(Bild: Niklaus Spoerri)

Sensationell

Das «Inkubator»-Stück von Susanne Abelein weist enormes Hitpotenzial auf.

Menopause, kännsch? Ich nicht, ist aber vollkommen unerheblich. Neben vier Walarten ist auch die Hälfte der menschlichen Spezies damit konfrontiert, nur darüber reden will niemand. «Wind of Change» von Susanne Abelein und Sabrina Zwach ist der «Inkubator»-Vorgabe gemäss derzeit erst zwölf Minuten lang, aber formal wie inhaltlich so ungeheuer bestechend, dass eine mögliche Weiterentwicklung zu einem abendfüllenden Stück ein voraussichtlich enormes Hitpotenzial aufweist. Hierzulande vergleichbar mit dem Publikumsmagnet Mike Müller, darüber hinaus aber aus reinen Sprachgründen, lanciert etwa in der «Ladies Night» im Kölner Gloria via den WDR in die ARD und damit im gesamten deutschen Sprachraum, wo kluger Witz und hintersinniger Charme Hallen wie den Cirkus Krone in München mit dreitausend Sitzplätzen füllt. Also ganz nebenher auch die Rentenlücke der beiden Künstlerinnen auffüllen helfen könnte. In einem Exhibitionist:innenmantel kämpft sich Susanne Abelein erst mit einer neckisch trockenen Endlosaufzählung fieser Sachen alias Symptomen durch den «brain fog»: Zahnfleischprobleme, Haarausfall, Schweissausbrüche … Worauf sie nach der Erfragung eines Publikumsalters mit «sweet» reagiert und sich danach erkundigt, ob es allgemein in Ordnung wäre, wenn sie sich jetzt eines Kleidungsstücks entledigte. Fun Fact: Das Offensichtlichste behält sie sich als kokette Anspielung auf eine laszive Imagination vor. Während sie sich mit Pillen füttert, die Abfertigung der Gynäkologin illustriert und die, ähm, Vergesslichkeit mit zahllosen Fakten wie dem pharmakologischen Marktpotenzial kontert, changiert sie ihr Spiel genüsslich zwischen hektisch verpeilt, überfallartiger Weinerlichkeit, schroffem Gebell und demütig(end)em Bittgang, um dann gemäss langjähriger Konditioniertheit auch mal wieder zur Fassung zu gelangen. Klug, erhellend, witzig, politisch, notwendig und ebenso selbstbestimmt wie unterhaltsam. Ernsthaft.

«Wind of Change», 19.1., Fabriktheater, Zürich.