Stadtratsersatzwahlen – Eine erste Etappe ist geschafft

Eins zu drei. Wieder einmal: ein ungerechter Penaltypfiff, der die Niederlage einleitete. Vermutlich hat der Cuphalbfinal des FC Winterthur gegen den FC Basel am Mittwoch viele Rot-Grün-Wählende ähnlich stark bewegt wie das Resultat der Stadtratsersatzwahlen am letzten Sonntag. Zuerst der deutliche Sieg, am Mittwoch die «unverdiente» Niederlage. Fussball und Politik haben viel gemeinsam.

 

 

Von Matthias Erzinger

 

 

Bei der Stadtratsersatzwahl ist es der Mitte-Links-Koalition aus EVP, Grünen, SP und AL gelungen, den Angriff der SVP und der ‹Sparallianz› abzuwehren. Der Grüne Jürg Altwegg wurde mit rund 60 Prozent der abgegebenen Stimmen in den Stadtrat gewählt. Der Gegenkandidat erhielt 36 Prozent. Schaut man etwas zurück, so hat Altwegg mit rund 14000 Stimmen ein Resultat erzielt, das ungefähr im Bereich der jeweils aus dem Links-Grünen Lager gewählten Stadtratsmitglieder liegt. Das entspricht dem Potenzial dieses Lagers – wenn wie diesmal gut gearbeitet wird.

 

 

Natürlich spielten andere Effekte mit. Die dominierende Sparallianz versucht noch immer, den schon länger zurückgetretenen Ernst Wohlwend für alles und jedes verantwortlich zu machen. Dies wirkt und ist nicht glaubwürdig. Schuldige in der Vergangenheit zu suchen ist keine Politik für die Zukunft. Wie im Fussball: Der FCW selbst hatte es verpasst, in der ersten Halbzeit seine Chancen zu nutzen – die Schuld an der Niederlage dem Schiedsrichter zuzuschieben ist zwar verständlich, hilft aber nicht weiter…

 

 

Die Bedeutung dieser Ersatzwahl ist grösser, als es die Verteidigung eines Sitzes erscheinen lässt. Wäre nach dem Verlust der Mehrheit im Stadtrat vor drei Jahren von Rot-Grün nun ein weiterer Sitz weggefallen, wäre eine Rückeroberung der Mehrheit für acht bis zwölf Jahre kaum zu erreichen gewesen.

 

 

Darum ist es wichtig, dass Mitte-Links in Winterthur bescheiden bleibt und mit demselben Elan weiterarbeitet. Zuerst im Mai die Privatisierung des Kantonsspitals verhindern und zu einem Ja bei der Energiestrategie beitragen. Im herbst die AHV-Reform sichern. Und dann stehen im Frühjahr die Gesamterneuerungswahlen an. Das heisst: ein Jahr mehr als Vollgas geben. Ein Jahr lang, Schritt um Schritt, dafür arbeiten, dass die Winterthurer Bevölkerung klare Mitte-Links-Projekte erkennt und würdigt. Den Ball flach halten, kämpfen, arbeiten, wie es in den Fussballinterviews jeweils heisst.

 

 

Das positive Erlebnis am letzten Sonntag zeigt das Potenzial auf, das Mitte-Links gemeinsam hat. Hätte diese Zusammenarbeit vor drei Jahren besser gespielt, wäre die Mehrheit im Stadtrat möglicherweise nach wie vor bei Rot-Grün. Damals war die gegenseitige Unterstützung mehr lau als warm. Nun wird es im Stadtrat in einem Jahr sehr schwierig, diese Mehrheit anzugreifen. Das kann nur mit einer zusätzlichen Kandidatur gelingen, die wirklich breit abgestützt ist. Diese kann, muss aber nicht zwingend aus der SP sein. Vielleicht für Parteimitglieder nicht einfach, und trotzdem eventuell erfolgsversprechender. Personen, die für Winterthur stehen, sei dies aus der Wirtschaft, aus einem kulturellen Umfeld oder warum nicht aus dem Sport, sind vorhanden.

 

 

Wie auch immer – Voraussetzung für einen Angriff auf die Mehrheit im Stadtrat ist ein Mitte-Links-Ticket aus den Bisherigen zusammen mit einer neuen Person, das sich nicht auseinanderdividieren lässt und ein perfektes Teamplay aufzieht… ebenso wichtig wie ein Angriff auf die Stadtratsmehrheit ist eine Stärkung von SP und Grünen im Parlament. Das Parlament ist in Winterthur etwas zu einem eigenen Kosmos geworden. Da ist ein verstärkter Einsatz für mehr Präsenz in der Öffentlichkeit unabdingbar. Das Ziel muss sein, auch im Gemeindeparlament wieder ein klareres Mehrheitspotenzial für Mitte-Links aufzubauen. Die erste Etappe auf diesem Weg ist geschafft.

 

 

 

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