig durch die Mangel drehen, bis die hinterher logisch erscheinende (nächste) Frage beim ersten Mal höchst amüsant wirkt, beim zweiten Mal bereits den Intellekt auf seinen Zack hin prüft und in Serie dann, einen regelrecht nach einem Rettungsanker gieren lässt. Sokrates! Uff, Glück gehabt. Wenn der schon wusste, dass er nichts weiss, befreit das einen als direkt vor einem Schuldbewusstsein des Nichtgenügens. Und das Stück hat im Handumdrehen erreicht, was es beweisen wollte. Anhand des Verdauungsvorganges, der über die Kläranlage und die Verdunstung eventuell wieder im Menschenmund landet, erklärt «Im Reinen» nichts Geringeres als was die Welt im Innersten zusammenhält. Also sollte. Oder könnte. Respektive wie raffiniert die humaneigenen Reflexe funktionieren, auf dass deren Trägermasse sich überzeugend selbstgenügsam sicher sein kann, bei all dem sowieso nicht mitgemeint zu sein. Für den Fall, dass noch Zweifel bestünden, entwickeln die drei einen medizinischen Trick, auf den bislang weder Religionen in ihrer Befreiungslehre noch die nerdigst technophile Intelligenz je von alleine gekommen wären: Schnipp, schnapp, und weg ist das Gewissen. Was wie die Erfüllung der Ursprungssehnsucht wirkt, hat bei Licht betrachtet den klitzekleinen Haken, dass selbst das drögste Wissen über Vorgänge etwa von der hehren Rettung einer Petflasche voll berggefiltertem Wasser davor, eine weltweite Wanderschaft auf sich nehmen zu müssen, als ein reichlich schiefes Bild erkennbar wird und einen dann doch wieder beunruhigt, weil das Bewusstsein ja trotz dem Wegschnippeln des Gewissens halt immer noch da ist. Es fallen keine Schuppen von den Augen, es ist noch schlimmer, denn es schwant einem, hier einer Gruppe hinterlistiger DenkmagierInnen auf den Leim gegangen zu sein, die dann nebst Unterhaltung auch noch Haltung an den Tag legt. Nicht aufdringlich, aber voraussichtlich so nachhaltig, dass sich ihre Zusammenhänge unangekündigt immer wieder in Erinnerung rufen. Und dann lacht der Laie scheinbar grundlos. Und das kann ja niemand ernsthaft wollen…

 

«Im Reinen», 30.1., Sogar Theater, Zürich.

 

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