SP räumt weiter ab

Das Verdikt der Stadtzürcher Wahlberechtigten vom 4. März, das damals unter anderem mit dem «No-Billag-Effekt» erklärt wurde, macht Schule: Am Wochenende legten SP und Grüne in mehreren Gemeinden zu, während die SVP etliche Sitze abgeben musste.

 

Den Wermutstropfen vorab: In Winterthur hat es SP-Stadträtin Yvonne Beutler im 2. Wahlgang nicht geschafft, den Sitz des amtierenden Stadtpräsidenten Michael Künzle (CVP) zu erobern. Nachdem sie im ersten Wahlgang das mit Abstand beste Resultat aller StadträtInnen erzielt hatte, konnte sie beim zweiten Mal nicht nachdoppeln. Offenbar vermochte Künzle besser zu mobilisieren, und zudem ist es grundsätzlich schwieriger, einen Bisherigen zu schlagen, als einen frei werdenden Sitz zu erobern. Einen weiteren möglichen Grund für ihre Niederlage fasste Yvonne Beutler im Inverview in der NZZ vom Montag treffend zusammen: «Einige haben mich gewählt, weil ich einen soliden Ausweis als Finanzvorsteherin habe. Andere haben mich nicht gewählt, weil sie wollen, dass ich Finanzvorsteherin bleibe.»

 

Erfolg in Uster

Eine neue SP-Stadtpräsidentin gibt es dennoch zu feiern, und zwar in Uster, wo Barbara Thalmann reüssierte. Nachdem der Sozialdemokrat Martin Bornhauser während acht Jahren das Präsidium innegehabt hat, folgte vor vier Jahren Werner Egli von der SVP. Er schlug damals Barbara Thalmann im zweiten Wahlgang, dafür wurde mit Patrizia Bernet eine SP-Frau Schulpräsidentin. Die NZZ titelte entsprechend, «1:1 von SP und SVP in Uster». Davon kann dieses Mal keine Rede sein: Nachdem Egli nicht wieder fürs Präsidium antrat, sollte Kantonsrätin Anita Borer immerhin den SVP-Sitz im Stadtrat verteidigen, was ihr jedoch misslang. Ebenfalls kein Glück hatte Finanzvorstand Cla Famos von der FDP, der sich ums Stadtpräsidium beworben hatte. Barbara Thalmann hängte ihn deutlich ab; sie machte 4342 Stimmen, er brachte es auf rund 700 Stimmen weniger, nämlich deren 3646.

 

Die SP verteidigte aber auch den Stadtratssitz von Gesundheitsvorsteherin Esther Rickenbacher, die nicht mehr antrat. Den holte sich der Kantonsrat und frühere Kantonalparteipräsident Stefan Feldmann. Ohne GegenkandidatIn war SP-Schulpräsidentin Patrizia Bernet, die ihren Sitz problemlos verteidigte – und dies, obwohl erst vor kurzem bekannt geworden war, dass der Stadtrat als Gremium gegen sie Strafanzeige wegen einer angeblichen Amtsgeheimnisverletzung eingereicht hatte. Richtig erfolgreich waren in Uster auch die Grünen unterwegs. Ihre Kandidatin Karin Fehr Thoma schaffte es ebenfalls in den Stadtrat. Damit stellen die Roten und die Grünen im Ustermer Stadtrat erstmals überhaupt die Mehrheit. Im Gemeinderat holten SP und Grüne je einen Sitz mehr, während die SVP deren zwei verlor.

 

SVP fliegt aus dem Stadtrat

Speziell war die Ausgangslage in Illnau-Effretikon: Dort hatten die WählerInnen erstmals nur sieben statt wie bisher neun StadträtInnen zu küren (vgl. das Interview mit Stadtpräsident Ueli Müller im P.S. vom 6. April). Zuvor war die Sitzverteilung eine klare Sache: Je drei SP-, FDP- und SVP-Mitglieder sassen im Stadtrat. Reinhard Fürst (SVP) trat nun nicht mehr an, doch mit acht Bisherigen und drei Neuen war die Auswahl noch mehr als gewährleistet. Der SVP brachte das kein Glück: Ihr Gesundheitsvorstand Mathias Ottiger verpasste das absolute Mehr, Tiefbauvorstand Urs Weiss schied als überzählig aus, und der Neue Thomas Schumacher, der den Sitz von Fürst hätte verteidigen sollen, wurde nicht gewählt. Dafür zog mit Erik Schmausser erstmals ein Grünliberaler in den Stadtrat von Illnau-Effretikon ein.

 

Die SP verteidigte mit Salome Wyss und Samuel Wüst ihre zwei Sitze, und Stadtpräsident Ueli Müller, dessen Amt niemand angegriffen hatte, wurde als Präsident sehr gut bestätigt und machte bei den Stadtratswahlen das beste Resultat. Damit lautet die Zusammensetzung des Stadtrats nun: drei SP, drei FDP und ein Grünliberaler. Auch im Parlament legte Mitte-Links zu: Je einen zusätzlichen Sitz holten SP (neu: 8), Grüne (3), Grünliberale (3) und FDP (6). Die SVP und die BDP verloren je einen Sitz.

 

Mehr Linke in Kloten

In Kloten blieb im Stadtrat zwar alles beim Alten; nebst zwei SVP-lern, einem EVP-ler, einer CVP-lerin und einem FDP-ler wurden auch Regula Kaeser-Stöckli (Grüne) und Priska Seiler Graf (SP) wiedergewählt. Im 32-köpfigen Parlament jedoch verlor die SVP gleich drei Sitze, während SP, Grüne, GLP, EVP und FDP je einen Sitz dazu gewannen. Die CVP verlor einen Sitz, die EDU gar ihren einzigen; sie flog somit aus dem Rat. Damit ist die rot-grüne Ratsseite zwar vom absoluten Mehr nach wie vor ein gutes Stück entfernt – hat aber trotzdem Grund zum Feiern: Die bisherige absolute Mehrheit von SVP, FDP und EDU ist weg.

 

In Bülach konnten SVP und FDP die Sitze ihrer beiden zurücktretenden Mitglieder verteidigen. Der Bisherige Rudolf Menzi, der nicht mehr für die SVP, sondern als Parteiloser antrat, wurde mit dem zweitbesten Resultat wiedergewählt. Hanspeter Lienhart (SP) ist nach wie vor der einzige Linke im Stadtrat. Im Parlament jedoch gewann die SP einen Sitz dazu, ebenso die FDP. Je einen Sitz abgeben mussten die Grünliberalen und die EVP. Stadtpräsident bleibt Mark Eberli (EVP).

 

Die Stadt Dübendorf scheint nach wie vor ein hartes Pflaster für Links-Grün zu sein: SP und Grüne konnten im Parlament zwar je einen Sitz dazugewinnen, BDP und CVP verloren je einen Sitz. Doch in den Stadtrat kommt die SP, die dort vor 20 Jahren ausgeschieden ist, anscheinend einfach nicht mehr rein: Theo Zobrist schied als überzählig aus und unterlag in der Stadtpräsidiumswahl nicht nur André Ingold (SVP), sondern schaffte dort auch das absolute Mehr nicht. Damit ist das Stadtpräsidium neu in SVP-Hand: Der noch amtierende Stadtpräsident Lothar Ziörjen (BDP) war nach je zwölf Jahren als Stadtrat und Stadtpräsident nicht mehr angetreten. Ingold ist seit zwölf Jahren Sicherheitsvorstand und hatte von Anfang an die besten Chancen, Ziörjens Nachfolger zu werden.

 

Keine Chance hatte die Opfiker Stadträtin Beatrix Jud, die als Bezügerin einer IV-Rente Schlagzeilen gemacht hatte. Ansonsten kommt es in Opfikon zu einem zweiten Wahlgang ums Stadtpräsidium, denn sowohl Paul Remund (FDP, bisher) wie auch Bruno Mauser (SVP, neu) verpassten das absolute Mehr von 772 Stimmen. Remund kam ihm allerdings mit 740 Stimmen viel näher als sein Widersacher mit 365. Auch hier gilt offensichtlich wieder dieselbe Erkenntnis wie in Winterthur: Einen Bisherigen zu stürzen ist kein Kinderspiel.

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